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Fleming, Paul: Teütsche Poemata. Lübeck, [1642].

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Poetischer Wälder


über seinen Traum.
JSts müglich/ daß sie mich auch kan im Schlafe
höhnen?
Wars noch nicht gnung/ daß ich mich wachend
nach ihr sehnen
und so bekümmern muß/ in fall sie nicht ist hier?
Doch/ Sie ist ausser Schuld. Du/ Morpheu/ mach-
test dir/
Aus mir ein leichtes Spiel. Der alte Schalck der lieffe/
Jn dem ich/ gleich wie sie/ frey aller Sorgen/ schlieffe.
Er drückt' ihr schönes Bild in einen Schatten ab.
Und bracht' es mir so vor. Die liebe Schönheit gab
der Scelen ihren Geist. Sie fingen sich zu lieben/
zu sehn/ zu küssen an. Die süßen Freunde trieben
Jhr schönes Tuhn mit sich/ so hertzlich und so viel/
biß daß/ in dem der Geist noch hat sein Liebes-spiel/
und in dem Schatten schertzt/ mein matter Leib erwachet.
Das Bild/ in dem er sich noch so ergetzlich machet.
fleugt gantz mit ihm darvon/ und kehrt an seinen Ort.
Was thu ich armer nun? die Seele die ist fort.
Mein Leib lebt auff den Schein. Wie wird mirs doch
noch gehen?
Sag' ichs ihr/ oder nicht? Sie wirds doch nicht gestehen.
Wer! O! wer wird mich denn entnehmen dieser Last?
Ach/ Schwester/ fühlst du nicht/ daß du zwo Seelen
hast?
Auf
Poetiſcher Waͤlder


uͤber ſeinen Traum.
JSts muͤglich/ daß ſie mich auch kan im Schlafe
hoͤhnen?
Wars noch nicht gnung/ daß ich mich wachend
nach ihr ſehnen
und ſo bekuͤmmern muß/ in fall ſie nicht iſt hier?
Doch/ Sie iſt auſſer Schuld. Du/ Morpheu/ mach-
teſt dir/
Aus mir ein leichtes Spiel. Der alte Schalck der lieffe/
Jn dem ich/ gleich wie ſie/ frey aller Sorgen/ ſchlieffe.
Er druͤckt’ ihr ſchoͤnes Bild in einen Schatten ab.
Und bracht’ es mir ſo vor. Die liebe Schoͤnheit gab
der Scelen ihren Geiſt. Sie fingen ſich zu lieben/
zu ſehn/ zu kuͤſſen an. Die ſuͤßen Freunde trieben
Jhr ſchoͤnes Tuhn mit ſich/ ſo hertzlich und ſo viel/
biß daß/ in dem der Geiſt noch hat ſein Liebes-ſpiel/
und in dem Schatten ſchertzt/ mein matter Leib erwachet.
Das Bild/ in dem er ſich noch ſo ergetzlich machet.
fleugt gantz mit ihm darvon/ und kehrt an ſeinen Ort.
Was thu ich armer nun? die Seele die iſt fort.
Mein Leib lebt auff den Schein. Wie wird mirs doch
noch gehen?
Sag’ ichs ihr/ oder nicht? Sie wirds doch nicht geſtehen.
Wer! O! wer wird mich denn entnehmen dieſer Laſt?
Ach/ Schweſter/ fuͤhlſt du nicht/ daß du zwo Seelen
haſt?
Auf
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[172/0192] Poetiſcher Waͤlder uͤber ſeinen Traum. JSts muͤglich/ daß ſie mich auch kan im Schlafe hoͤhnen? Wars noch nicht gnung/ daß ich mich wachend nach ihr ſehnen und ſo bekuͤmmern muß/ in fall ſie nicht iſt hier? Doch/ Sie iſt auſſer Schuld. Du/ Morpheu/ mach- teſt dir/ Aus mir ein leichtes Spiel. Der alte Schalck der lieffe/ Jn dem ich/ gleich wie ſie/ frey aller Sorgen/ ſchlieffe. Er druͤckt’ ihr ſchoͤnes Bild in einen Schatten ab. Und bracht’ es mir ſo vor. Die liebe Schoͤnheit gab der Scelen ihren Geiſt. Sie fingen ſich zu lieben/ zu ſehn/ zu kuͤſſen an. Die ſuͤßen Freunde trieben Jhr ſchoͤnes Tuhn mit ſich/ ſo hertzlich und ſo viel/ biß daß/ in dem der Geiſt noch hat ſein Liebes-ſpiel/ und in dem Schatten ſchertzt/ mein matter Leib erwachet. Das Bild/ in dem er ſich noch ſo ergetzlich machet. fleugt gantz mit ihm darvon/ und kehrt an ſeinen Ort. Was thu ich armer nun? die Seele die iſt fort. Mein Leib lebt auff den Schein. Wie wird mirs doch noch gehen? Sag’ ichs ihr/ oder nicht? Sie wirds doch nicht geſtehen. Wer! O! wer wird mich denn entnehmen dieſer Laſt? Ach/ Schweſter/ fuͤhlſt du nicht/ daß du zwo Seelen haſt? Auf

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Zitationshilfe: Fleming, Paul: Teütsche Poemata. Lübeck, [1642], S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_poemata_1642/192>, abgerufen am 28.03.2024.