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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest

So war die Unterhaltung gegangen, nachdem
man vorher von Wahl, Nobiling und Raps gesprochen
hatte, und nun saßen Innstetten und Effi wieder
daheim und plauderten noch eine halbe Stunde. Die
beiden Mädchen im Hause waren schon zu Bett,
denn es war nah' an Mitternacht.

Innstetten, in kurzem Hausrock und Saffian¬
schuhen, ging auf und ab; Effi war noch in ihrer
Gesellschaftstoilette; Fächer und Handschuhe lagen
neben ihr.

"Ja," sagte Innstetten, während er sein Auf-
und Abschreiten im Zimmer unterbrach, "diesen Tag
müßten wir nun wohl eigentlich feiern, und ich weiß
nur noch nicht womit. Soll ich Dir einen Sieges¬
marsch vorspielen oder den Haifisch draußen in Be¬
wegung setzen oder Dich im Triumph über den Flur
tragen? Etwas muß doch geschehen, denn Du mußt
wissen, das war nun heute die letzte Visite."

"Gott sei Dank, war sie's," sagte Effi. "Aber
das Gefühl, daß wir nun Ruhe haben, ist, denk' ich,
gerade Feier genug. Nur einen Kuß könntest Du
mir geben. Aber daran denkst Du nicht. Auf dem
ganzen weiten Wege nicht gerührt, frostig wie ein
Schneemann. Und immer nur die Zigarre."

"Laß, ich werde mich schon bessern und will
vorläufig nur wissen, wie stehst Du zu dieser ganzen

Effi Brieſt

So war die Unterhaltung gegangen, nachdem
man vorher von Wahl, Nobiling und Raps geſprochen
hatte, und nun ſaßen Innſtetten und Effi wieder
daheim und plauderten noch eine halbe Stunde. Die
beiden Mädchen im Hauſe waren ſchon zu Bett,
denn es war nah' an Mitternacht.

Innſtetten, in kurzem Hausrock und Saffian¬
ſchuhen, ging auf und ab; Effi war noch in ihrer
Geſellſchaftstoilette; Fächer und Handſchuhe lagen
neben ihr.

„Ja,“ ſagte Innſtetten, während er ſein Auf-
und Abſchreiten im Zimmer unterbrach, „dieſen Tag
müßten wir nun wohl eigentlich feiern, und ich weiß
nur noch nicht womit. Soll ich Dir einen Sieges¬
marſch vorſpielen oder den Haifiſch draußen in Be¬
wegung ſetzen oder Dich im Triumph über den Flur
tragen? Etwas muß doch geſchehen, denn Du mußt
wiſſen, das war nun heute die letzte Viſite.“

„Gott ſei Dank, war ſie's,“ ſagte Effi. „Aber
das Gefühl, daß wir nun Ruhe haben, iſt, denk' ich,
gerade Feier genug. Nur einen Kuß könnteſt Du
mir geben. Aber daran denkſt Du nicht. Auf dem
ganzen weiten Wege nicht gerührt, froſtig wie ein
Schneemann. Und immer nur die Zigarre.“

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vorläufig nur wiſſen, wie ſtehſt Du zu dieſer ganzen

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[110/0119] Effi Brieſt So war die Unterhaltung gegangen, nachdem man vorher von Wahl, Nobiling und Raps geſprochen hatte, und nun ſaßen Innſtetten und Effi wieder daheim und plauderten noch eine halbe Stunde. Die beiden Mädchen im Hauſe waren ſchon zu Bett, denn es war nah' an Mitternacht. Innſtetten, in kurzem Hausrock und Saffian¬ ſchuhen, ging auf und ab; Effi war noch in ihrer Geſellſchaftstoilette; Fächer und Handſchuhe lagen neben ihr. „Ja,“ ſagte Innſtetten, während er ſein Auf- und Abſchreiten im Zimmer unterbrach, „dieſen Tag müßten wir nun wohl eigentlich feiern, und ich weiß nur noch nicht womit. Soll ich Dir einen Sieges¬ marſch vorſpielen oder den Haifiſch draußen in Be¬ wegung ſetzen oder Dich im Triumph über den Flur tragen? Etwas muß doch geſchehen, denn Du mußt wiſſen, das war nun heute die letzte Viſite.“ „Gott ſei Dank, war ſie's,“ ſagte Effi. „Aber das Gefühl, daß wir nun Ruhe haben, iſt, denk' ich, gerade Feier genug. Nur einen Kuß könnteſt Du mir geben. Aber daran denkſt Du nicht. Auf dem ganzen weiten Wege nicht gerührt, froſtig wie ein Schneemann. Und immer nur die Zigarre.“ „Laß, ich werde mich ſchon beſſern und will vorläufig nur wiſſen, wie ſtehſt Du zu dieſer ganzen

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/119>, abgerufen am 25.04.2024.