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Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888.

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blos nichts von Einbildung. Und blos darum war
es auch wieder ganz anders."

Frau Nimptsch verstand augenscheinlich nicht
recht, was die Dörr meinte, weshalb diese fortfuhr:
"Und weil ich mir nie was in'n Kopp setzte, darum
ging es immer ganz glatt und gut und ich habe
nu Dörren. Na, viel is es nich, aber es is doch
'was Anständiges und man kann sich überall sehen
lassen. Und drum bin ich auch in die Kirche mit
ihm gefahren und nich blos Standesamt. Bei
Standesamt reden sie immer noch." Die Nimptsch
nickte.

Frau Dörr aber wiederholte: "Ja, in die Kirche,
in die Matthäikirche un bei Büchsel'n. Aber was
ich eigentlich sagen wollte, sehen Sie, liebe Frau
Nimptsch, ich war ja woll eigentlich größer und
anziehlicher als die Lene, un wenn ich auch nicht
hübscher war (denn so was kann man nie recht
wissen un die Geschmäcker sind so verschieden), so
war ich doch so mehr im Vollen un das mögen
manche. Ja, so viel is richtig. Aber wenn ich
auch so zu sagen fester war un mehr im Gewicht
fiel un so was hatte, nu ja, ich hatte so was, so
war ich doch immer man ganz einfach un beinah
simpel un was nu er war, mein Graf, mit seine
fuffzig auf'm Puckel, na, der war auch man ganz
simpel und blos immer kreuzfidel un unanständig.

blos nichts von Einbildung. Und blos darum war
es auch wieder ganz anders.“

Frau Nimptſch verſtand augenſcheinlich nicht
recht, was die Dörr meinte, weshalb dieſe fortfuhr:
„Und weil ich mir nie was in'n Kopp ſetzte, darum
ging es immer ganz glatt und gut und ich habe
nu Dörren. Na, viel is es nich, aber es is doch
'was Anſtändiges und man kann ſich überall ſehen
laſſen. Und drum bin ich auch in die Kirche mit
ihm gefahren und nich blos Standesamt. Bei
Standesamt reden ſie immer noch.“ Die Nimptſch
nickte.

Frau Dörr aber wiederholte: „Ja, in die Kirche,
in die Matthäikirche un bei Büchſel'n. Aber was
ich eigentlich ſagen wollte, ſehen Sie, liebe Frau
Nimptſch, ich war ja woll eigentlich größer und
anziehlicher als die Lene, un wenn ich auch nicht
hübſcher war (denn ſo was kann man nie recht
wiſſen un die Geſchmäcker ſind ſo verſchieden), ſo
war ich doch ſo mehr im Vollen un das mögen
manche. Ja, ſo viel is richtig. Aber wenn ich
auch ſo zu ſagen feſter war un mehr im Gewicht
fiel un ſo was hatte, nu ja, ich hatte ſo was, ſo
war ich doch immer man ganz einfach un beinah
ſimpel un was nu er war, mein Graf, mit ſeine
fuffzig auf'm Puckel, na, der war auch man ganz
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[5/0015] blos nichts von Einbildung. Und blos darum war es auch wieder ganz anders.“ Frau Nimptſch verſtand augenſcheinlich nicht recht, was die Dörr meinte, weshalb dieſe fortfuhr: „Und weil ich mir nie was in'n Kopp ſetzte, darum ging es immer ganz glatt und gut und ich habe nu Dörren. Na, viel is es nich, aber es is doch 'was Anſtändiges und man kann ſich überall ſehen laſſen. Und drum bin ich auch in die Kirche mit ihm gefahren und nich blos Standesamt. Bei Standesamt reden ſie immer noch.“ Die Nimptſch nickte. Frau Dörr aber wiederholte: „Ja, in die Kirche, in die Matthäikirche un bei Büchſel'n. Aber was ich eigentlich ſagen wollte, ſehen Sie, liebe Frau Nimptſch, ich war ja woll eigentlich größer und anziehlicher als die Lene, un wenn ich auch nicht hübſcher war (denn ſo was kann man nie recht wiſſen un die Geſchmäcker ſind ſo verſchieden), ſo war ich doch ſo mehr im Vollen un das mögen manche. Ja, ſo viel is richtig. Aber wenn ich auch ſo zu ſagen feſter war un mehr im Gewicht fiel un ſo was hatte, nu ja, ich hatte ſo was, ſo war ich doch immer man ganz einfach un beinah ſimpel un was nu er war, mein Graf, mit ſeine fuffzig auf'm Puckel, na, der war auch man ganz ſimpel und blos immer kreuzfidel un unanſtändig.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_irrungen_1888/15>, abgerufen am 24.04.2024.