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Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888.

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Viertes Kapitel.

Und nun war der andre Abend da, zu dem
Baron Botho sich angemeldet hatte. Lene ging im
Vorgarten auf und ab, drinnen aber, in der großen
Vorderstube, saß wie gewöhnlich Frau Nimptsch am
Herd, um den herum sich auch heute wieder die
vollzählig erschienene Familie Dörr gruppirt hatte.
Frau Dörr strickte mit großen Holznadeln an einer
blauen, für ihren Mann bestimmten Wolljacke, die,
vorläufig noch ohne rechte Form, nach Art eines
großen Vließes auf ihrem Schooße lag. Neben ihr,
die Beine bequem übereinander geschlagen, rauchte
Dörr aus einer Thonpfeife, während der Sohn in
einem dicht am Fenster stehenden Großvaterstuhle
saß und seinen Rothkopf an die Stuhlwange lehnte.
Jeden Morgen bei Hahnenschrei aus dem Bett, war
er auch heute wieder vor Müdigkeit eingeschlafen.
Gesprochen wurde wenig, und so hörte man denn

Viertes Kapitel.

Und nun war der andre Abend da, zu dem
Baron Botho ſich angemeldet hatte. Lene ging im
Vorgarten auf und ab, drinnen aber, in der großen
Vorderſtube, ſaß wie gewöhnlich Frau Nimptſch am
Herd, um den herum ſich auch heute wieder die
vollzählig erſchienene Familie Dörr gruppirt hatte.
Frau Dörr ſtrickte mit großen Holznadeln an einer
blauen, für ihren Mann beſtimmten Wolljacke, die,
vorläufig noch ohne rechte Form, nach Art eines
großen Vließes auf ihrem Schooße lag. Neben ihr,
die Beine bequem übereinander geſchlagen, rauchte
Dörr aus einer Thonpfeife, während der Sohn in
einem dicht am Fenſter ſtehenden Großvaterſtuhle
ſaß und ſeinen Rothkopf an die Stuhlwange lehnte.
Jeden Morgen bei Hahnenſchrei aus dem Bett, war
er auch heute wieder vor Müdigkeit eingeſchlafen.
Geſprochen wurde wenig, und ſo hörte man denn

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[[28]/0038] Viertes Kapitel. Und nun war der andre Abend da, zu dem Baron Botho ſich angemeldet hatte. Lene ging im Vorgarten auf und ab, drinnen aber, in der großen Vorderſtube, ſaß wie gewöhnlich Frau Nimptſch am Herd, um den herum ſich auch heute wieder die vollzählig erſchienene Familie Dörr gruppirt hatte. Frau Dörr ſtrickte mit großen Holznadeln an einer blauen, für ihren Mann beſtimmten Wolljacke, die, vorläufig noch ohne rechte Form, nach Art eines großen Vließes auf ihrem Schooße lag. Neben ihr, die Beine bequem übereinander geſchlagen, rauchte Dörr aus einer Thonpfeife, während der Sohn in einem dicht am Fenſter ſtehenden Großvaterſtuhle ſaß und ſeinen Rothkopf an die Stuhlwange lehnte. Jeden Morgen bei Hahnenſchrei aus dem Bett, war er auch heute wieder vor Müdigkeit eingeſchlafen. Geſprochen wurde wenig, und ſo hörte man denn

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888, S. [28]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_irrungen_1888/38>, abgerufen am 28.03.2024.