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Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888.

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ist nämlich seit einiger Zeit in einen andren Farben¬
ton und zwar ins Aschfarbene gefallen und wenn
es wahr ist, was mir Balafre neulich sagte, so hat
er sich's ganz ernsthaft überlegt, ob er nicht seine
Weißzeug-Dame zur weißen Dame erheben soll.
Schloß Avenel oder Schloß Zehden macht ihm keinen
Unterschied, Schloß ist Schloß und Sie wissen,
Rienäcker, der überhaupt in manchem seinen eignen
Weg geht, war immer fürs Natürliche."

"Ja," lachte Pitt. "Das war er. Aber Ba¬
lafre schneidet auf und erfindet sich interessante
Geschichten. Sie sind nüchtern, Wedell, und
werden doch solch' erfundenes Zeug nicht glauben
wollen."

"Nein. Erfundenes nicht," sagte Wedell. "Aber
ich glaube, was ich weiß. Rienäcker, trotz seiner sechs
Fuß, oder vielleicht auch gerade deßhalb, ist schwach
und bestimmbar und von einer seltenen Weichheit
und Herzensgüte."

"Das ist er. Aber die Verhältnisse werden ihn
zwingen und er wird sich lösen und frei machen,
schlimmstenfalls wie der Fuchs aus dem Eisen. Es
thut weh und ein Stückchen Leben bleibt dran
hängen. Aber das Hauptstück ist doch wieder
heraus, wieder frei. Vive Käthe. Und Rienäcker!
Wie sagt das Sprichwort: "Mit dem Klugen ist
Gott."


iſt nämlich ſeit einiger Zeit in einen andren Farben¬
ton und zwar ins Aſchfarbene gefallen und wenn
es wahr iſt, was mir Balafré neulich ſagte, ſo hat
er ſich's ganz ernſthaft überlegt, ob er nicht ſeine
Weißzeug-Dame zur weißen Dame erheben ſoll.
Schloß Avenel oder Schloß Zehden macht ihm keinen
Unterſchied, Schloß iſt Schloß und Sie wiſſen,
Rienäcker, der überhaupt in manchem ſeinen eignen
Weg geht, war immer fürs Natürliche.“

„Ja,“ lachte Pitt. „Das war er. Aber Ba¬
lafré ſchneidet auf und erfindet ſich intereſſante
Geſchichten. Sie ſind nüchtern, Wedell, und
werden doch ſolch' erfundenes Zeug nicht glauben
wollen.“

„Nein. Erfundenes nicht,“ ſagte Wedell. „Aber
ich glaube, was ich weiß. Rienäcker, trotz ſeiner ſechs
Fuß, oder vielleicht auch gerade deßhalb, iſt ſchwach
und beſtimmbar und von einer ſeltenen Weichheit
und Herzensgüte.“

„Das iſt er. Aber die Verhältniſſe werden ihn
zwingen und er wird ſich löſen und frei machen,
ſchlimmſtenfalls wie der Fuchs aus dem Eiſen. Es
thut weh und ein Stückchen Leben bleibt dran
hängen. Aber das Hauptſtück iſt doch wieder
heraus, wieder frei. Vive Käthe. Und Rienäcker!
Wie ſagt das Sprichwort: „Mit dem Klugen iſt
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[80/0090] iſt nämlich ſeit einiger Zeit in einen andren Farben¬ ton und zwar ins Aſchfarbene gefallen und wenn es wahr iſt, was mir Balafré neulich ſagte, ſo hat er ſich's ganz ernſthaft überlegt, ob er nicht ſeine Weißzeug-Dame zur weißen Dame erheben ſoll. Schloß Avenel oder Schloß Zehden macht ihm keinen Unterſchied, Schloß iſt Schloß und Sie wiſſen, Rienäcker, der überhaupt in manchem ſeinen eignen Weg geht, war immer fürs Natürliche.“ „Ja,“ lachte Pitt. „Das war er. Aber Ba¬ lafré ſchneidet auf und erfindet ſich intereſſante Geſchichten. Sie ſind nüchtern, Wedell, und werden doch ſolch' erfundenes Zeug nicht glauben wollen.“ „Nein. Erfundenes nicht,“ ſagte Wedell. „Aber ich glaube, was ich weiß. Rienäcker, trotz ſeiner ſechs Fuß, oder vielleicht auch gerade deßhalb, iſt ſchwach und beſtimmbar und von einer ſeltenen Weichheit und Herzensgüte.“ „Das iſt er. Aber die Verhältniſſe werden ihn zwingen und er wird ſich löſen und frei machen, ſchlimmſtenfalls wie der Fuchs aus dem Eiſen. Es thut weh und ein Stückchen Leben bleibt dran hängen. Aber das Hauptſtück iſt doch wieder heraus, wieder frei. Vive Käthe. Und Rienäcker! Wie ſagt das Sprichwort: „Mit dem Klugen iſt Gott.“

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_irrungen_1888/90>, abgerufen am 25.04.2024.