licher Geist, wenn er den rechten Inhalt gewinnt, könnte vielleicht einmal ein wirklich erfreuliches Lustspiel liefern. Bis jetzt kenne ich noch keins. Denn Kleists "Zerbrochener Krug", das einzige deutsche Lustspiel, was mir ganz gefällt, ist dessen ungeachtet doch nicht heiter.
Diese Korrespondenz setzte sich noch durch Juni und Juli hin fort. Ich gebe daraus das Folgende.
Husum, 5. Juni 1853.
Wollen Sie vor allen Dingen einige Nachsicht mit mir haben, wo es sich um Dinge der Politik handelt - über welche ich nur dem Gefühle nach mitsprechen kann - und das Pflanzenartige in meiner Natur nicht verkennen, für das ich im Uebrigen eben keine besondere Berechtigung in Anspruch nehmen darf.
Jene Aeußerung meines Briefes über die Berliner Luft war, wofür ich sie auch nur ausgab, eine lediglich durch den augenblicklichen oberflächlichen Eindruck hervorgerufene - und durch den "Kladderadatsch". Die eigentliche Karikatur, sofern sie nicht wieder ins Phantastische hinauf steigt - zum Beispiel in der Poesie des "Kaliban" - ist mir so zuwider, daß sie mir beinahe körperliches Unwohlsein erregt. Aber ad vocem "Nivellement"! Fragen Sie Ihren Grafen
licher Geist, wenn er den rechten Inhalt gewinnt, könnte vielleicht einmal ein wirklich erfreuliches Lustspiel liefern. Bis jetzt kenne ich noch keins. Denn Kleists „Zerbrochener Krug“, das einzige deutsche Lustspiel, was mir ganz gefällt, ist dessen ungeachtet doch nicht heiter.
Diese Korrespondenz setzte sich noch durch Juni und Juli hin fort. Ich gebe daraus das Folgende.
Husum, 5. Juni 1853.
Wollen Sie vor allen Dingen einige Nachsicht mit mir haben, wo es sich um Dinge der Politik handelt – über welche ich nur dem Gefühle nach mitsprechen kann – und das Pflanzenartige in meiner Natur nicht verkennen, für das ich im Uebrigen eben keine besondere Berechtigung in Anspruch nehmen darf.
Jene Aeußerung meines Briefes über die Berliner Luft war, wofür ich sie auch nur ausgab, eine lediglich durch den augenblicklichen oberflächlichen Eindruck hervorgerufene – und durch den „Kladderadatsch“. Die eigentliche Karikatur, sofern sie nicht wieder ins Phantastische hinauf steigt – zum Beispiel in der Poesie des „Kaliban“ – ist mir so zuwider, daß sie mir beinahe körperliches Unwohlsein erregt. Aber ad vocem „Nivellement“! Fragen Sie Ihren Grafen
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licher Geist, wenn er den rechten Inhalt gewinnt, könnte vielleicht einmal ein wirklich erfreuliches Lustspiel liefern. Bis jetzt kenne ich noch keins. Denn Kleists „Zerbrochener Krug“, das einzige deutsche Lustspiel, was mir ganz gefällt, ist dessen ungeachtet doch nicht <hirendition="#g">heiter</hi>.</p></div></body></floatingText><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p>Diese Korrespondenz setzte sich noch durch Juni und Juli hin fort. Ich gebe daraus das Folgende.</p><lb/><floatingText><body><divtype="letter"><opener><dateline><hirendition="#g">Husum</hi>, 5. Juni 1853.</dateline></opener><p>Wollen Sie vor allen Dingen einige Nachsicht mit mir haben, wo es sich um Dinge der Politik handelt – über welche ich nur dem Gefühle nach mitsprechen kann – und das Pflanzenartige in meiner Natur nicht verkennen, für das ich im Uebrigen eben keine besondere Berechtigung in Anspruch nehmen darf.</p><lb/><p>Jene Aeußerung meines Briefes über die Berliner Luft war, wofür ich sie auch nur ausgab, eine lediglich durch den augenblicklichen oberflächlichen Eindruck hervorgerufene – und durch den „Kladderadatsch“. Die eigentliche Karikatur, sofern sie nicht wieder ins Phantastische hinauf steigt – zum Beispiel in der Poesie des „Kaliban“– ist mir so zuwider, daß sie mir beinahe körperliches Unwohlsein erregt. Aber <hirendition="#aq">ad vocem</hi>„Nivellement“! Fragen Sie Ihren Grafen<lb/></p></div></body></floatingText></div></div></body></text></TEI>
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licher Geist, wenn er den rechten Inhalt gewinnt, könnte vielleicht einmal ein wirklich erfreuliches Lustspiel liefern. Bis jetzt kenne ich noch keins. Denn Kleists „Zerbrochener Krug“, das einzige deutsche Lustspiel, was mir ganz gefällt, ist dessen ungeachtet doch nicht heiter.
Diese Korrespondenz setzte sich noch durch Juni und Juli hin fort. Ich gebe daraus das Folgende.
Husum, 5. Juni 1853.Wollen Sie vor allen Dingen einige Nachsicht mit mir haben, wo es sich um Dinge der Politik handelt – über welche ich nur dem Gefühle nach mitsprechen kann – und das Pflanzenartige in meiner Natur nicht verkennen, für das ich im Uebrigen eben keine besondere Berechtigung in Anspruch nehmen darf.
Jene Aeußerung meines Briefes über die Berliner Luft war, wofür ich sie auch nur ausgab, eine lediglich durch den augenblicklichen oberflächlichen Eindruck hervorgerufene – und durch den „Kladderadatsch“. Die eigentliche Karikatur, sofern sie nicht wieder ins Phantastische hinauf steigt – zum Beispiel in der Poesie des „Kaliban“ – ist mir so zuwider, daß sie mir beinahe körperliches Unwohlsein erregt. Aber ad vocem „Nivellement“! Fragen Sie Ihren Grafen
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Fontane, Theodor: Von Zwanzig bis Dreißig. 1. Aufl. Berlin, 1898, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_zwanzig_1898/347>, abgerufen am 09.12.2023.
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