Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 2. Berlin, 1791.er erscheint nie an seiner rechten Stelle, F f 4
er erscheint nie an seiner rechten Stelle, F f 4
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er erscheint nie an seiner rechten Stelle,
und bleibt dort immer fremd, wo man ihn
nicht erfand. Ich trete nur an den Putztisch
des Frauenzimmers, um mir noch einen Be¬
lag zu dieser Wahrheit zu holen. Unsere
Kleidermoden entlehnen wir von Frankreich;
allein wer dieses Land je betreten hat, wird
mir bekennen müssen, daſs ihre Extravaganz
und Unnatürlichkeit dort lange nicht so un¬
erträglich scheinen, wie auſserhalb seiner
Gränzen. Wie wenig Sinn für das ächte,
Einfachschöne der Natur man immer den
Französinnen, zugestehen mag — einen Sinn
für das Passende und Gefällige des Anzuges
wird man ihnen schwerlich abstreiten kön¬
nen. Sie sind gleichsam Eins mit ihrem
Putz, und die Erfindung des Tages erhält
unter ihren Händen das richtige Verhältniſs
zu ihren persönlichen Reizen. Wenn hinge¬
gen eine fremde Tracht zu ihren Nachbarin¬
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Zitationshilfe: | Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 2. Berlin, 1791, S. 455. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein02_1791/461>, abgerufen am 29.06.2022. |