Daß der junge Ritter Huldbrand von Ring- stätten so plötzlich vermißt worden war, hatte großes Aufsehen in der Reichsstadt erregt, und Bekümmerniß bei den Leuten, die ihn allesamt wegen seiner Gewandheit bei Turnier und Tanz, wie auch wegen seiner milden, freundlichen Sit- ten, lieb gewonnen hatten. Seine Diener woll- ten nicht ohne ihren Herrn von dem Orte wie- der weg, ohne daß doch Einer den Muth gefaßt hätte, ihm in die Schatten des gefürchteten For- stes nachzureiten. Sie blieben also in ihrer Herberge, unthätig hoffend, wie es die Menschen zu thun pflegen, und durch ihre Klagen das An- denken des Verlornen lebendig erhalten. Wie
G
Zehntes Kapitel.
Wie ſie in der Stadt lebten.
Daß der junge Ritter Huldbrand von Ring- ſtaͤtten ſo ploͤtzlich vermißt worden war, hatte großes Aufſehen in der Reichsſtadt erregt, und Bekuͤmmerniß bei den Leuten, die ihn alleſamt wegen ſeiner Gewandheit bei Turnier und Tanz, wie auch wegen ſeiner milden, freundlichen Sit- ten, lieb gewonnen hatten. Seine Diener woll- ten nicht ohne ihren Herrn von dem Orte wie- der weg, ohne daß doch Einer den Muth gefaßt haͤtte, ihm in die Schatten des gefuͤrchteten For- ſtes nachzureiten. Sie blieben alſo in ihrer Herberge, unthaͤtig hoffend, wie es die Menſchen zu thun pflegen, und durch ihre Klagen das An- denken des Verlornen lebendig erhalten. Wie
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Zehntes Kapitel.
Wie ſie in der Stadt lebten.
Daß der junge Ritter Huldbrand von Ring-
ſtaͤtten ſo ploͤtzlich vermißt worden war, hatte
großes Aufſehen in der Reichsſtadt erregt, und
Bekuͤmmerniß bei den Leuten, die ihn alleſamt
wegen ſeiner Gewandheit bei Turnier und Tanz,
wie auch wegen ſeiner milden, freundlichen Sit-
ten, lieb gewonnen hatten. Seine Diener woll-
ten nicht ohne ihren Herrn von dem Orte wie-
der weg, ohne daß doch Einer den Muth gefaßt
haͤtte, ihm in die Schatten des gefuͤrchteten For-
ſtes nachzureiten. Sie blieben alſo in ihrer
Herberge, unthaͤtig hoffend, wie es die Menſchen
zu thun pflegen, und durch ihre Klagen das An-
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Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189, hier S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/111>, abgerufen am 10.12.2023.
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