Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189.

Bild:
<< vorherige Seite

Aeusserungen als etwas Verdienstliches ange-
schlagen hätte. So oft ihr Eines der Eheleute
über die Verdeckung des Brunnens, oder über
die Abentheuer im Schwarzthale, irgend etwas
Erklärendes sagen wollte, bat sie inbrünstig,
man möge sie damit verschonen, weil sie wegen
des Brunnens allzuviele Beschämung, und we-
gen des Schwarzthales, allzuviele Schrecken emp-
finde. Sie erfuhr daher auch von Beiden wei-
ter nichts; und wozu schien es auch nöthig zu
sein? Der Friede und die Freude hatten ja
ihren sichtbaren Wohnsitz in Burg Ringstetten
genommen. Man ward darüber ganz sicher,
und meinte, nun könne das Leben gar nichts
mehr tragen, als anmuthige Blumen und
Früchte.

In so erlabenden Verhältnissen war der
Winter gekommen und vorüber gegangen, und
der Frühling sah mit seinen hellgrünen Sproßen
und seinem lichtblauen Himmel zu den fröhlichen
Menschen herein. Ihm war zu Muth, wie
ihnen, und ihnen, wie ihm. Was Wunder,

Aeuſſerungen als etwas Verdienſtliches ange-
ſchlagen haͤtte. So oft ihr Eines der Eheleute
uͤber die Verdeckung des Brunnens, oder uͤber
die Abentheuer im Schwarzthale, irgend etwas
Erklaͤrendes ſagen wollte, bat ſie inbruͤnſtig,
man moͤge ſie damit verſchonen, weil ſie wegen
des Brunnens allzuviele Beſchaͤmung, und we-
gen des Schwarzthales, allzuviele Schrecken emp-
finde. Sie erfuhr daher auch von Beiden wei-
ter nichts; und wozu ſchien es auch noͤthig zu
ſein? Der Friede und die Freude hatten ja
ihren ſichtbaren Wohnſitz in Burg Ringſtetten
genommen. Man ward daruͤber ganz ſicher,
und meinte, nun koͤnne das Leben gar nichts
mehr tragen, als anmuthige Blumen und
Fruͤchte.

In ſo erlabenden Verhaͤltniſſen war der
Winter gekommen und voruͤber gegangen, und
der Fruͤhling ſah mit ſeinen hellgruͤnen Sproßen
und ſeinem lichtblauen Himmel zu den froͤhlichen
Menſchen herein. Ihm war zu Muth, wie
ihnen, und ihnen, wie ihm. Was Wunder,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0166" n="152"/>
Aeu&#x017F;&#x017F;erungen als etwas Verdien&#x017F;tliches ange-<lb/>
&#x017F;chlagen ha&#x0364;tte. So oft ihr Eines der Eheleute<lb/>
u&#x0364;ber die Verdeckung des Brunnens, oder u&#x0364;ber<lb/>
die Abentheuer im Schwarzthale, irgend etwas<lb/>
Erkla&#x0364;rendes &#x017F;agen wollte, bat &#x017F;ie inbru&#x0364;n&#x017F;tig,<lb/>
man mo&#x0364;ge &#x017F;ie damit ver&#x017F;chonen, weil &#x017F;ie wegen<lb/>
des Brunnens allzuviele Be&#x017F;cha&#x0364;mung, und we-<lb/>
gen des Schwarzthales, allzuviele Schrecken emp-<lb/>
finde. Sie erfuhr daher auch von Beiden wei-<lb/>
ter nichts; und wozu &#x017F;chien es auch no&#x0364;thig zu<lb/>
&#x017F;ein? Der Friede und die Freude hatten ja<lb/>
ihren &#x017F;ichtbaren Wohn&#x017F;itz in Burg Ring&#x017F;tetten<lb/>
genommen. Man ward daru&#x0364;ber ganz &#x017F;icher,<lb/>
und meinte, nun ko&#x0364;nne das Leben gar nichts<lb/>
mehr tragen, als anmuthige Blumen und<lb/>
Fru&#x0364;chte.</p><lb/>
          <p>In &#x017F;o erlabenden Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;en war der<lb/>
Winter gekommen und voru&#x0364;ber gegangen, und<lb/>
der Fru&#x0364;hling &#x017F;ah mit &#x017F;einen hellgru&#x0364;nen Sproßen<lb/>
und &#x017F;einem lichtblauen Himmel zu den fro&#x0364;hlichen<lb/>
Men&#x017F;chen herein. Ihm war zu Muth, wie<lb/>
ihnen, und ihnen, wie ihm. Was Wunder,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[152/0166] Aeuſſerungen als etwas Verdienſtliches ange- ſchlagen haͤtte. So oft ihr Eines der Eheleute uͤber die Verdeckung des Brunnens, oder uͤber die Abentheuer im Schwarzthale, irgend etwas Erklaͤrendes ſagen wollte, bat ſie inbruͤnſtig, man moͤge ſie damit verſchonen, weil ſie wegen des Brunnens allzuviele Beſchaͤmung, und we- gen des Schwarzthales, allzuviele Schrecken emp- finde. Sie erfuhr daher auch von Beiden wei- ter nichts; und wozu ſchien es auch noͤthig zu ſein? Der Friede und die Freude hatten ja ihren ſichtbaren Wohnſitz in Burg Ringſtetten genommen. Man ward daruͤber ganz ſicher, und meinte, nun koͤnne das Leben gar nichts mehr tragen, als anmuthige Blumen und Fruͤchte. In ſo erlabenden Verhaͤltniſſen war der Winter gekommen und voruͤber gegangen, und der Fruͤhling ſah mit ſeinen hellgruͤnen Sproßen und ſeinem lichtblauen Himmel zu den froͤhlichen Menſchen herein. Ihm war zu Muth, wie ihnen, und ihnen, wie ihm. Was Wunder,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/166
Zitationshilfe: Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189, hier S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_undine_1811/166>, abgerufen am 24.04.2024.