Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684.baufällig/ einrissig/ und annoch nicht wider ergänzet/ dazu weder mit Geschütz/ noch anderer Zubehör/ versehen war. Gleichwol zwang sie die Noth/ bisweilen heraus zu fallen/ und dem Feinde die Zerrüttung der Weinlese/ nach Möglichkeit/ zu verwehren: Weil der Stadt meiste Nahrung und Kauffmannschafft daran hing. In Ansehung aber/ daß hiedurch ihre böse Belägerungs-Arbeit unterdessen desto langsamer von statten ginge; besannen sie sich auf ein andres Mittel; berieffen die Bauers-Leute vom Felde herzu/ und befahlen denselben die Stadt-Mauren in ihre Defension/ ingleichen die sichere Einbegleitung der Wein-Fuhren/ und die Abtreibung deß Feindes von ihren Gründen und Wein-Gärten. Sie hingegen wendeten sich/ aus aller Krafft/ wider die Käiserliche Soldatesca im Schloß; erschütterten/ mit ihrem Geschütz und Brechzeug/ die Schloß-Wand / Tag und Nacht/ so gewalt- und ungestümlich/ daß selbige/ mancher Orten/ kaum/ (so zu reden) nur noch an einem Faden hing/ und einen Wink nach dem andern gab/ daß würde fallen. Deßwegen entfiel dannoch inzwischen dem/ im Schloß/ also bestürmten Käiser der Mut nicht: Ungeachtet er nicht mehr als zween hundert Mann/ drinnen bey sich hatte. Welches aber kein Magsaamen/ sondern eitel Pfeffer-Körner/ nemlich mehrentheils lauter Ritter-Stands-Personen waren. Er theilte selbst gar fleissig die Ordre aus; ordnete selbst die Soldaten/ auf die Mauren; ließ gleich anfangs/ ein Theil deß Geschützes hinauf ziehen; das übrige aber vor die Schloß-Fenster bringen/ um von dannen heraus/ unter die Rebellen/ zu canoniren. So muste man ihm auch die Mauren/ mit Dachlättern/ befestigen / und die Klüffte oder Lucken derselben/ mit grobem Werk/ und dergleichen Materi / vermachen; was schier nidergefallen/ oder gefället war/ hurtig wieder aufrichten/ oder die geschossene Bresche mit Brettern/ verschlagen/ mit Steinen und Mist verschütten. Diese Anstalt und Anordnung hielt den guten alten Herrn/ Tag und Nacht/ munter und bemüht: als der wol verstund/ daß/ wann ein Käiser/ oder König/ nur alles seinen Ministern oder Officirern allein vertraut/ und nicht selber/ auf alle/ zumal so hoch anligende Handlungen/ die Augen schärfft/ seinem Staat die Ruin näher sey/ weder die Conservation/ und das Trau-gern gern das Pferd wegreite. Zu verwundern aber ists/ von einem so klugem und altem Potentaten/ daß er aus allzu gutherzigem Vertrauen/ für solchen losen Leuten/ sich nicht vorher besser in Acht genommen/ sondern/ da er einmal ihre Treulosigkeit hatte erfahren/ dannoch nicht in bessere Postur sich gestellt/ und gleich nach der ersten Composition oder Unruh-Stellung / eine solche Verfassung gemacht/ daß es keiner zweymaligen bedörffte; oder gleich Anfangs/ so bald (wie vermutlich) von neu-angehender Widerspenstigkeit/ ein Nachricht erhalten/ nicht alsofort aus dem Scholß gewichen und seine Person/ samt seiner Gemahlin / behände versichert hat. Bey baufällig/ einrissig/ und annoch nicht wider ergänzet/ dazu weder mit Geschütz/ noch anderer Zubehör/ versehen war. Gleichwol zwang sie die Noth/ bisweilen heraus zu fallen/ und dem Feinde die Zerrüttung der Weinlese/ nach Möglichkeit/ zu verwehren: Weil der Stadt meiste Nahrung und Kauffmannschafft daran hing. In Ansehung aber/ daß hiedurch ihre böse Belägerungs-Arbeit unterdessen desto langsamer von statten ginge; besannen sie sich auf ein andres Mittel; berieffen die Bauers-Leute vom Felde herzu/ und befahlen denselben die Stadt-Mauren in ihre Defension/ ingleichen die sichere Einbegleitung der Wein-Fuhren/ und die Abtreibung deß Feindes von ihren Gründen und Wein-Gärten. Sie hingegen wendeten sich/ aus aller Krafft/ wider die Käiserliche Soldatesca im Schloß; erschütterten/ mit ihrem Geschütz und Brechzeug/ die Schloß-Wand / Tag und Nacht/ so gewalt- und ungestümlich/ daß selbige/ mancher Orten/ kaum/ (so zu reden) nur noch an einem Faden hing/ und einen Wink nach dem andern gab/ daß würde fallen. Deßwegen entfiel dannoch inzwischen dem/ im Schloß/ also bestürmten Käiser der Mut nicht: Ungeachtet er nicht mehr als zween hundert Mann/ drinnen bey sich hatte. Welches aber kein Magsaamen/ sondern eitel Pfeffer-Körner/ nemlich mehrentheils lauter Ritter-Stands-Personen waren. Er theilte selbst gar fleissig die Ordre aus; ordnete selbst die Soldaten/ auf die Mauren; ließ gleich anfangs/ ein Theil deß Geschützes hinauf ziehen; das übrige aber vor die Schloß-Fenster bringen/ um von dannen heraus/ unter die Rebellen/ zu canoniren. So muste man ihm auch die Mauren/ mit Dachlättern/ befestigen / und die Klüffte oder Lucken derselben/ mit grobem Werk/ und dergleichen Materi / vermachen; was schier nidergefallen/ oder gefället war/ hurtig wieder aufrichten/ oder die geschossene Bresche mit Brettern/ verschlagen/ mit Steinen und Mist verschütten. Diese Anstalt und Anordnung hielt den guten alten Herrn/ Tag und Nacht/ munter und bemüht: als der wol verstund/ daß/ wann ein Käiser/ oder König/ nur alles seinen Ministern oder Officirern allein vertraut/ und nicht selber/ auf alle/ zumal so hoch anligende Handlungen/ die Augen schärfft/ seinem Staat die Ruin näher sey/ weder die Conservation/ und das Trau-gern gern das Pferd wegreite. Zu verwundern aber ists/ von einem so klugem und altem Potentaten/ daß er aus allzu gutherzigem Vertrauen/ für solchen losen Leuten/ sich nicht vorher besser in Acht genommen/ sondern/ da er einmal ihre Treulosigkeit hatte erfahren/ dannoch nicht in bessere Postur sich gestellt/ und gleich nach der ersten Composition oder Unruh-Stellung / eine solche Verfassung gemacht/ daß es keiner zweymaligen bedörffte; oder gleich Anfangs/ so bald (wie vermutlich) von neu-angehender Widerspenstigkeit/ ein Nachricht erhalten/ nicht alsofort aus dem Scholß gewichen und seine Person/ samt seiner Gemahlin / behände versichert hat. Bey <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0046" n="38"/> baufällig/ einrissig/ und annoch nicht wider ergänzet/ dazu weder mit Geschütz/ noch anderer Zubehör/ versehen war. Gleichwol zwang sie die Noth/ bisweilen heraus zu fallen/ und dem Feinde die Zerrüttung der Weinlese/ nach Möglichkeit/ zu verwehren: Weil der Stadt meiste Nahrung und Kauffmannschafft daran hing.</p> <p>In Ansehung aber/ daß hiedurch ihre böse Belägerungs-Arbeit unterdessen desto langsamer von statten ginge; besannen sie sich auf ein andres Mittel; berieffen die Bauers-Leute vom Felde herzu/ und befahlen denselben die Stadt-Mauren in ihre Defension/ ingleichen die sichere Einbegleitung der Wein-Fuhren/ und die Abtreibung deß Feindes von ihren Gründen und Wein-Gärten. Sie hingegen wendeten sich/ aus aller Krafft/ wider die Käiserliche Soldatesca im Schloß; erschütterten/ mit ihrem Geschütz und Brechzeug/ die Schloß-Wand / Tag und Nacht/ so gewalt- und ungestümlich/ daß selbige/ mancher Orten/ kaum/ (so zu reden) nur noch an einem Faden hing/ und einen Wink nach dem andern gab/ daß würde fallen.</p> <p>Deßwegen entfiel dannoch inzwischen dem/ im Schloß/ also bestürmten Käiser der Mut nicht: Ungeachtet er nicht mehr als zween hundert Mann/ drinnen bey sich hatte. Welches aber kein Magsaamen/ sondern eitel Pfeffer-Körner/ nemlich mehrentheils lauter Ritter-Stands-Personen waren. Er theilte selbst gar fleissig die Ordre aus; ordnete selbst die Soldaten/ auf die Mauren; ließ gleich anfangs/ ein Theil deß Geschützes hinauf ziehen; das übrige aber vor die Schloß-Fenster bringen/ um von dannen heraus/ unter die Rebellen/ zu canoniren. So muste man ihm auch die Mauren/ mit Dachlättern/ befestigen / und die Klüffte oder Lucken derselben/ mit grobem Werk/ und dergleichen Materi / vermachen; was schier nidergefallen/ oder gefället war/ hurtig wieder aufrichten/ oder die geschossene Bresche mit Brettern/ verschlagen/ mit Steinen und Mist verschütten. Diese Anstalt und Anordnung hielt den guten alten Herrn/ Tag und Nacht/ munter und bemüht: als der wol verstund/ daß/ wann ein Käiser/ oder König/ nur alles seinen Ministern oder Officirern allein vertraut/ und nicht selber/ auf alle/ zumal so hoch anligende Handlungen/ die Augen schärfft/ seinem Staat die Ruin näher sey/ weder die Conservation/ und das Trau-gern gern das Pferd wegreite.</p> <p>Zu verwundern aber ists/ von einem so klugem und altem Potentaten/ daß er aus allzu gutherzigem Vertrauen/ für solchen losen Leuten/ sich nicht vorher besser in Acht genommen/ sondern/ da er einmal ihre Treulosigkeit hatte erfahren/ dannoch nicht in bessere Postur sich gestellt/ und gleich nach der ersten Composition oder Unruh-Stellung / eine solche Verfassung gemacht/ daß es keiner zweymaligen bedörffte; oder gleich Anfangs/ so bald (wie vermutlich) von neu-angehender Widerspenstigkeit/ ein Nachricht erhalten/ nicht alsofort aus dem Scholß gewichen und seine Person/ samt seiner Gemahlin / behände versichert hat. Bey </p> </div> </body> </text> </TEI> [38/0046]
baufällig/ einrissig/ und annoch nicht wider ergänzet/ dazu weder mit Geschütz/ noch anderer Zubehör/ versehen war. Gleichwol zwang sie die Noth/ bisweilen heraus zu fallen/ und dem Feinde die Zerrüttung der Weinlese/ nach Möglichkeit/ zu verwehren: Weil der Stadt meiste Nahrung und Kauffmannschafft daran hing.
In Ansehung aber/ daß hiedurch ihre böse Belägerungs-Arbeit unterdessen desto langsamer von statten ginge; besannen sie sich auf ein andres Mittel; berieffen die Bauers-Leute vom Felde herzu/ und befahlen denselben die Stadt-Mauren in ihre Defension/ ingleichen die sichere Einbegleitung der Wein-Fuhren/ und die Abtreibung deß Feindes von ihren Gründen und Wein-Gärten. Sie hingegen wendeten sich/ aus aller Krafft/ wider die Käiserliche Soldatesca im Schloß; erschütterten/ mit ihrem Geschütz und Brechzeug/ die Schloß-Wand / Tag und Nacht/ so gewalt- und ungestümlich/ daß selbige/ mancher Orten/ kaum/ (so zu reden) nur noch an einem Faden hing/ und einen Wink nach dem andern gab/ daß würde fallen.
Deßwegen entfiel dannoch inzwischen dem/ im Schloß/ also bestürmten Käiser der Mut nicht: Ungeachtet er nicht mehr als zween hundert Mann/ drinnen bey sich hatte. Welches aber kein Magsaamen/ sondern eitel Pfeffer-Körner/ nemlich mehrentheils lauter Ritter-Stands-Personen waren. Er theilte selbst gar fleissig die Ordre aus; ordnete selbst die Soldaten/ auf die Mauren; ließ gleich anfangs/ ein Theil deß Geschützes hinauf ziehen; das übrige aber vor die Schloß-Fenster bringen/ um von dannen heraus/ unter die Rebellen/ zu canoniren. So muste man ihm auch die Mauren/ mit Dachlättern/ befestigen / und die Klüffte oder Lucken derselben/ mit grobem Werk/ und dergleichen Materi / vermachen; was schier nidergefallen/ oder gefället war/ hurtig wieder aufrichten/ oder die geschossene Bresche mit Brettern/ verschlagen/ mit Steinen und Mist verschütten. Diese Anstalt und Anordnung hielt den guten alten Herrn/ Tag und Nacht/ munter und bemüht: als der wol verstund/ daß/ wann ein Käiser/ oder König/ nur alles seinen Ministern oder Officirern allein vertraut/ und nicht selber/ auf alle/ zumal so hoch anligende Handlungen/ die Augen schärfft/ seinem Staat die Ruin näher sey/ weder die Conservation/ und das Trau-gern gern das Pferd wegreite.
Zu verwundern aber ists/ von einem so klugem und altem Potentaten/ daß er aus allzu gutherzigem Vertrauen/ für solchen losen Leuten/ sich nicht vorher besser in Acht genommen/ sondern/ da er einmal ihre Treulosigkeit hatte erfahren/ dannoch nicht in bessere Postur sich gestellt/ und gleich nach der ersten Composition oder Unruh-Stellung / eine solche Verfassung gemacht/ daß es keiner zweymaligen bedörffte; oder gleich Anfangs/ so bald (wie vermutlich) von neu-angehender Widerspenstigkeit/ ein Nachricht erhalten/ nicht alsofort aus dem Scholß gewichen und seine Person/ samt seiner Gemahlin / behände versichert hat. Bey
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Zitationshilfe: | Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/franciscus_schauplatz_1684/46>, abgerufen am 08.02.2025. |