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Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.

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geschlafen und hatte heut' miserables Kopfweh. Wen
führt sie denn jetzt am Bändel? Das vergaßest Du
mir mitzutheilen! Ich werd' ihn nicht beneiden.
Seiner wartet ein "Unmoralischer", den kein Hering
und kein Sodawasser vertreibt. Uebrigens -- Maifee?
Mit ihrer Ueppigkeit? Ihrem schwarzen Kraushaar?
Was hat sie denn angehabt? Brillant genug mag sie
ausgesehen haben! Hat sie ihre Schultern sehr frei¬
gebig gezeigt? Sie that das nie, so lange sie mit
mir -- Aber nun, wo sie beschäftigt ist, ihren "Gatten
zu versöhnen"! Ist Dir das Wort "Gatte" auch so
zuwider? Ich möchte um die Welt nicht so genannt
werden!

Ach, Du, -- Maifee! Jetzt muß ich doch lachen!
Nein, nein, dafür paßte sie nicht! Das hätte sie
nicht gewählt, so lang' ich ihr Rathgeber in Costüm¬
fragen war. Königin der Nacht, Nachtschatten, Bella¬
donna, aber Maifee? Da weiß ich eine Andre, die
für die Rolle paßt. Und sie hat nicht 'mal ein be¬
sonderes Costüm dafür nöthig! In ihrem flattern¬
den, hellbraunen Mantel, in ihrem Reisehut und
grauen Schleier, -- sie ist immer dieselbe Frühlings¬
blume. Du kannst Dir denken, daß ich von meiner
Reisebekanntschaft spreche, -- ach, richtig, Du gibst
mir ja sogar den guten Rath, mich in sie zu ver¬
lieben! Hör' auf, Toni, sonst hör' ich auf! Nein,
ernsthaft, es ist mir unangenehm, daß Du mich zu

geſchlafen und hatte heut' miſerables Kopfweh. Wen
führt ſie denn jetzt am Bändel? Das vergaßeſt Du
mir mitzutheilen! Ich werd' ihn nicht beneiden.
Seiner wartet ein „Unmoraliſcher“, den kein Hering
und kein Sodawaſſer vertreibt. Uebrigens — Maifee?
Mit ihrer Ueppigkeit? Ihrem ſchwarzen Kraushaar?
Was hat ſie denn angehabt? Brillant genug mag ſie
ausgeſehen haben! Hat ſie ihre Schultern ſehr frei¬
gebig gezeigt? Sie that das nie, ſo lange ſie mit
mir — Aber nun, wo ſie beſchäftigt iſt, ihren „Gatten
zu verſöhnen“! Iſt Dir das Wort „Gatte“ auch ſo
zuwider? Ich möchte um die Welt nicht ſo genannt
werden!

Ach, Du, — Maifee! Jetzt muß ich doch lachen!
Nein, nein, dafür paßte ſie nicht! Das hätte ſie
nicht gewählt, ſo lang' ich ihr Rathgeber in Coſtüm¬
fragen war. Königin der Nacht, Nachtſchatten, Bella¬
donna, aber Maifee? Da weiß ich eine Andre, die
für die Rolle paßt. Und ſie hat nicht 'mal ein be¬
ſonderes Coſtüm dafür nöthig! In ihrem flattern¬
den, hellbraunen Mantel, in ihrem Reiſehut und
grauen Schleier, — ſie iſt immer dieſelbe Frühlings¬
blume. Du kannſt Dir denken, daß ich von meiner
Reiſebekanntſchaft ſpreche, — ach, richtig, Du gibſt
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[215/0231] geſchlafen und hatte heut' miſerables Kopfweh. Wen führt ſie denn jetzt am Bändel? Das vergaßeſt Du mir mitzutheilen! Ich werd' ihn nicht beneiden. Seiner wartet ein „Unmoraliſcher“, den kein Hering und kein Sodawaſſer vertreibt. Uebrigens — Maifee? Mit ihrer Ueppigkeit? Ihrem ſchwarzen Kraushaar? Was hat ſie denn angehabt? Brillant genug mag ſie ausgeſehen haben! Hat ſie ihre Schultern ſehr frei¬ gebig gezeigt? Sie that das nie, ſo lange ſie mit mir — Aber nun, wo ſie beſchäftigt iſt, ihren „Gatten zu verſöhnen“! Iſt Dir das Wort „Gatte“ auch ſo zuwider? Ich möchte um die Welt nicht ſo genannt werden! Ach, Du, — Maifee! Jetzt muß ich doch lachen! Nein, nein, dafür paßte ſie nicht! Das hätte ſie nicht gewählt, ſo lang' ich ihr Rathgeber in Coſtüm¬ fragen war. Königin der Nacht, Nachtſchatten, Bella¬ donna, aber Maifee? Da weiß ich eine Andre, die für die Rolle paßt. Und ſie hat nicht 'mal ein be¬ ſonderes Coſtüm dafür nöthig! In ihrem flattern¬ den, hellbraunen Mantel, in ihrem Reiſehut und grauen Schleier, — ſie iſt immer dieſelbe Frühlings¬ blume. Du kannſt Dir denken, daß ich von meiner Reiſebekanntſchaft ſpreche, — ach, richtig, Du gibſt mir ja ſogar den guten Rath, mich in ſie zu ver¬ lieben! Hör' auf, Toni, ſonſt hör' ich auf! Nein, ernſthaft, es iſt mir unangenehm, daß Du mich zu

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Zitationshilfe: Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_bittersuess_1891/231>, abgerufen am 28.03.2024.