Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Frapan, Ilse [i. e. Ilse Akunian]: Flügel auf! Novellen. Berlin, 1895.

Bild:
<< vorherige Seite

Uebermuth erwartete, in Anmaßung und Pietätlosigkeit umschlägt. Besinne Dich auf Dich selbst, mein Sohn; am tiefsten hat mich Dein Bestechungsversuch gekränkt! Er ist eigentlich unverzeihlich; ich entschuldige ihn mit Deiner großen Jugend. Einem Dreiundzwanzigjährigen sieht man gewisse Taktlosigkeiten nach. Nur verschone mich mit weiteren Episteln dieser Art, meine Nachsicht hat Grenzen!

Dein Onkel Markwort, Pastor.


Lisbeth Markwort an Axel Lorenzen.

Ach Axel, was hat Du angerichtet, was hast Du eigentlich Papa geschrieben? Er ist so furchtbar böse, und Mama und Tante würdigen mich keines Wortes, nachdem sie mich entsetzlich heruntergemacht haben. Es ist Alles entdeckt! Deine Bücher, dann daß die arme alte Steenbocken Briefe für mich angenommen hat, meine stillen heimlichen Pläne für die Zukunft - Alles, Alles! Ich komme mir vor wie ein Mensch, dem man alle Kisten und Kasten erbrochen und geleert hat, und dem das Beste und Liebste im Staub herumgezerrt worden. Morgens, wenn ich aufwache - so öde, so leer, und dazu diese nebeligen nassen Herbsttage, so grau, so todt, zum Verzweifeln. Gott mag wissen, was aus mir werden soll! Sie

Uebermuth erwartete, in Anmaßung und Pietätlosigkeit umschlägt. Besinne Dich auf Dich selbst, mein Sohn; am tiefsten hat mich Dein Bestechungsversuch gekränkt! Er ist eigentlich unverzeihlich; ich entschuldige ihn mit Deiner großen Jugend. Einem Dreiundzwanzigjährigen sieht man gewisse Taktlosigkeiten nach. Nur verschone mich mit weiteren Episteln dieser Art, meine Nachsicht hat Grenzen!

Dein Onkel Markwort, Pastor.


Lisbeth Markwort an Axel Lorenzen.

Ach Axel, was hat Du angerichtet, was hast Du eigentlich Papa geschrieben? Er ist so furchtbar böse, und Mama und Tante würdigen mich keines Wortes, nachdem sie mich entsetzlich heruntergemacht haben. Es ist Alles entdeckt! Deine Bücher, dann daß die arme alte Steenbocken Briefe für mich angenommen hat, meine stillen heimlichen Pläne für die Zukunft – Alles, Alles! Ich komme mir vor wie ein Mensch, dem man alle Kisten und Kasten erbrochen und geleert hat, und dem das Beste und Liebste im Staub herumgezerrt worden. Morgens, wenn ich aufwache – so öde, so leer, und dazu diese nebeligen nassen Herbsttage, so grau, so todt, zum Verzweifeln. Gott mag wissen, was aus mir werden soll! Sie

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="letter" n="2">
          <p><pb facs="#f0352" n="344"/>
Uebermuth erwartete, in Anmaßung und Pietätlosigkeit umschlägt. Besinne Dich auf Dich selbst, mein Sohn; am tiefsten hat mich Dein Bestechungsversuch gekränkt! Er ist eigentlich unverzeihlich; ich entschuldige ihn mit Deiner großen Jugend. Einem Dreiundzwanzigjährigen sieht man gewisse Taktlosigkeiten nach. Nur verschone mich mit weiteren Episteln dieser Art, meine Nachsicht hat Grenzen!</p>
          <closer>
            <salute> <hi rendition="#right">Dein Onkel Markwort, Pastor.</hi> </salute>
          </closer>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div type="letter" n="2">
          <head>Lisbeth Markwort an Axel Lorenzen.</head>
          <opener>
            <dateline> <hi rendition="#right">Wedel, 5. November 1892.</hi> </dateline>
          </opener>
          <p>Ach Axel, was hat Du angerichtet, was hast Du eigentlich Papa geschrieben? Er ist so furchtbar böse, und Mama und Tante würdigen mich keines Wortes, nachdem sie mich entsetzlich heruntergemacht haben. Es ist Alles entdeckt! Deine Bücher, dann daß die arme alte Steenbocken Briefe für mich angenommen hat, meine stillen heimlichen Pläne für die Zukunft &#x2013; Alles, Alles! Ich komme mir vor wie ein Mensch, dem man alle Kisten und Kasten erbrochen und geleert hat, und dem das Beste und Liebste im Staub herumgezerrt worden. Morgens, wenn ich aufwache &#x2013; so öde, so leer, und dazu diese nebeligen nassen Herbsttage, so grau, so todt, zum Verzweifeln. Gott mag wissen, was aus mir werden soll! Sie
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[344/0352] Uebermuth erwartete, in Anmaßung und Pietätlosigkeit umschlägt. Besinne Dich auf Dich selbst, mein Sohn; am tiefsten hat mich Dein Bestechungsversuch gekränkt! Er ist eigentlich unverzeihlich; ich entschuldige ihn mit Deiner großen Jugend. Einem Dreiundzwanzigjährigen sieht man gewisse Taktlosigkeiten nach. Nur verschone mich mit weiteren Episteln dieser Art, meine Nachsicht hat Grenzen! Dein Onkel Markwort, Pastor. Lisbeth Markwort an Axel Lorenzen. Wedel, 5. November 1892. Ach Axel, was hat Du angerichtet, was hast Du eigentlich Papa geschrieben? Er ist so furchtbar böse, und Mama und Tante würdigen mich keines Wortes, nachdem sie mich entsetzlich heruntergemacht haben. Es ist Alles entdeckt! Deine Bücher, dann daß die arme alte Steenbocken Briefe für mich angenommen hat, meine stillen heimlichen Pläne für die Zukunft – Alles, Alles! Ich komme mir vor wie ein Mensch, dem man alle Kisten und Kasten erbrochen und geleert hat, und dem das Beste und Liebste im Staub herumgezerrt worden. Morgens, wenn ich aufwache – so öde, so leer, und dazu diese nebeligen nassen Herbsttage, so grau, so todt, zum Verzweifeln. Gott mag wissen, was aus mir werden soll! Sie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-26T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-26T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_fluegel_1895
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_fluegel_1895/352
Zitationshilfe: Frapan, Ilse [i. e. Ilse Akunian]: Flügel auf! Novellen. Berlin, 1895, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_fluegel_1895/352>, abgerufen am 20.04.2024.