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Frey, Jacob: Das erfüllte Versprechen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–107. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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zur Ruhe kommen bei dem Einsamen, die Erinnerung nämlich an den unglücklichen Verschwörer, der die Ursache dieses unablässigen Trommelschlages und Pfeifenklanges geworden. Und je banger die Sehnsucht nach Julien, das Verlangen, über ihre Lage Nachricht zu erhalten, sich bei Theobald regte, und je peinlicher er das Benehmen ihres Vaters empfand, um so qualvoller kam ihm auch die Ueberzeugung, daß er an dem gefangenen Hauptmanne ein schweres Unrecht begangen; denn wie manchen schmerzlichen Schlag mochte dieser von der stolzen Aristokratie empfangen haben, bevor er sein Leben zur offenen Bekämpfung derselben aufs Spiel gesetzt! -- Du hast kein Recht, dich über die Unbill zu beklagen, die dir angethan wird, sprach es unablässig in ihm; du hast es an diesem Unglücklichen verdient, ... Scherge menschlicher Ungerechtigkeit! --

Eines Abends kam der Meister Hänni mit der Nachricht, daß der Hauptmann Henzi mit noch zwei andern Verschwörern, dem großen Stadtlieutenant Fueter und dem Kaufmanne Wernier, zum Tode verurtheilt seien und bereits morgen hingerichtet werden sollten. Obwohl dieser Ausgang von Anfang an vorauszusehen gewesen, machte die Kunde doch eine erschütternde Wirkung auf Theobald. -- Und auf die Schuld, die du an diesem Blute trägst, wirst du dein Lebensglück aufbauen, rief er erbleichend aus; du träumst von beseligender Liebe, während vielleicht das letzte Wort des Sterbenden deinen Namen verflucht. Suche wenigstens seine Ver-

zur Ruhe kommen bei dem Einsamen, die Erinnerung nämlich an den unglücklichen Verschwörer, der die Ursache dieses unablässigen Trommelschlages und Pfeifenklanges geworden. Und je banger die Sehnsucht nach Julien, das Verlangen, über ihre Lage Nachricht zu erhalten, sich bei Theobald regte, und je peinlicher er das Benehmen ihres Vaters empfand, um so qualvoller kam ihm auch die Ueberzeugung, daß er an dem gefangenen Hauptmanne ein schweres Unrecht begangen; denn wie manchen schmerzlichen Schlag mochte dieser von der stolzen Aristokratie empfangen haben, bevor er sein Leben zur offenen Bekämpfung derselben aufs Spiel gesetzt! — Du hast kein Recht, dich über die Unbill zu beklagen, die dir angethan wird, sprach es unablässig in ihm; du hast es an diesem Unglücklichen verdient, … Scherge menschlicher Ungerechtigkeit! —

Eines Abends kam der Meister Hänni mit der Nachricht, daß der Hauptmann Henzi mit noch zwei andern Verschwörern, dem großen Stadtlieutenant Fueter und dem Kaufmanne Wernier, zum Tode verurtheilt seien und bereits morgen hingerichtet werden sollten. Obwohl dieser Ausgang von Anfang an vorauszusehen gewesen, machte die Kunde doch eine erschütternde Wirkung auf Theobald. — Und auf die Schuld, die du an diesem Blute trägst, wirst du dein Lebensglück aufbauen, rief er erbleichend aus; du träumst von beseligender Liebe, während vielleicht das letzte Wort des Sterbenden deinen Namen verflucht. Suche wenigstens seine Ver-

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[0092] zur Ruhe kommen bei dem Einsamen, die Erinnerung nämlich an den unglücklichen Verschwörer, der die Ursache dieses unablässigen Trommelschlages und Pfeifenklanges geworden. Und je banger die Sehnsucht nach Julien, das Verlangen, über ihre Lage Nachricht zu erhalten, sich bei Theobald regte, und je peinlicher er das Benehmen ihres Vaters empfand, um so qualvoller kam ihm auch die Ueberzeugung, daß er an dem gefangenen Hauptmanne ein schweres Unrecht begangen; denn wie manchen schmerzlichen Schlag mochte dieser von der stolzen Aristokratie empfangen haben, bevor er sein Leben zur offenen Bekämpfung derselben aufs Spiel gesetzt! — Du hast kein Recht, dich über die Unbill zu beklagen, die dir angethan wird, sprach es unablässig in ihm; du hast es an diesem Unglücklichen verdient, … Scherge menschlicher Ungerechtigkeit! — Eines Abends kam der Meister Hänni mit der Nachricht, daß der Hauptmann Henzi mit noch zwei andern Verschwörern, dem großen Stadtlieutenant Fueter und dem Kaufmanne Wernier, zum Tode verurtheilt seien und bereits morgen hingerichtet werden sollten. Obwohl dieser Ausgang von Anfang an vorauszusehen gewesen, machte die Kunde doch eine erschütternde Wirkung auf Theobald. — Und auf die Schuld, die du an diesem Blute trägst, wirst du dein Lebensglück aufbauen, rief er erbleichend aus; du träumst von beseligender Liebe, während vielleicht das letzte Wort des Sterbenden deinen Namen verflucht. Suche wenigstens seine Ver-

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T15:04:13Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T15:04:13Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Frey, Jacob: Das erfüllte Versprechen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–107. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frey_versprechen_1910/92>, abgerufen am 28.04.2024.