eben desselben Sterns in d um einen Grad von der in o verschieden, so würde daraus folgen, daß der Bogen od einen Grad des Mittagskreises betrüge. Wenn man nun durch geometrische Mittel die Länge des Weges od in gewöhnlichen Maaßen abmäße, so würde sich daraus die Größe eines Grades vom Umfange der Erdkugel, und unter der Voraussetzung, daß sie eine vollkommne Kugel sey, durch Multiplication mit 360 die Länge des Umfangs, mithin auch die des Durchmessers, und überhaupt die Größe der ganzen Kugel ergeben. Ehe wir aber diese Untersuchungen weiter fortsetzen können, müssen wir zuvor die eigentliche Gestalt der Erde genauer prüfen. Abgeplattete Gestalt der Erde.
Die physikalische Ursache, welche der Erde bey ihrer Entstehung eine kugelähnliche Rundung gegeben hat, ist unstreitig die Schwere der ganzen zur Erde gehörigen Materie, s. Gravitation, Schwere der Erdkörper. Diese Kraft, von deren Daseyn uns die Erfahrung überzeugt, ob wir gleich ihre Ursache nicht kennen, treibt jeden zur Erde gehörigen Theil der Materie nach allen übrigen zu, woraus eine mittlere Richtung nach dem gemeinschaftlichen Mittelpunkte aller Anziehungen entstehet, nicht als ob dieser Mittelpunkt mit einer besondern Kraft versehen wäre, sondern weil die Gravitationen nach allen auf verschiedenen Seiten liegenden Theilen durch ihr Zusammenkommen eine Bewegung oder Sollicitation nach dieser mittlern Richtung bewirken. So muß sich eine Menge von Theilen, in welche keine weitere Kraft, als diese ihre wechselseitige Gravitation gegen einander wirkt, von selbst in die Gestalt einer Kugel ordnen, weil die Theile von allen Seiten her so nahe, als möglich, auf das Ganze zu gehen, und sich so lange bewegen und vertheilen werden, bis auf allen Seiten eine völlige Gleichförmigkeit statt findet. Aus eben dieser Ursache finden wir auch die Kugelgestalt an allen bisher bekannten Himmelskörpern.
Die Erfahrung belehret uns, daß die Richtung der Schwere, an allen Orten der Erdfläche, auf der Oberfläche
eben deſſelben Sterns in d um einen Grad von der in o verſchieden, ſo wuͤrde daraus folgen, daß der Bogen od einen Grad des Mittagskreiſes betruͤge. Wenn man nun durch geometriſche Mittel die Laͤnge des Weges od in gewoͤhnlichen Maaßen abmaͤße, ſo wuͤrde ſich daraus die Groͤße eines Grades vom Umfange der Erdkugel, und unter der Vorausſetzung, daß ſie eine vollkommne Kugel ſey, durch Multiplication mit 360 die Laͤnge des Umfangs, mithin auch die des Durchmeſſers, und uͤberhaupt die Groͤße der ganzen Kugel ergeben. Ehe wir aber dieſe Unterſuchungen weiter fortſetzen koͤnnen, muͤſſen wir zuvor die eigentliche Geſtalt der Erde genauer pruͤfen. Abgeplattete Geſtalt der Erde.
Die phyſikaliſche Urſache, welche der Erde bey ihrer Entſtehung eine kugelaͤhnliche Rundung gegeben hat, iſt unſtreitig die Schwere der ganzen zur Erde gehoͤrigen Materie, ſ. Gravitation, Schwere der Erdkoͤrper. Dieſe Kraft, von deren Daſeyn uns die Erfahrung uͤberzeugt, ob wir gleich ihre Urſache nicht kennen, treibt jeden zur Erde gehoͤrigen Theil der Materie nach allen uͤbrigen zu, woraus eine mittlere Richtung nach dem gemeinſchaftlichen Mittelpunkte aller Anziehungen entſtehet, nicht als ob dieſer Mittelpunkt mit einer beſondern Kraft verſehen waͤre, ſondern weil die Gravitationen nach allen auf verſchiedenen Seiten liegenden Theilen durch ihr Zuſammenkommen eine Bewegung oder Sollicitation nach dieſer mittlern Richtung bewirken. So muß ſich eine Menge von Theilen, in welche keine weitere Kraft, als dieſe ihre wechſelſeitige Gravitation gegen einander wirkt, von ſelbſt in die Geſtalt einer Kugel ordnen, weil die Theile von allen Seiten her ſo nahe, als moͤglich, auf das Ganze zu gehen, und ſich ſo lange bewegen und vertheilen werden, bis auf allen Seiten eine voͤllige Gleichfoͤrmigkeit ſtatt findet. Aus eben dieſer Urſache finden wir auch die Kugelgeſtalt an allen bisher bekannten Himmelskoͤrpern.
Die Erfahrung belehret uns, daß die Richtung der Schwere, an allen Orten der Erdflaͤche, auf der Oberflaͤche
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eben deſſelben Sterns in d um einen Grad von der in o verſchieden, ſo wuͤrde daraus folgen, daß der Bogen od einen Grad des Mittagskreiſes betruͤge. Wenn man nun durch geometriſche Mittel die Laͤnge des Weges od in gewoͤhnlichen Maaßen abmaͤße, ſo wuͤrde ſich daraus die Groͤße eines Grades vom Umfange der Erdkugel, und unter der Vorausſetzung, daß ſie eine vollkommne Kugel ſey, durch Multiplication mit 360 die Laͤnge des Umfangs, mithin auch die des Durchmeſſers, und uͤberhaupt die Groͤße der ganzen Kugel ergeben. Ehe wir aber dieſe Unterſuchungen weiter fortſetzen koͤnnen, muͤſſen wir zuvor die eigentliche Geſtalt der Erde genauer pruͤfen. Abgeplattete Geſtalt der Erde.
Die phyſikaliſche Urſache, welche der Erde bey ihrer Entſtehung eine kugelaͤhnliche Rundung gegeben hat, iſt unſtreitig die Schwere der ganzen zur Erde gehoͤrigen Materie, ſ. Gravitation, Schwere der Erdkoͤrper. Dieſe Kraft, von deren Daſeyn uns die Erfahrung uͤberzeugt, ob wir gleich ihre Urſache nicht kennen, treibt jeden zur Erde gehoͤrigen Theil der Materie nach allen uͤbrigen zu, woraus eine mittlere Richtung nach dem gemeinſchaftlichen Mittelpunkte aller Anziehungen entſtehet, nicht als ob dieſer Mittelpunkt mit einer beſondern Kraft verſehen waͤre, ſondern weil die Gravitationen nach allen auf verſchiedenen Seiten liegenden Theilen durch ihr Zuſammenkommen eine Bewegung oder Sollicitation nach dieſer mittlern Richtung bewirken. So muß ſich eine Menge von Theilen, in welche keine weitere Kraft, als dieſe ihre wechſelſeitige Gravitation gegen einander wirkt, von ſelbſt in die Geſtalt einer Kugel ordnen, weil die Theile von allen Seiten her ſo nahe, als moͤglich, auf das Ganze zu gehen, und ſich ſo lange bewegen und vertheilen werden, bis auf allen Seiten eine voͤllige Gleichfoͤrmigkeit ſtatt findet. Aus eben dieſer Urſache finden wir auch die Kugelgeſtalt an allen bisher bekannten Himmelskoͤrpern.
Die Erfahrung belehret uns, daß die Richtung der Schwere, an allen Orten der Erdflaͤche, auf der Oberflaͤche
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/29>, abgerufen am 03.10.2024.
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