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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

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des Aequators, daß aber auch diese Abplattung nicht sehr beträchtlich sey.

Aehnliche Abplattungen haben Cassini am Jupiter, und ganz neuerlich Herr Herschel am Mars bemerket, welche beyde Planeten sich ebenfalls, der erste in etwa 10, der zweyte in 24 1/2 Stunden, um ihre Axen drehen, s. Jupiter, Mars. Man sieht hieraus, wie genau die aus dem kopernikanischen Weltsystem und den Gesetzen der Gravitation und Schwungkraft gezognen Folgen mit der Natur übereinstimmen. Größe der Erde.

Die im Vorigen bereits angegebne Art, die Größe des Bogens vom Mittagskreise od (Taf. VIII. Fig. 2.) dadurch zu finden, daß man bemerkt, um wieviel beym Fortgange von o nach d der Pol, Aequator, oder irgend ein bestimmter Punkt im Mittagskreise, seinen Abstand vom Zenith oder Horizonte ändert, ist schon bey den Griechen zur Abmessung der Erde angewendet worden.

Das Vorgeben, daß Anaximander von Milet, einer der vornehmsten Schüler des Thales, die erste Abmessung der Erde unternommen habe, gründet sich blos auf eine übel verstandne Stelle des Diogenes Laertius (Vit. Philos. L. II. [fremdsprachliches Material]), welche nichts weiter sagt, als daß dieser Weltweise den Umfang der Küsten von den damals bekannten Ländern zuerst in einer Zeichnung dargestellt habe. Eben so wenig kan man eine vom Archytas aus Tarent veranstaltete Erdmessung aus der Stelle des Horaz (Od. I. 28.):

Te maris et terrae, numeroque carentis arenae Mensorem, Archyta etc.

beweisen, da der Dichter offenbar blos die Absicht hat, die Talente und Kenntnisse des Archytas zu erheben.

Die erste historisch gewisse Abmessung der Erde ist die von Eratosthenes in Alexandrien (400 Jahre v. C. G.), deren außer dem Strabo und Plinius, auch Cleomedes (Theoria cyclica, Basil. apud Henr. Petri 1547. 8. cap. 10.) gedenkt. Eratosthenes nahm hiebey an, daß die Stadt


des Aequators, daß aber auch dieſe Abplattung nicht ſehr betraͤchtlich ſey.

Aehnliche Abplattungen haben Caſſini am Jupiter, und ganz neuerlich Herr Herſchel am Mars bemerket, welche beyde Planeten ſich ebenfalls, der erſte in etwa 10, der zweyte in 24 1/2 Stunden, um ihre Axen drehen, ſ. Jupiter, Mars. Man ſieht hieraus, wie genau die aus dem kopernikaniſchen Weltſyſtem und den Geſetzen der Gravitation und Schwungkraft gezognen Folgen mit der Natur uͤbereinſtimmen. Groͤße der Erde.

Die im Vorigen bereits angegebne Art, die Groͤße des Bogens vom Mittagskreiſe od (Taf. VIII. Fig. 2.) dadurch zu finden, daß man bemerkt, um wieviel beym Fortgange von o nach d der Pol, Aequator, oder irgend ein beſtimmter Punkt im Mittagskreiſe, ſeinen Abſtand vom Zenith oder Horizonte aͤndert, iſt ſchon bey den Griechen zur Abmeſſung der Erde angewendet worden.

Das Vorgeben, daß Anaximander von Milet, einer der vornehmſten Schuͤler des Thales, die erſte Abmeſſung der Erde unternommen habe, gruͤndet ſich blos auf eine uͤbel verſtandne Stelle des Diogenes Laertius (Vit. Philoſ. L. II. [fremdsprachliches Material]), welche nichts weiter ſagt, als daß dieſer Weltweiſe den Umfang der Kuͤſten von den damals bekannten Laͤndern zuerſt in einer Zeichnung dargeſtellt habe. Eben ſo wenig kan man eine vom Archytas aus Tarent veranſtaltete Erdmeſſung aus der Stelle des Horaz (Od. I. 28.):

Te maris et terrae, numeroque carentis arenae Menſorem, Archyta etc.

beweiſen, da der Dichter offenbar blos die Abſicht hat, die Talente und Kenntniſſe des Archytas zu erheben.

Die erſte hiſtoriſch gewiſſe Abmeſſung der Erde iſt die von Eratoſthenes in Alexandrien (400 Jahre v. C. G.), deren außer dem Strabo und Plinius, auch Cleomedes (Theoria cyclica, Baſil. apud Henr. Petri 1547. 8. cap. 10.) gedenkt. Eratoſthenes nahm hiebey an, daß die Stadt

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[33/0039] des Aequators, daß aber auch dieſe Abplattung nicht ſehr betraͤchtlich ſey. Aehnliche Abplattungen haben Caſſini am Jupiter, und ganz neuerlich Herr Herſchel am Mars bemerket, welche beyde Planeten ſich ebenfalls, der erſte in etwa 10, der zweyte in 24 1/2 Stunden, um ihre Axen drehen, ſ. Jupiter, Mars. Man ſieht hieraus, wie genau die aus dem kopernikaniſchen Weltſyſtem und den Geſetzen der Gravitation und Schwungkraft gezognen Folgen mit der Natur uͤbereinſtimmen. Groͤße der Erde. Die im Vorigen bereits angegebne Art, die Groͤße des Bogens vom Mittagskreiſe od (Taf. VIII. Fig. 2.) dadurch zu finden, daß man bemerkt, um wieviel beym Fortgange von o nach d der Pol, Aequator, oder irgend ein beſtimmter Punkt im Mittagskreiſe, ſeinen Abſtand vom Zenith oder Horizonte aͤndert, iſt ſchon bey den Griechen zur Abmeſſung der Erde angewendet worden. Das Vorgeben, daß Anaximander von Milet, einer der vornehmſten Schuͤler des Thales, die erſte Abmeſſung der Erde unternommen habe, gruͤndet ſich blos auf eine uͤbel verſtandne Stelle des Diogenes Laertius (Vit. Philoſ. L. II. _ ), welche nichts weiter ſagt, als daß dieſer Weltweiſe den Umfang der Kuͤſten von den damals bekannten Laͤndern zuerſt in einer Zeichnung dargeſtellt habe. Eben ſo wenig kan man eine vom Archytas aus Tarent veranſtaltete Erdmeſſung aus der Stelle des Horaz (Od. I. 28.): Te maris et terrae, numeroque carentis arenae Menſorem, Archyta etc. beweiſen, da der Dichter offenbar blos die Abſicht hat, die Talente und Kenntniſſe des Archytas zu erheben. Die erſte hiſtoriſch gewiſſe Abmeſſung der Erde iſt die von Eratoſthenes in Alexandrien (400 Jahre v. C. G.), deren außer dem Strabo und Plinius, auch Cleomedes (Theoria cyclica, Baſil. apud Henr. Petri 1547. 8. cap. 10.) gedenkt. Eratoſthenes nahm hiebey an, daß die Stadt

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/39>, abgerufen am 29.03.2024.