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Gercke, Hermann: Die Torpedowaffe. Berlin, 1898.

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Zweiter Abschnitt. Die verschiedenen, jetzt gebräuchlichen Torpedos.
Rohre mit Ausnahme des Bugrohres mithin dem Personal
allein zufällt.

Wenn die Waffe funktioniren soll, so darf weder beim Bau
noch bei der Konservirung, weder beim Exerziren noch beim Schießen,
in einem Worte, es darf an keiner Stelle eine Unterlassungssünde
begangen worden sein oder geschehen.

Ein Staubkorn im Schieber der Steuermaschine, eine falsche
Regulatorfederspannung, ein falsch eingestellter Tiefenapparat, eine
schlechte Maschinenarretirung, ein verbogener Oeffnungshebel, eine
falsche Lanzirung, ein falsches Bedienen des Zielapparates, ein
ungünstiger Auftreffwinkel und vieles Andere können den Erfolg aus-
schließen oder zum Mindesten in Frage stellen. Daher gehörte zum
Schießen in erster Linie eine gewissermaßen tadellose Vergangenheit
des Materiales. Und thatsächlich ist hiermit nicht zu viel gesagt, denn
jeder Torpedo hat seine Vergangenheit und seine Eigenart, und je
länger das Personal mit demselben umgegangen ist, desto besser.
Demnächst gehört zum Schießen das Aufpumpen des Torpedos und
eine kurze Schlußrevision der integrirenden Theile. Dann wird der
Torpedo geladen, d. h. in das Ausstoßrohr gebracht und letzteres
mittelst Pulverpatrone und Zündschraube oder mittelst Luftpatrone
für Hand- oder elektrische Abfeuerung fertig gemacht. Bei Unter-
wasserrohren tritt das Oeffnen der Schleusen und Fluthen des
Rohres hinzu. Schwenkbare Rohre werden auf eine bestimmte
Schußrichtung gestellt.

Das Funktioniren des Tiefenapparates und des Pendels sind
früher schon beschrieben worden. Beim Schießen mit Torpedos ist
zu bedenken, daß das Ingangsetzen des Geschosses nicht mit derselben
Geschwindigkeit wie bei Geschützen erfolgt. Es tritt mithin eine
gewisse Verzögerung ein. Entgegen dem Geschosse aus einer Kanone
verliert der Torpedo die aus der Fahrt des eigenen Schiffes
resultirende seitliche Vorwärtsbewegung, sobald er in das Wasser
tritt. Es treten vielmehr infolge des Lanzirens ein: eine Ablenkung
aus der Schußrichtung des Torpedos und ein Retardiren des Pendels.

Der Torpedo tritt mit dem Kopf zuerst in das Wasser, folglich
wird er abgelenkt. Der seitlich erfolgende Stoß trifft den Torpedo
aber auch nicht in seinem Schwerpunkte, folglich wird der Torpedo
um seine Längsachse gedreht. In solcher, d. h. also in schiefer Lage

Zweiter Abſchnitt. Die verſchiedenen, jetzt gebräuchlichen Torpedos.
Rohre mit Ausnahme des Bugrohres mithin dem Perſonal
allein zufällt.

Wenn die Waffe funktioniren ſoll, ſo darf weder beim Bau
noch bei der Konſervirung, weder beim Exerziren noch beim Schießen,
in einem Worte, es darf an keiner Stelle eine Unterlaſſungsſünde
begangen worden ſein oder geſchehen.

Ein Staubkorn im Schieber der Steuermaſchine, eine falſche
Regulatorfederſpannung, ein falſch eingeſtellter Tiefenapparat, eine
ſchlechte Maſchinenarretirung, ein verbogener Oeffnungshebel, eine
falſche Lanzirung, ein falſches Bedienen des Zielapparates, ein
ungünſtiger Auftreffwinkel und vieles Andere können den Erfolg aus-
ſchließen oder zum Mindeſten in Frage ſtellen. Daher gehörte zum
Schießen in erſter Linie eine gewiſſermaßen tadelloſe Vergangenheit
des Materiales. Und thatſächlich iſt hiermit nicht zu viel geſagt, denn
jeder Torpedo hat ſeine Vergangenheit und ſeine Eigenart, und je
länger das Perſonal mit demſelben umgegangen iſt, deſto beſſer.
Demnächſt gehört zum Schießen das Aufpumpen des Torpedos und
eine kurze Schlußreviſion der integrirenden Theile. Dann wird der
Torpedo geladen, d. h. in das Ausſtoßrohr gebracht und letzteres
mittelſt Pulverpatrone und Zündſchraube oder mittelſt Luftpatrone
für Hand- oder elektriſche Abfeuerung fertig gemacht. Bei Unter-
waſſerrohren tritt das Oeffnen der Schleuſen und Fluthen des
Rohres hinzu. Schwenkbare Rohre werden auf eine beſtimmte
Schußrichtung geſtellt.

Das Funktioniren des Tiefenapparates und des Pendels ſind
früher ſchon beſchrieben worden. Beim Schießen mit Torpedos iſt
zu bedenken, daß das Ingangſetzen des Geſchoſſes nicht mit derſelben
Geſchwindigkeit wie bei Geſchützen erfolgt. Es tritt mithin eine
gewiſſe Verzögerung ein. Entgegen dem Geſchoſſe aus einer Kanone
verliert der Torpedo die aus der Fahrt des eigenen Schiffes
reſultirende ſeitliche Vorwärtsbewegung, ſobald er in das Waſſer
tritt. Es treten vielmehr infolge des Lanzirens ein: eine Ablenkung
aus der Schußrichtung des Torpedos und ein Retardiren des Pendels.

Der Torpedo tritt mit dem Kopf zuerſt in das Waſſer, folglich
wird er abgelenkt. Der ſeitlich erfolgende Stoß trifft den Torpedo
aber auch nicht in ſeinem Schwerpunkte, folglich wird der Torpedo
um ſeine Längsachſe gedreht. In ſolcher, d. h. alſo in ſchiefer Lage

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[44/0058] Zweiter Abſchnitt. Die verſchiedenen, jetzt gebräuchlichen Torpedos. Rohre mit Ausnahme des Bugrohres mithin dem Perſonal allein zufällt. Wenn die Waffe funktioniren ſoll, ſo darf weder beim Bau noch bei der Konſervirung, weder beim Exerziren noch beim Schießen, in einem Worte, es darf an keiner Stelle eine Unterlaſſungsſünde begangen worden ſein oder geſchehen. Ein Staubkorn im Schieber der Steuermaſchine, eine falſche Regulatorfederſpannung, ein falſch eingeſtellter Tiefenapparat, eine ſchlechte Maſchinenarretirung, ein verbogener Oeffnungshebel, eine falſche Lanzirung, ein falſches Bedienen des Zielapparates, ein ungünſtiger Auftreffwinkel und vieles Andere können den Erfolg aus- ſchließen oder zum Mindeſten in Frage ſtellen. Daher gehörte zum Schießen in erſter Linie eine gewiſſermaßen tadelloſe Vergangenheit des Materiales. Und thatſächlich iſt hiermit nicht zu viel geſagt, denn jeder Torpedo hat ſeine Vergangenheit und ſeine Eigenart, und je länger das Perſonal mit demſelben umgegangen iſt, deſto beſſer. Demnächſt gehört zum Schießen das Aufpumpen des Torpedos und eine kurze Schlußreviſion der integrirenden Theile. Dann wird der Torpedo geladen, d. h. in das Ausſtoßrohr gebracht und letzteres mittelſt Pulverpatrone und Zündſchraube oder mittelſt Luftpatrone für Hand- oder elektriſche Abfeuerung fertig gemacht. Bei Unter- waſſerrohren tritt das Oeffnen der Schleuſen und Fluthen des Rohres hinzu. Schwenkbare Rohre werden auf eine beſtimmte Schußrichtung geſtellt. Das Funktioniren des Tiefenapparates und des Pendels ſind früher ſchon beſchrieben worden. Beim Schießen mit Torpedos iſt zu bedenken, daß das Ingangſetzen des Geſchoſſes nicht mit derſelben Geſchwindigkeit wie bei Geſchützen erfolgt. Es tritt mithin eine gewiſſe Verzögerung ein. Entgegen dem Geſchoſſe aus einer Kanone verliert der Torpedo die aus der Fahrt des eigenen Schiffes reſultirende ſeitliche Vorwärtsbewegung, ſobald er in das Waſſer tritt. Es treten vielmehr infolge des Lanzirens ein: eine Ablenkung aus der Schußrichtung des Torpedos und ein Retardiren des Pendels. Der Torpedo tritt mit dem Kopf zuerſt in das Waſſer, folglich wird er abgelenkt. Der ſeitlich erfolgende Stoß trifft den Torpedo aber auch nicht in ſeinem Schwerpunkte, folglich wird der Torpedo um ſeine Längsachſe gedreht. In ſolcher, d. h. alſo in ſchiefer Lage

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Zitationshilfe: Gercke, Hermann: Die Torpedowaffe. Berlin, 1898, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gercke_torpedowaffe_1898/58>, abgerufen am 25.04.2024.