Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Glaßbrenner, Adolf: Der Weihnachtsmarkt. Aus: Berliner Volksleben. Band 1, S. 233–272. Leipzig, 1847.

Bild:
<< vorherige Seite
Stud. med. Mach' keine schlechten Witze!
Baron. Zum Donnerwetter, mach' Du nur keine, und spiele mit mir hier nicht Komödie! Für so bornirt wirst Du mich doch nicht halten, daß ich an Deine platonischen Sentiments glauben könnte. Ich seh' Dich schon als Romeo nach dem Colosseumball unter der Gaslaterne, gerade wenn der Nachtwächter vier Uhr tutet, auf der Straße Deiner Julia harren. Das Fenster öffnet sich, die Putzmacherin kriecht durch, steigt auf den Kellerhals, reicht Dir, dem Hinankletternden, die zarte rothe Hand im Handschuh - der Du sein möchtest, um ihre Wange zu küssen - und flüstert Dir fragend zu: "Seind Sie es, Studente?"
Stud. med. Das paßt nicht auf meine Angebetete dort, auf jenen Glanz in solcher niedern Hütte. Uebrigens fühle ich gegenwärtig einen bedeutungsvollen Durst, ich kann wohl sagen: mehrere Dürste. Wir wollen in die Weinkneipe; ich habe Pump. Ich kenne einen Weinhändler, der sehr leichtsinnig in dieser Hinsicht ist.
Baron (nimmt ihn unter den Arm). Dem Manne kann geholfen werden.
Geschrei: Walddeibelverkoof! Hallohverkoof!
Spielwaarenhändler Knipske (steht, sehr bunt und auffallend gekleidet, in seiner Bude, lockt die Vorübergehenden an und unterhält die Anschauer seiner Waaren, indem er so viel wie möglich witzig zu sein strebt). Nun, meine schwerdgewetzten Herren und Damen, haben Sie die Güte, gegen sofortige baare Bezahlung nach Belieben zuzulangen. Mein erst Gefühl sei Preuß'sch Courant, mein zweites
Stud. med. Mach’ keine schlechten Witze!
Baron. Zum Donnerwetter, mach’ Du nur keine, und spiele mit mir hier nicht Komödie! Für so bornirt wirst Du mich doch nicht halten, daß ich an Deine platonischen Sentiments glauben könnte. Ich seh’ Dich schon als Romeo nach dem Colosseumball unter der Gaslaterne, gerade wenn der Nachtwächter vier Uhr tutet, auf der Straße Deiner Julia harren. Das Fenster öffnet sich, die Putzmacherin kriecht durch, steigt auf den Kellerhals, reicht Dir, dem Hinankletternden, die zarte rothe Hand im Handschuh – der Du sein möchtest, um ihre Wange zu küssen – und flüstert Dir fragend zu: „Seind Sie es, Studente?“
Stud. med. Das paßt nicht auf meine Angebetete dort, auf jenen Glanz in solcher niedern Hütte. Uebrigens fühle ich gegenwärtig einen bedeutungsvollen Durst, ich kann wohl sagen: mehrere Dürste. Wir wollen in die Weinkneipe; ich habe Pump. Ich kenne einen Weinhändler, der sehr leichtsinnig in dieser Hinsicht ist.
Baron (nimmt ihn unter den Arm). Dem Manne kann geholfen werden.
Geschrei: Walddeibelverkoof! Hallohverkoof!
Spielwaarenhändler Knipske (steht, sehr bunt und auffallend gekleidet, in seiner Bude, lockt die Vorübergehenden an und unterhält die Anschauer seiner Waaren, indem er so viel wie möglich witzig zu sein strebt). Nun, meine schwerdgewetzten Herren und Damen, haben Sie die Güte, gegen sofortige baare Bezahlung nach Belieben zuzulangen. Mein erst Gefühl sei Preuß’sch Courant, mein zweites
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0023" n="253"/>
        <sp>
          <speaker><hi rendition="#g">Stud. med</hi>.</speaker>
          <p>Mach&#x2019; keine schlechten Witze!</p>
        </sp>
        <sp>
          <speaker><hi rendition="#g">Baron</hi>.</speaker>
          <p>Zum Donnerwetter, mach&#x2019; Du nur keine, und spiele mit mir hier nicht Komödie! Für so bornirt wirst Du mich doch nicht halten, daß ich an Deine platonischen Sentiments glauben könnte. Ich seh&#x2019; Dich schon als Romeo nach dem Colosseumball unter der Gaslaterne, gerade wenn der Nachtwächter vier Uhr tutet, auf der Straße Deiner Julia harren. Das Fenster öffnet sich, die Putzmacherin kriecht durch, steigt auf den Kellerhals, reicht Dir, dem Hinankletternden, die zarte rothe Hand im Handschuh &#x2013; der Du sein möchtest, um ihre Wange zu küssen &#x2013; und flüstert Dir fragend zu: &#x201E;Seind Sie es, Studente?&#x201C;</p>
        </sp>
        <sp>
          <speaker><hi rendition="#g">Stud. med</hi>.</speaker>
          <p>Das paßt nicht auf meine Angebetete dort, auf jenen Glanz in solcher niedern Hütte. Uebrigens fühle ich gegenwärtig einen bedeutungsvollen Durst, ich kann wohl sagen: mehrere Dürste. Wir wollen in die Weinkneipe; ich habe Pump. Ich kenne einen Weinhändler, der sehr leichtsinnig in dieser Hinsicht ist.</p>
        </sp>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#g">Baron</hi> </speaker>
          <stage>(nimmt ihn unter den Arm).</stage>
          <p>Dem Manne kann geholfen werden.</p>
        </sp>
        <sp>
          <speaker><hi rendition="#g">Geschrei</hi>:</speaker>
          <p>Walddeibelverkoof! <hi rendition="#g">Hall</hi>ohverkoof!</p>
        </sp>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#g">Spielwaarenhändler Knipske</hi> </speaker>
          <stage>(steht, sehr bunt und auffallend gekleidet, in seiner Bude, lockt die Vorübergehenden an und unterhält die Anschauer seiner Waaren, indem er so viel wie möglich witzig zu sein strebt).</stage>
          <p>Nun, meine schwerdgewetzten Herren und Damen, haben Sie die Güte, gegen sofortige baare Bezahlung nach Belieben zuzulangen. Mein erst Gefühl sei Preuß&#x2019;sch Courant, mein zweites
</p>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[253/0023] Stud. med. Mach’ keine schlechten Witze! Baron. Zum Donnerwetter, mach’ Du nur keine, und spiele mit mir hier nicht Komödie! Für so bornirt wirst Du mich doch nicht halten, daß ich an Deine platonischen Sentiments glauben könnte. Ich seh’ Dich schon als Romeo nach dem Colosseumball unter der Gaslaterne, gerade wenn der Nachtwächter vier Uhr tutet, auf der Straße Deiner Julia harren. Das Fenster öffnet sich, die Putzmacherin kriecht durch, steigt auf den Kellerhals, reicht Dir, dem Hinankletternden, die zarte rothe Hand im Handschuh – der Du sein möchtest, um ihre Wange zu küssen – und flüstert Dir fragend zu: „Seind Sie es, Studente?“ Stud. med. Das paßt nicht auf meine Angebetete dort, auf jenen Glanz in solcher niedern Hütte. Uebrigens fühle ich gegenwärtig einen bedeutungsvollen Durst, ich kann wohl sagen: mehrere Dürste. Wir wollen in die Weinkneipe; ich habe Pump. Ich kenne einen Weinhändler, der sehr leichtsinnig in dieser Hinsicht ist. Baron (nimmt ihn unter den Arm). Dem Manne kann geholfen werden. Geschrei: Walddeibelverkoof! Hallohverkoof! Spielwaarenhändler Knipske (steht, sehr bunt und auffallend gekleidet, in seiner Bude, lockt die Vorübergehenden an und unterhält die Anschauer seiner Waaren, indem er so viel wie möglich witzig zu sein strebt). Nun, meine schwerdgewetzten Herren und Damen, haben Sie die Güte, gegen sofortige baare Bezahlung nach Belieben zuzulangen. Mein erst Gefühl sei Preuß’sch Courant, mein zweites

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-12-17T12:18:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-12-17T12:18:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-12-17T12:18:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/glassbrenner_weihnachtsmarkt_1847
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/glassbrenner_weihnachtsmarkt_1847/23
Zitationshilfe: Glaßbrenner, Adolf: Der Weihnachtsmarkt. Aus: Berliner Volksleben. Band 1, S. 233–272. Leipzig, 1847, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glassbrenner_weihnachtsmarkt_1847/23>, abgerufen am 03.10.2024.