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Gleim, Johann Wilhelm Ludwig: Versuch in Scherzhaften Liedern. Bd. 2. Berlin, 1745.

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noch eine Sammlung von Gedichten eben der
Art übergebe. Konte ich wol eine bessere Gele-
legenheit ergreifen, dir meine Erkentlichkeit zu be-
zeigen? (*) Es geschiehet so gar wieder Wissen

meines
(*) Ich darf meinen Geliebten wieder keine verdrieß-
liche Geister vertheidigen. Seine Lieder sind nur
freundlichen Kunstrichtern, und frölichen Lesern
in die Hände gerathen. Die Frau von Sevigne,
meine beste Freundin unter den Todten, deren
Briefe so niedlich sind, als die Lieder des Anakreon,
die ich für die beste Scherzrichterin halte, weil sie
selbst so glükklich scherzte, war, bei gleicher Gele-
genheit, nicht so glükklich, als ich. Wie muste
sie sich nicht über die traurigen Feinde der scherz-
haftesten Dichter Frankreichs, des Benserade, und
des Fontaine ärgern, als sie an den Grafen von
Bussy schrieb: Jouissons, mon cher Cousin, de ce
beau sang, qui circule si doucement & si agrea-
blement dans nos veines. Tous vos plaisirs, vos
amusemens, vos tromperies, vos lettres & vos
vers m'ont donne une veritable joie, & sur tout,
ce que vous ecrivez pour defendre Benserade &
la Fontaine
, contre ce vilain factum. Je l'avois
deja fait en basse notte a tous ceux, qui vouloient
louer cette noire satire. Je trouve que l'Auteur
fait voir clairement, qu'il n'est ni du monde, ni
de la Cour, & que son goaut est d'une pedanterie
qu'on ne peut pas meme esperer de corriger. Il

noch eine Sammlung von Gedichten eben der
Art übergebe. Konte ich wol eine beſſere Gele-
legenheit ergreifen, dir meine Erkentlichkeit zu be-
zeigen? (*) Es geſchiehet ſo gar wieder Wiſſen

meines
(*) Ich darf meinen Geliebten wieder keine verdrieß-
liche Geiſter vertheidigen. Seine Lieder ſind nur
freundlichen Kunſtrichtern, und frölichen Leſern
in die Hände gerathen. Die Frau von Sevigne,
meine beſte Freundin unter den Todten, deren
Briefe ſo niedlich ſind, als die Lieder des Anakreon,
die ich für die beſte Scherzrichterin halte, weil ſie
ſelbſt ſo glükklich ſcherzte, war, bei gleicher Gele-
genheit, nicht ſo glükklich, als ich. Wie muſte
ſie ſich nicht über die traurigen Feinde der ſcherz-
hafteſten Dichter Frankreichs, des Benſerade, und
des Fontaine ärgern, als ſie an den Grafen von
Buſſy ſchrieb: Jouiſſons, mon cher Couſin, de ce
beau ſang, qui circule ſi doucement & ſi agréa-
blement dans nos veines. Tous vos plaiſirs, vos
amuſemens, vos tromperies, vos lettres & vos
vers m’ont donné une veritable joie, & ſur tout,
ce que vous écrivez pour defendre Benſerade &
la Fontaine
, contre ce vilain factum. Je l’avois
déja fait en baſſe notte à tous ceux, qui vouloient
louer cette noire ſatire. Je trouve que l’Auteur
fait voir clairement, qu’il n’eſt ni du monde, ni
de la Cour, & que ſon goût eſt d’une pedanterie
qu’on ne peut pas même eſperer de corriger. Il
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[IV/0006] noch eine Sammlung von Gedichten eben der Art übergebe. Konte ich wol eine beſſere Gele- legenheit ergreifen, dir meine Erkentlichkeit zu be- zeigen? (*) Es geſchiehet ſo gar wieder Wiſſen meines (*) Ich darf meinen Geliebten wieder keine verdrieß- liche Geiſter vertheidigen. Seine Lieder ſind nur freundlichen Kunſtrichtern, und frölichen Leſern in die Hände gerathen. Die Frau von Sevigne, meine beſte Freundin unter den Todten, deren Briefe ſo niedlich ſind, als die Lieder des Anakreon, die ich für die beſte Scherzrichterin halte, weil ſie ſelbſt ſo glükklich ſcherzte, war, bei gleicher Gele- genheit, nicht ſo glükklich, als ich. Wie muſte ſie ſich nicht über die traurigen Feinde der ſcherz- hafteſten Dichter Frankreichs, des Benſerade, und des Fontaine ärgern, als ſie an den Grafen von Buſſy ſchrieb: Jouiſſons, mon cher Couſin, de ce beau ſang, qui circule ſi doucement & ſi agréa- blement dans nos veines. Tous vos plaiſirs, vos amuſemens, vos tromperies, vos lettres & vos vers m’ont donné une veritable joie, & ſur tout, ce que vous écrivez pour defendre Benſerade & la Fontaine, contre ce vilain factum. Je l’avois déja fait en baſſe notte à tous ceux, qui vouloient louer cette noire ſatire. Je trouve que l’Auteur fait voir clairement, qu’il n’eſt ni du monde, ni de la Cour, & que ſon goût eſt d’une pedanterie qu’on ne peut pas même eſperer de corriger. Il

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Zitationshilfe: Gleim, Johann Wilhelm Ludwig: Versuch in Scherzhaften Liedern. Bd. 2. Berlin, 1745, S. IV. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gleim_versuch02_1745/6>, abgerufen am 28.03.2024.