Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.

Bild:
<< vorherige Seite

de Iustitia et Iure.
den, welche die Summe von 500 Solidis übersteigen,
nur ein Lex secundum quid prohibitiva sey, denn
solche Schenkungen werden nicht schlechterdings verbo-
ten, sondern sie sollen nur nicht ohne gerichtliche Insi-
nuation geschehen. Es ist auch wohl gewiß, daß bey
dieser Verordnung hauptsächlich das Beste des Schen-
kenden beabsichtiget worden sey, um denselben für über-
eilte und unbedachtsame Schenkungen beträchtlicher Sum-
men zu verwahren 84); und dennoch kann diesem Verbot
nicht rechtsgültig renunciirt werden. Andere 85) machen
einen Unterschied, ob der Grund des verbietenden Gesetzes
vorzüglich in der Wohlfahrt des Staats liege, und dann
finde schlechterdings keine Entsagung statt, dies sey der
Sinn der L. 38. D. de pactis: ius publicum pactis pri-
vatorum mutari non potest;
oder ob das verbietende
Gesez vorzüglich nur das Interesse gewisser Persohnen
zum Grunde habe, in diesem letztern Fall will man
zwar eine Renunciation zulassen, aber man fügt wieder
so viele Einschränkungen hinzu, daß hiexdurch die auf-
gestellte Regel beynahe ganz wieder umgestossen wird.
Man sagt nehmlich, wenn von solchen verbietenden Ge-
setzen, welche zugleich mit die gemeine Wohlfarth zur
Absicht haben, oder von Persohnen, welche wegen ihres
Geschlechts, Alters u. s. f. nichts zu ihrem Nachtheil
vornehmen können, oder von solchen Rechten, wobey zu-
gleich das Interesse eines dritten obwaltet, die Rede

sey,
84) S. Höpfner im Commentar über die Institut.
§. 413. und Claproth in der theoret. pract.
Rechtswissenschaft von freywilligen Ge-

richtshandlungen. (Göttingen, 1789.) §. 196.
85) Diese Meynung hegt H. Hofr. Hartleben in seinen
Meditat. ad Pand. Spec. 8. welchem H. Reg. R.
Eichmann in den Erklärungen des bürgerlichen
Rechts
Th. I. S. 35. und folg. ganz beygetreten ist.

de Iuſtitia et Iure.
den, welche die Summe von 500 Solidis uͤberſteigen,
nur ein Lex ſecundum quid prohibitiva ſey, denn
ſolche Schenkungen werden nicht ſchlechterdings verbo-
ten, ſondern ſie ſollen nur nicht ohne gerichtliche Inſi-
nuation geſchehen. Es iſt auch wohl gewiß, daß bey
dieſer Verordnung hauptſaͤchlich das Beſte des Schen-
kenden beabſichtiget worden ſey, um denſelben fuͤr uͤber-
eilte und unbedachtſame Schenkungen betraͤchtlicher Sum-
men zu verwahren 84); und dennoch kann dieſem Verbot
nicht rechtsguͤltig renunciirt werden. Andere 85) machen
einen Unterſchied, ob der Grund des verbietenden Geſetzes
vorzuͤglich in der Wohlfahrt des Staats liege, und dann
finde ſchlechterdings keine Entſagung ſtatt, dies ſey der
Sinn der L. 38. D. de pactis: ius publicum pactis pri-
vatorum mutari non poteſt;
oder ob das verbietende
Geſez vorzuͤglich nur das Intereſſe gewiſſer Perſohnen
zum Grunde habe, in dieſem letztern Fall will man
zwar eine Renunciation zulaſſen, aber man fuͤgt wieder
ſo viele Einſchraͤnkungen hinzu, daß hiexdurch die auf-
geſtellte Regel beynahe ganz wieder umgeſtoſſen wird.
Man ſagt nehmlich, wenn von ſolchen verbietenden Ge-
ſetzen, welche zugleich mit die gemeine Wohlfarth zur
Abſicht haben, oder von Perſohnen, welche wegen ihres
Geſchlechts, Alters u. ſ. f. nichts zu ihrem Nachtheil
vornehmen koͤnnen, oder von ſolchen Rechten, wobey zu-
gleich das Intereſſe eines dritten obwaltet, die Rede

ſey,
84) S. Hoͤpfner im Commentar uͤber die Inſtitut.
§. 413. und Claproth in der theoret. pract.
Rechtswiſſenſchaft von freywilligen Ge-

richtshandlungen. (Goͤttingen, 1789.) §. 196.
85) Dieſe Meynung hegt H. Hofr. Hartleben in ſeinen
Meditat. ad Pand. Spec. 8. welchem H. Reg. R.
Eichmann in den Erklaͤrungen des buͤrgerlichen
Rechts
Th. I. S. 35. und folg. ganz beygetreten iſt.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0129" n="109"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">de Iu&#x017F;titia et Iure.</hi></fw><lb/>
den, welche die Summe von 500 <hi rendition="#aq">Solidis</hi> u&#x0364;ber&#x017F;teigen,<lb/>
nur ein <hi rendition="#aq">Lex &#x017F;ecundum quid prohibitiva</hi> &#x017F;ey, denn<lb/>
&#x017F;olche Schenkungen werden nicht &#x017F;chlechterdings verbo-<lb/>
ten, &#x017F;ondern &#x017F;ie &#x017F;ollen nur nicht ohne gerichtliche In&#x017F;i-<lb/>
nuation ge&#x017F;chehen. Es i&#x017F;t auch wohl gewiß, daß bey<lb/>
die&#x017F;er Verordnung haupt&#x017F;a&#x0364;chlich das Be&#x017F;te des Schen-<lb/>
kenden beab&#x017F;ichtiget worden &#x017F;ey, um den&#x017F;elben fu&#x0364;r u&#x0364;ber-<lb/>
eilte und unbedacht&#x017F;ame Schenkungen betra&#x0364;chtlicher Sum-<lb/>
men zu verwahren <note place="foot" n="84)">S. <hi rendition="#fr">Ho&#x0364;pfner</hi> im <hi rendition="#g">Commentar u&#x0364;ber die In&#x017F;titut.</hi><lb/>
§. 413. und Claproth in <hi rendition="#g">der theoret. pract.<lb/>
Rechtswi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft von freywilligen Ge-</hi><lb/>
richtshandlungen. (Go&#x0364;ttingen, 1789.) §. 196.</note>; und dennoch kann die&#x017F;em Verbot<lb/>
nicht rechtsgu&#x0364;ltig renunciirt werden. Andere <note place="foot" n="85)">Die&#x017F;e Meynung hegt H. Hofr. <hi rendition="#fr">Hartleben</hi> in &#x017F;einen<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Meditat. ad Pand.</hi> Spec.</hi> 8. welchem H. Reg. R.<lb/>
Eichmann in den <hi rendition="#g">Erkla&#x0364;rungen des bu&#x0364;rgerlichen<lb/>
Rechts</hi> Th. <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 35. und folg. ganz beygetreten i&#x017F;t.</note> machen<lb/>
einen Unter&#x017F;chied, ob der Grund des verbietenden Ge&#x017F;etzes<lb/>
vorzu&#x0364;glich in der Wohlfahrt des Staats liege, und dann<lb/>
finde &#x017F;chlechterdings keine Ent&#x017F;agung &#x017F;tatt, dies &#x017F;ey der<lb/>
Sinn der <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L. 38. D. de pactis:</hi> ius publicum pactis pri-<lb/>
vatorum mutari non pote&#x017F;t;</hi> oder ob das verbietende<lb/>
Ge&#x017F;ez vorzu&#x0364;glich nur das Intere&#x017F;&#x017F;e gewi&#x017F;&#x017F;er Per&#x017F;ohnen<lb/>
zum Grunde habe, in die&#x017F;em letztern Fall will man<lb/>
zwar eine Renunciation zula&#x017F;&#x017F;en, aber man fu&#x0364;gt wieder<lb/>
&#x017F;o viele Ein&#x017F;chra&#x0364;nkungen hinzu, daß hiexdurch die auf-<lb/>
ge&#x017F;tellte Regel beynahe ganz wieder umge&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en wird.<lb/>
Man &#x017F;agt nehmlich, wenn von &#x017F;olchen verbietenden Ge-<lb/>
&#x017F;etzen, welche zugleich mit die gemeine Wohlfarth zur<lb/>
Ab&#x017F;icht haben, oder von Per&#x017F;ohnen, welche wegen ihres<lb/>
Ge&#x017F;chlechts, Alters u. &#x017F;. f. nichts zu ihrem Nachtheil<lb/>
vornehmen ko&#x0364;nnen, oder von &#x017F;olchen Rechten, wobey zu-<lb/>
gleich das Intere&#x017F;&#x017F;e eines dritten obwaltet, die Rede<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ey,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[109/0129] de Iuſtitia et Iure. den, welche die Summe von 500 Solidis uͤberſteigen, nur ein Lex ſecundum quid prohibitiva ſey, denn ſolche Schenkungen werden nicht ſchlechterdings verbo- ten, ſondern ſie ſollen nur nicht ohne gerichtliche Inſi- nuation geſchehen. Es iſt auch wohl gewiß, daß bey dieſer Verordnung hauptſaͤchlich das Beſte des Schen- kenden beabſichtiget worden ſey, um denſelben fuͤr uͤber- eilte und unbedachtſame Schenkungen betraͤchtlicher Sum- men zu verwahren 84); und dennoch kann dieſem Verbot nicht rechtsguͤltig renunciirt werden. Andere 85) machen einen Unterſchied, ob der Grund des verbietenden Geſetzes vorzuͤglich in der Wohlfahrt des Staats liege, und dann finde ſchlechterdings keine Entſagung ſtatt, dies ſey der Sinn der L. 38. D. de pactis: ius publicum pactis pri- vatorum mutari non poteſt; oder ob das verbietende Geſez vorzuͤglich nur das Intereſſe gewiſſer Perſohnen zum Grunde habe, in dieſem letztern Fall will man zwar eine Renunciation zulaſſen, aber man fuͤgt wieder ſo viele Einſchraͤnkungen hinzu, daß hiexdurch die auf- geſtellte Regel beynahe ganz wieder umgeſtoſſen wird. Man ſagt nehmlich, wenn von ſolchen verbietenden Ge- ſetzen, welche zugleich mit die gemeine Wohlfarth zur Abſicht haben, oder von Perſohnen, welche wegen ihres Geſchlechts, Alters u. ſ. f. nichts zu ihrem Nachtheil vornehmen koͤnnen, oder von ſolchen Rechten, wobey zu- gleich das Intereſſe eines dritten obwaltet, die Rede ſey, 84) S. Hoͤpfner im Commentar uͤber die Inſtitut. §. 413. und Claproth in der theoret. pract. Rechtswiſſenſchaft von freywilligen Ge- richtshandlungen. (Goͤttingen, 1789.) §. 196. 85) Dieſe Meynung hegt H. Hofr. Hartleben in ſeinen Meditat. ad Pand. Spec. 8. welchem H. Reg. R. Eichmann in den Erklaͤrungen des buͤrgerlichen Rechts Th. I. S. 35. und folg. ganz beygetreten iſt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/129
Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/129>, abgerufen am 28.03.2024.