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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.

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Allein, da ich hierin schon mehrere Vorgänger habe,
so darf ich wohl ein solches Urtheil um so weniger
befürchten, je nothwendiger es zu Erreichung meines
Endzwecks zu seyn scheinet, meinen Vortrag in ein
deutsches Gewand einzukleiden. Ich habe mich zu
dem Ende einer ganz natürlichen und ungekünstelten
Schreibart beflissen, so wie sie sich zu einen wis-
senschaftlichen Vortrag schickt; dabey zwar alles
Blumen- und Bilderreiche, womit manche unsere
deutschen Rechtsgelehrten ihren Vortrag nicht ohne
Nachtheil der Deutlichkeit auszuschmücken pflegen,
sorgfältig zu vermeiden, doch aber meinem Styl die-
jenige Vollkommenheiten zu geben gesucht, welche ei-
ner männlichen und ernsthaften, aber doch unterhal-
tenden, Schreibart angemessen sind.

Sollte aber dieser erste Versuch nicht wenig-
stens für diejenigen, für welche er bestimmt ist, et-
was zu ausf hrlich, auch vielleicht etwas zu gelehrt
gerathen seyn? Ich wage es nicht diesen Vorwurf
ganz von mir abzulehnen. Allein gewisser maßen
brachte dieses der Plan meiner Arbeit mit sich. Denn
dieser erste Theil, welcher die ersten vier Titel der Pan-
decten, jedoch leztern noch nicht ganz vollendet, enthält,
liefert allgemeine Rechtsmaterien, die für die ganze
Rechtswissenschaft anwendbar sind. Sie sind gleichsam
als Vorerkenntnisse des gesammten Rechts anzusehen.
Sodann kommen in diesem Theil solche Wahrheiten
vor, die ihrer Natur nach dergleichen Vollständig-
keit und Aufwand einiger Gelehrsamkeit erforderten,
die man mir etwa zum Vorwurf machen möchte.
Hierher gehört die wichtige Materie von der Verbind-
lichkeit, desgleichen von der Auslegung der Gesetze;
von dem Gebrauch der Quellen, vom Gewohnheits-

recht

Allein, da ich hierin ſchon mehrere Vorgaͤnger habe,
ſo darf ich wohl ein ſolches Urtheil um ſo weniger
befuͤrchten, je nothwendiger es zu Erreichung meines
Endzwecks zu ſeyn ſcheinet, meinen Vortrag in ein
deutſches Gewand einzukleiden. Ich habe mich zu
dem Ende einer ganz natuͤrlichen und ungekuͤnſtelten
Schreibart befliſſen, ſo wie ſie ſich zu einen wiſ-
ſenſchaftlichen Vortrag ſchickt; dabey zwar alles
Blumen- und Bilderreiche, womit manche unſere
deutſchen Rechtsgelehrten ihren Vortrag nicht ohne
Nachtheil der Deutlichkeit auszuſchmuͤcken pflegen,
ſorgfaͤltig zu vermeiden, doch aber meinem Styl die-
jenige Vollkommenheiten zu geben geſucht, welche ei-
ner maͤnnlichen und ernſthaften, aber doch unterhal-
tenden, Schreibart angemeſſen ſind.

Sollte aber dieſer erſte Verſuch nicht wenig-
ſtens fuͤr diejenigen, fuͤr welche er beſtimmt iſt, et-
was zu ausf hrlich, auch vielleicht etwas zu gelehrt
gerathen ſeyn? Ich wage es nicht dieſen Vorwurf
ganz von mir abzulehnen. Allein gewiſſer maßen
brachte dieſes der Plan meiner Arbeit mit ſich. Denn
dieſer erſte Theil, welcher die erſten vier Titel der Pan-
decten, jedoch leztern noch nicht ganz vollendet, enthaͤlt,
liefert allgemeine Rechtsmaterien, die fuͤr die ganze
Rechtswiſſenſchaft anwendbar ſind. Sie ſind gleichſam
als Vorerkenntniſſe des geſammten Rechts anzuſehen.
Sodann kommen in dieſem Theil ſolche Wahrheiten
vor, die ihrer Natur nach dergleichen Vollſtaͤndig-
keit und Aufwand einiger Gelehrſamkeit erforderten,
die man mir etwa zum Vorwurf machen moͤchte.
Hierher gehoͤrt die wichtige Materie von der Verbind-
lichkeit, desgleichen von der Auslegung der Geſetze;
von dem Gebrauch der Quellen, vom Gewohnheits-

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[0014] Allein, da ich hierin ſchon mehrere Vorgaͤnger habe, ſo darf ich wohl ein ſolches Urtheil um ſo weniger befuͤrchten, je nothwendiger es zu Erreichung meines Endzwecks zu ſeyn ſcheinet, meinen Vortrag in ein deutſches Gewand einzukleiden. Ich habe mich zu dem Ende einer ganz natuͤrlichen und ungekuͤnſtelten Schreibart befliſſen, ſo wie ſie ſich zu einen wiſ- ſenſchaftlichen Vortrag ſchickt; dabey zwar alles Blumen- und Bilderreiche, womit manche unſere deutſchen Rechtsgelehrten ihren Vortrag nicht ohne Nachtheil der Deutlichkeit auszuſchmuͤcken pflegen, ſorgfaͤltig zu vermeiden, doch aber meinem Styl die- jenige Vollkommenheiten zu geben geſucht, welche ei- ner maͤnnlichen und ernſthaften, aber doch unterhal- tenden, Schreibart angemeſſen ſind. Sollte aber dieſer erſte Verſuch nicht wenig- ſtens fuͤr diejenigen, fuͤr welche er beſtimmt iſt, et- was zu ausf hrlich, auch vielleicht etwas zu gelehrt gerathen ſeyn? Ich wage es nicht dieſen Vorwurf ganz von mir abzulehnen. Allein gewiſſer maßen brachte dieſes der Plan meiner Arbeit mit ſich. Denn dieſer erſte Theil, welcher die erſten vier Titel der Pan- decten, jedoch leztern noch nicht ganz vollendet, enthaͤlt, liefert allgemeine Rechtsmaterien, die fuͤr die ganze Rechtswiſſenſchaft anwendbar ſind. Sie ſind gleichſam als Vorerkenntniſſe des geſammten Rechts anzuſehen. Sodann kommen in dieſem Theil ſolche Wahrheiten vor, die ihrer Natur nach dergleichen Vollſtaͤndig- keit und Aufwand einiger Gelehrſamkeit erforderten, die man mir etwa zum Vorwurf machen moͤchte. Hierher gehoͤrt die wichtige Materie von der Verbind- lichkeit, desgleichen von der Auslegung der Geſetze; von dem Gebrauch der Quellen, vom Gewohnheits- recht

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/14>, abgerufen am 29.03.2024.