den rebus divinis das natürliche, und unter den rebus humanis das positive Recht 45); die Rechtsgelahrheit sey also die Wissenschaft des natürlichen und positiven Rechts. Die Sache ist zu unbedeutend, um mich auf eine Prüfung dieser verschiedenen Erklärungen einzulassen.
§. 28. Zwey Haupteigenschaften des Rechtsgelehrten.
Ein Rechtsgelehrter, welcher auf die Würde die- ses Nahmens einen gegründeten Anspruch machen will, muß also a) eine Fertigkeit haben, die Gesetze auf die vorkommende Fälle anzuwenden. Ein Gesez anwen- den heißt im gegebenen Falle bestimmen, was nach den besondern Umständen desselben denen Gesetzen gemäß ist. Dieses kann von einem Richter, Rechtsconsulenten und Rechtslehrer geschehen. Eine solche Application, wenn sie richtig geschehen soll, erfordert 1) eine vollkommene Kenntnis sowohl des Factums mit allen dabey vorkom- menden Umständen an sich, als auch desjenigen, der die Handlung unternommen, oder zur Wirklichkeit ge- bracht hat. So z. B. muß der Eriminalrichter nicht nur das Verbrechen an sich, und dessen Umstände, als Zeit und Ort, sondern auch den Character und Lebens- wandel, auch übrige Verhältnisse des Missethäters in Erwägung ziehen, um darnach die Strafe der Absicht
des
Specim. iuris Digestor. ad Tit. de Iust. et IureLipsiae 1775. §. 2. brissoniusAntiquitat. Lib. IV. c. 16. hoepfnerin Commentar. §. 22. Desgleichen muretus, marcilius und ian.acosta ad §. 1. I. de I. et 1.
45)Iac.perenonius in Animadvers. Lib. I. cap. 24. und Ge. Sam.madihn in Institut. iuris civ. (Ha- lae 1764.) Praecogn. gen. Cap. II. Tit. 1. §. 57.
de Iuſtitia et Iure.
den rebus divinis das natuͤrliche, und unter den rebus humanis das poſitive Recht 45); die Rechtsgelahrheit ſey alſo die Wiſſenſchaft des natuͤrlichen und poſitiven Rechts. Die Sache iſt zu unbedeutend, um mich auf eine Pruͤfung dieſer verſchiedenen Erklaͤrungen einzulaſſen.
§. 28. Zwey Haupteigenſchaften des Rechtsgelehrten.
Ein Rechtsgelehrter, welcher auf die Wuͤrde die- ſes Nahmens einen gegruͤndeten Anſpruch machen will, muß alſo a) eine Fertigkeit haben, die Geſetze auf die vorkommende Faͤlle anzuwenden. Ein Geſez anwen- den heißt im gegebenen Falle beſtimmen, was nach den beſondern Umſtaͤnden deſſelben denen Geſetzen gemaͤß iſt. Dieſes kann von einem Richter, Rechtsconſulenten und Rechtslehrer geſchehen. Eine ſolche Application, wenn ſie richtig geſchehen ſoll, erfordert 1) eine vollkommene Kenntnis ſowohl des Factums mit allen dabey vorkom- menden Umſtaͤnden an ſich, als auch desjenigen, der die Handlung unternommen, oder zur Wirklichkeit ge- bracht hat. So z. B. muß der Eriminalrichter nicht nur das Verbrechen an ſich, und deſſen Umſtaͤnde, als Zeit und Ort, ſondern auch den Character und Lebens- wandel, auch uͤbrige Verhaͤltniſſe des Miſſethaͤters in Erwaͤgung ziehen, um darnach die Strafe der Abſicht
des
Specim. iuris Digeſtor. ad Tit. de Iuſt. et IureLipſiae 1775. §. 2. brissoniusAntiquitat. Lib. IV. c. 16. hoepfnerin Commentar. §. 22. Desgleichen muretus, marcilius und ian.acosta ad §. 1. I. de I. et 1.
45)Iac.perenonius in Animadverſ. Lib. I. cap. 24. und Ge. Sam.madihn in Inſtitut. iuris civ. (Ha- lae 1764.) Praecogn. gen. Cap. II. Tit. 1. §. 57.
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de Iuſtitia et Iure.
den rebus divinis das natuͤrliche, und unter den rebus
humanis das poſitive Recht 45); die Rechtsgelahrheit
ſey alſo die Wiſſenſchaft des natuͤrlichen und poſitiven
Rechts. Die Sache iſt zu unbedeutend, um mich auf
eine Pruͤfung dieſer verſchiedenen Erklaͤrungen einzulaſſen.
§. 28.
Zwey Haupteigenſchaften des Rechtsgelehrten.
Ein Rechtsgelehrter, welcher auf die Wuͤrde die-
ſes Nahmens einen gegruͤndeten Anſpruch machen will,
muß alſo a) eine Fertigkeit haben, die Geſetze auf die
vorkommende Faͤlle anzuwenden. Ein Geſez anwen-
den heißt im gegebenen Falle beſtimmen, was nach den
beſondern Umſtaͤnden deſſelben denen Geſetzen gemaͤß iſt.
Dieſes kann von einem Richter, Rechtsconſulenten und
Rechtslehrer geſchehen. Eine ſolche Application, wenn
ſie richtig geſchehen ſoll, erfordert 1) eine vollkommene
Kenntnis ſowohl des Factums mit allen dabey vorkom-
menden Umſtaͤnden an ſich, als auch desjenigen, der
die Handlung unternommen, oder zur Wirklichkeit ge-
bracht hat. So z. B. muß der Eriminalrichter nicht
nur das Verbrechen an ſich, und deſſen Umſtaͤnde, als
Zeit und Ort, ſondern auch den Character und Lebens-
wandel, auch uͤbrige Verhaͤltniſſe des Miſſethaͤters in
Erwaͤgung ziehen, um darnach die Strafe der Abſicht
des
44)
45) Iac. perenonius in Animadverſ. Lib. I. cap. 24.
und Ge. Sam. madihn in Inſtitut. iuris civ. (Ha-
lae 1764.) Praecogn. gen. Cap. II. Tit. 1. §. 57.
44) Specim. iuris Digeſtor. ad Tit. de Iuſt. et
Iure Lipſiae 1775. §. 2. brissonius Antiquitat.
Lib. IV. c. 16. hoepfner in Commentar. §. 22.
Desgleichen muretus, marcilius und ian. a costa
ad §. 1. I. de I. et 1.
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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/223>, abgerufen am 27.06.2022.
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