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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.

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de Iustitia et Iure.
andere sind zwar nicht durch Verbindungswörter, aber
doch durch unverkennbaren Zusammenhang ihres Inhalts
verbunden 28). Hieraus lässet sich auch erklären, war-
um Gesetze, die aus den Schriften eines Juristen ge-
nommen sind, oft an ganz verschiedenen Orten stehen.
Ist also die Ordnung der Gesetze in den Pandecten
nicht ganz zufällig, so folgt, daß man bey Erklärung
derselben hierauf allerdings Rücksicht zu nehmen ha-
be 29). Diese wird uns lehren, daß manches Gesez
der Pandecten wegen des Zusammenhangs und Gegen-
stands des Tituls, unter welchen dasselbe von den Com-
pilatoren ist gebracht worden, jezt allgemein zu verste-
hen sey, obschon die darin enthaltene Regel von dem
römischen Juristen, aus dessen Schriften das Fragment
genommen ist, blos zu Entscheidung eines besondern
Rechtsfalls, oder zur Erläuterung einer besondern recht-
lichen Materie oder Verordnung ursprünglich ist ge-
braucht worden 30). Es ist jedoch bey Anwendung der
Methode, die Gesetze der Pandecten aus ihrer Ord-
nung und ihrem Zusammenhange zu erklären mit gro-
ser Behutsamkeit zu verfahren, theils weil Tribonian
nicht überall auf zusammenhängende Ordnung einzelner
Gesetze dieselbe Sorgfalt verwandt zu haben scheinet,
sondern in manchen Tituln die Gesetze in keiner andern
Ordnung zusammengesezt hat, als in welcher sie den
Compilatoren bey der Lectüre der Schriften der Rechts-

gelehr-
28) Z. E. Lib. I. Tit. 3. L. 10 - 13. L.14 - 16. L. 32 - 40.
u. d. m.
29) Hiervon hat Herr D. Hufeland in der oben S. 206.
Note 49. angeführten Schrift umständlicher gehandelt.
30) Oben S. 65. habe ich bey Gelegenheit der L. 18. D.
de poenis
von dieser Auslegungsart Gebrauch gemacht.
Q 2

de Iuſtitia et Iure.
andere ſind zwar nicht durch Verbindungswoͤrter, aber
doch durch unverkennbaren Zuſammenhang ihres Inhalts
verbunden 28). Hieraus laͤſſet ſich auch erklaͤren, war-
um Geſetze, die aus den Schriften eines Juriſten ge-
nommen ſind, oft an ganz verſchiedenen Orten ſtehen.
Iſt alſo die Ordnung der Geſetze in den Pandecten
nicht ganz zufaͤllig, ſo folgt, daß man bey Erklaͤrung
derſelben hierauf allerdings Ruͤckſicht zu nehmen ha-
be 29). Dieſe wird uns lehren, daß manches Geſez
der Pandecten wegen des Zuſammenhangs und Gegen-
ſtands des Tituls, unter welchen daſſelbe von den Com-
pilatoren iſt gebracht worden, jezt allgemein zu verſte-
hen ſey, obſchon die darin enthaltene Regel von dem
roͤmiſchen Juriſten, aus deſſen Schriften das Fragment
genommen iſt, blos zu Entſcheidung eines beſondern
Rechtsfalls, oder zur Erlaͤuterung einer beſondern recht-
lichen Materie oder Verordnung urſpruͤnglich iſt ge-
braucht worden 30). Es iſt jedoch bey Anwendung der
Methode, die Geſetze der Pandecten aus ihrer Ord-
nung und ihrem Zuſammenhange zu erklaͤren mit gro-
ſer Behutſamkeit zu verfahren, theils weil Tribonian
nicht uͤberall auf zuſammenhaͤngende Ordnung einzelner
Geſetze dieſelbe Sorgfalt verwandt zu haben ſcheinet,
ſondern in manchen Tituln die Geſetze in keiner andern
Ordnung zuſammengeſezt hat, als in welcher ſie den
Compilatoren bey der Lectuͤre der Schriften der Rechts-

gelehr-
28) Z. E. Lib. I. Tit. 3. L. 10 ‒ 13. L.14 ‒ 16. L. 32 ‒ 40.
u. d. m.
29) Hiervon hat Herr D. Hufeland in der oben S. 206.
Note 49. angefuͤhrten Schrift umſtaͤndlicher gehandelt.
30) Oben S. 65. habe ich bey Gelegenheit der L. 18. D.
de poenis
von dieſer Auslegungsart Gebrauch gemacht.
Q 2
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[243/0263] de Iuſtitia et Iure. andere ſind zwar nicht durch Verbindungswoͤrter, aber doch durch unverkennbaren Zuſammenhang ihres Inhalts verbunden 28). Hieraus laͤſſet ſich auch erklaͤren, war- um Geſetze, die aus den Schriften eines Juriſten ge- nommen ſind, oft an ganz verſchiedenen Orten ſtehen. Iſt alſo die Ordnung der Geſetze in den Pandecten nicht ganz zufaͤllig, ſo folgt, daß man bey Erklaͤrung derſelben hierauf allerdings Ruͤckſicht zu nehmen ha- be 29). Dieſe wird uns lehren, daß manches Geſez der Pandecten wegen des Zuſammenhangs und Gegen- ſtands des Tituls, unter welchen daſſelbe von den Com- pilatoren iſt gebracht worden, jezt allgemein zu verſte- hen ſey, obſchon die darin enthaltene Regel von dem roͤmiſchen Juriſten, aus deſſen Schriften das Fragment genommen iſt, blos zu Entſcheidung eines beſondern Rechtsfalls, oder zur Erlaͤuterung einer beſondern recht- lichen Materie oder Verordnung urſpruͤnglich iſt ge- braucht worden 30). Es iſt jedoch bey Anwendung der Methode, die Geſetze der Pandecten aus ihrer Ord- nung und ihrem Zuſammenhange zu erklaͤren mit gro- ſer Behutſamkeit zu verfahren, theils weil Tribonian nicht uͤberall auf zuſammenhaͤngende Ordnung einzelner Geſetze dieſelbe Sorgfalt verwandt zu haben ſcheinet, ſondern in manchen Tituln die Geſetze in keiner andern Ordnung zuſammengeſezt hat, als in welcher ſie den Compilatoren bey der Lectuͤre der Schriften der Rechts- gelehr- 28) Z. E. Lib. I. Tit. 3. L. 10 ‒ 13. L.14 ‒ 16. L. 32 ‒ 40. u. d. m. 29) Hiervon hat Herr D. Hufeland in der oben S. 206. Note 49. angefuͤhrten Schrift umſtaͤndlicher gehandelt. 30) Oben S. 65. habe ich bey Gelegenheit der L. 18. D. de poenis von dieſer Auslegungsart Gebrauch gemacht. Q 2

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/263>, abgerufen am 14.05.2024.