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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.

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Landeshoheit, und den Besitzern die derselben entspre-
chende Unterthänigkeit zu 94). Daher auch die leztere
nur in sofern denen Gesetzen des Landes unterworfen
sind, als sie die liegenden Güter betreffen, weil sie in
sofern auch den Schuz und Sicherheit im Staate zu
geniessen haben. Beyde jezt gedachte Classen von Un-
terthanen werden beständige genennt, von welchen al-
so diejenigen zu unterscheiden sind, welche blos für zei-
tige Unterthanen
(subditi temporarii) gehalten
werden. Diese machen die dritte Classe von Untertha-
nen aus, und man verstehet darunter solche, welche
sich nur eine Zeitlang in einem Lande aufhalten, und
entweder dasselbe blos durchreisen, oder auch Geschäfte
halber sich daselbst befinden. Diese sind nur in Anse-
hung der Handlungen, die sie in dem Lande vorneh-
men, denen Gesetzen desselben unterworfen.

Solche zeitige Unterthanen müssen sich also denen
Gesetzen des Orts, wo sie sich aufhalten, unterwerfen:

1) wenn sie daselbst Processe führen. Denn
es ist ein unbestrittener Grundsaz, daß in allen Din-
gen, welche den Proceß und die Art des gerichtli-
chen Verfahrens betreffen, lediglich die Gesetze des
Forums, wo der Rechtshandel obschwebt, zu beobach-
ten sind

95)

. Diese muß der Richter bey rechtli-
chen
94) So ist es ordentlicher Weise, inzwischen kann
auch zuweilen nach der Verfassung einzelner Länder, wie
z. E. in Sachsen, der Güterbesiz in einem Lande die
völlige Unterthänigkeit bewirken, welches man den vol-
len Landsassiat
nennt. S. Lud. mencken de vi
superioritatis territorialis in territoriis
claus
.
§. 8 - 13.
95) C. F. hommel Rhapsod. Quaest. For. Obs.
CCCCIX. n.
10. und 16. Weber von der natürl.
Ver-
S 4

de Iuſtitia et Iure.
Landeshoheit, und den Beſitzern die derſelben entſpre-
chende Unterthaͤnigkeit zu 94). Daher auch die leztere
nur in ſofern denen Geſetzen des Landes unterworfen
ſind, als ſie die liegenden Guͤter betreffen, weil ſie in
ſofern auch den Schuz und Sicherheit im Staate zu
genieſſen haben. Beyde jezt gedachte Claſſen von Un-
terthanen werden beſtaͤndige genennt, von welchen al-
ſo diejenigen zu unterſcheiden ſind, welche blos fuͤr zei-
tige Unterthanen
(ſubditi temporarii) gehalten
werden. Dieſe machen die dritte Claſſe von Untertha-
nen aus, und man verſtehet darunter ſolche, welche
ſich nur eine Zeitlang in einem Lande aufhalten, und
entweder daſſelbe blos durchreiſen, oder auch Geſchaͤfte
halber ſich daſelbſt befinden. Dieſe ſind nur in Anſe-
hung der Handlungen, die ſie in dem Lande vorneh-
men, denen Geſetzen deſſelben unterworfen.

Solche zeitige Unterthanen muͤſſen ſich alſo denen
Geſetzen des Orts, wo ſie ſich aufhalten, unterwerfen:

1) wenn ſie daſelbſt Proceſſe fuͤhren. Denn
es iſt ein unbeſtrittener Grundſaz, daß in allen Din-
gen, welche den Proceß und die Art des gerichtli-
chen Verfahrens betreffen, lediglich die Geſetze des
Forums, wo der Rechtshandel obſchwebt, zu beobach-
ten ſind

95)

. Dieſe muß der Richter bey rechtli-
chen
94) So iſt es ordentlicher Weiſe, inzwiſchen kann
auch zuweilen nach der Verfaſſung einzelner Laͤnder, wie
z. E. in Sachſen, der Guͤterbeſiz in einem Lande die
voͤllige Unterthaͤnigkeit bewirken, welches man den vol-
len Landſaſſiat
nennt. S. Lud. mencken de vi
ſuperioritatis territorialis in territoriis
clauſ
.
§. 8 ‒ 13.
95) C. F. hommel Rhapſod. Quaeſt. For. Obſ.
CCCCIX. n.
10. und 16. Weber von der natuͤrl.
Ver-
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[279/0299] de Iuſtitia et Iure. Landeshoheit, und den Beſitzern die derſelben entſpre- chende Unterthaͤnigkeit zu 94). Daher auch die leztere nur in ſofern denen Geſetzen des Landes unterworfen ſind, als ſie die liegenden Guͤter betreffen, weil ſie in ſofern auch den Schuz und Sicherheit im Staate zu genieſſen haben. Beyde jezt gedachte Claſſen von Un- terthanen werden beſtaͤndige genennt, von welchen al- ſo diejenigen zu unterſcheiden ſind, welche blos fuͤr zei- tige Unterthanen (ſubditi temporarii) gehalten werden. Dieſe machen die dritte Claſſe von Untertha- nen aus, und man verſtehet darunter ſolche, welche ſich nur eine Zeitlang in einem Lande aufhalten, und entweder daſſelbe blos durchreiſen, oder auch Geſchaͤfte halber ſich daſelbſt befinden. Dieſe ſind nur in Anſe- hung der Handlungen, die ſie in dem Lande vorneh- men, denen Geſetzen deſſelben unterworfen. Solche zeitige Unterthanen muͤſſen ſich alſo denen Geſetzen des Orts, wo ſie ſich aufhalten, unterwerfen: 1) wenn ſie daſelbſt Proceſſe fuͤhren. Denn es iſt ein unbeſtrittener Grundſaz, daß in allen Din- gen, welche den Proceß und die Art des gerichtli- chen Verfahrens betreffen, lediglich die Geſetze des Forums, wo der Rechtshandel obſchwebt, zu beobach- ten ſind 95) . Dieſe muß der Richter bey rechtli- chen 94) So iſt es ordentlicher Weiſe, inzwiſchen kann auch zuweilen nach der Verfaſſung einzelner Laͤnder, wie z. E. in Sachſen, der Guͤterbeſiz in einem Lande die voͤllige Unterthaͤnigkeit bewirken, welches man den vol- len Landſaſſiat nennt. S. Lud. mencken de vi ſuperioritatis territorialis in territoriis clauſ. §. 8 ‒ 13. 95) C. F. hommel Rhapſod. Quaeſt. For. Obſ. CCCCIX. n. 10. und 16. Weber von der natuͤrl. Ver- S 4

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/299>, abgerufen am 28.03.2024.