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Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.

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1. Buch. 3. Tit.
§. 82.
Eintheilung des Rechts in geschriebenes und nicht geschrie-
benes. Erläuterung der §. 3. u. folgg. I. de I. N. G.
et C
.
und L. 32. et 35. D. de LL.

Es ist eine nicht nur in den Gesetzen ausdrücklich
enthaltene 2), sondern auch sehr wichtige Eintheilung
des Rechts, wenn solches, für Gesez genommen, in ein
geschriebenes (ius scriptum, lex scripta), und
nicht geschriebenes (ius non scriptum, lex non
scripta)
eingetheilet wird. Diese muß zuerst erkläret
werden, weil sie bey dem Begriffe des Gewohnheits-
rechts, als welches, wie Justinian 3) sagt, ex non
scripto venit,
zum Grunde liegt. Die Begriffe der
Rechtsgelehrten stimmen jedoch darinn nicht überein, was
eigentlich geschriebenes und nicht geschriebenes
Recht zu nennen sey. Die meisten sagen, das ius scri-
ptum
sey ein solches Recht, was ausdrücklich vom
Gesezgeber ist bekannt gemacht worden; ius non scri-
ptum
sey hingegen dasienige, so mit stillschweigender
Einwilligung des Gesezgebers durch Gewohnheit ent-
standen ist. Die Scriptur sey also bey einem geschrie-
benen Gesez nichts wesentliches 4). Eben dies scheint
auch die Meinung unsers A. zu seyn. Andere 5) ver-

werfen
2) §. 3. 1. de I. N. G. et C. L. 6. §. 1. D. de Iust. et Iu-
re. L. 32. D. de LL.
3) §. 9. I. de I. N. G. et Civ.
4) westenberg Princip. iuris sec. ord. Institution. Lib. I.
Tit. II.
§. 24. sagt: scriptum dicitur, quia plerumque
scribi solet: Scriptura enim non est de essentia legis
.
Man
sehe auch huber Praelect. Institut. tit. de iur. nat. gent.
et civ. §. 7
.
5) Dieser Meinung sind Christ. Lud. crell Observat. de
origine et virtute iuris non scripti. Vitemb.
1739. §. 1.
und gebauer Ord. Institut. Iustinian. Lib. I. Tit. II. §. 7.
und folgg.
1. Buch. 3. Tit.
§. 82.
Eintheilung des Rechts in geſchriebenes und nicht geſchrie-
benes. Erlaͤuterung der §. 3. u. folgg. I. de I. N. G.
et C
.
und L. 32. et 35. D. de LL.

Es iſt eine nicht nur in den Geſetzen ausdruͤcklich
enthaltene 2), ſondern auch ſehr wichtige Eintheilung
des Rechts, wenn ſolches, fuͤr Geſez genommen, in ein
geſchriebenes (ius ſcriptum, lex ſcripta), und
nicht geſchriebenes (ius non ſcriptum, lex non
ſcripta)
eingetheilet wird. Dieſe muß zuerſt erklaͤret
werden, weil ſie bey dem Begriffe des Gewohnheits-
rechts, als welches, wie Juſtinian 3) ſagt, ex non
ſcripto venit,
zum Grunde liegt. Die Begriffe der
Rechtsgelehrten ſtimmen jedoch darinn nicht uͤberein, was
eigentlich geſchriebenes und nicht geſchriebenes
Recht zu nennen ſey. Die meiſten ſagen, das ius ſcri-
ptum
ſey ein ſolches Recht, was ausdruͤcklich vom
Geſezgeber iſt bekannt gemacht worden; ius non ſcri-
ptum
ſey hingegen dasienige, ſo mit ſtillſchweigender
Einwilligung des Geſezgebers durch Gewohnheit ent-
ſtanden iſt. Die Scriptur ſey alſo bey einem geſchrie-
benen Geſez nichts weſentliches 4). Eben dies ſcheint
auch die Meinung unſers A. zu ſeyn. Andere 5) ver-

werfen
2) §. 3. 1. de I. N. G. et C. L. 6. §. 1. D. de Iuſt. et Iu-
re. L. 32. D. de LL.
3) §. 9. I. de I. N. G. et Civ.
4) westenberg Princip. iuris ſec. ord. Inſtitution. Lib. I.
Tit. II.
§. 24. ſagt: scriptum dicitur, quia plerumque
ſcribi ſolet: Scriptura enim non eſt de eſſentia legis
.
Man
ſehe auch huber Praelect. Inſtitut. tit. de iur. nat. gent.
et civ. §. 7
.
5) Dieſer Meinung ſind Chriſt. Lud. crell Obſervat. de
origine et virtute iuris non ſcripti. Vitemb.
1739. §. 1.
und gebauer Ord. Inſtitut. Iuſtinian. Lib. I. Tit. II. §. 7.
und folgg.
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[418/0438] 1. Buch. 3. Tit. §. 82. Eintheilung des Rechts in geſchriebenes und nicht geſchrie- benes. Erlaͤuterung der §. 3. u. folgg. I. de I. N. G. et C. und L. 32. et 35. D. de LL. Es iſt eine nicht nur in den Geſetzen ausdruͤcklich enthaltene 2), ſondern auch ſehr wichtige Eintheilung des Rechts, wenn ſolches, fuͤr Geſez genommen, in ein geſchriebenes (ius ſcriptum, lex ſcripta), und nicht geſchriebenes (ius non ſcriptum, lex non ſcripta) eingetheilet wird. Dieſe muß zuerſt erklaͤret werden, weil ſie bey dem Begriffe des Gewohnheits- rechts, als welches, wie Juſtinian 3) ſagt, ex non ſcripto venit, zum Grunde liegt. Die Begriffe der Rechtsgelehrten ſtimmen jedoch darinn nicht uͤberein, was eigentlich geſchriebenes und nicht geſchriebenes Recht zu nennen ſey. Die meiſten ſagen, das ius ſcri- ptum ſey ein ſolches Recht, was ausdruͤcklich vom Geſezgeber iſt bekannt gemacht worden; ius non ſcri- ptum ſey hingegen dasienige, ſo mit ſtillſchweigender Einwilligung des Geſezgebers durch Gewohnheit ent- ſtanden iſt. Die Scriptur ſey alſo bey einem geſchrie- benen Geſez nichts weſentliches 4). Eben dies ſcheint auch die Meinung unſers A. zu ſeyn. Andere 5) ver- werfen 2) §. 3. 1. de I. N. G. et C. L. 6. §. 1. D. de Iuſt. et Iu- re. L. 32. D. de LL. 3) §. 9. I. de I. N. G. et Civ. 4) westenberg Princip. iuris ſec. ord. Inſtitution. Lib. I. Tit. II. §. 24. ſagt: scriptum dicitur, quia plerumque ſcribi ſolet: Scriptura enim non eſt de eſſentia legis. Man ſehe auch huber Praelect. Inſtitut. tit. de iur. nat. gent. et civ. §. 7. 5) Dieſer Meinung ſind Chriſt. Lud. crell Obſervat. de origine et virtute iuris non ſcripti. Vitemb. 1739. §. 1. und gebauer Ord. Inſtitut. Iuſtinian. Lib. I. Tit. II. §. 7. und folgg.

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Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790, S. 418. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/438>, abgerufen am 18.04.2024.