Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790.

Bild:
<< vorherige Seite

de Legibus, Senatusconsultis et longa consuet.
Gesetzgebers bey dem Gewohnheitsrechte nichts weniger
als gegründer sey, wie solches auch schon andere mit meh-
rern gezeigt haben 62). Es kann vielmehr die Einwilli-
gung des Gesetzgebers, wodurch den Gewohnheiten gleich-
sam das Siegel des gesetzlichen Ansehens aufgedruckt
wird, eben sowohl eine ausdrücklich erklärte als eine
stillschweigende seyn. Ob nun wohl in Ansehung
des Effects kein Unterschied ist, ob der Gesetzgeber seine
Genehmigung in eine entstandene Gewohnheit ausdrück-
lich oder stillschweigend zu erkennen giebt; so ist doch der
Unterschied in Ansehung der Form dieser beiderlei Art
der Willenserklärung desto wichtiger. Denn so gewiß es
ist, daß aus dem blosen Stillschweigen sich nicht immer
gleich eine Einwilligung schliessen lässer, sofern nicht ent-
weder eine Verbindlichkeit vorhanden wäre, zu wieder-
sprechen, falls man mit dem, was geschieht, nicht zu-
frieden ist, oder das Stillschweigen nach den Umständen
der Sache gar keine andere vernünftige Erklärung litte,
als diese, daß es aus einer Einwilligung komme 63); so
unläugbar ist es auch, daß daraus allein, daß der Gesetz-
geber zu den Handlungen seiner Unterthanen, die sie bis-
her nach einer gewissen unter sich beobachteten Regel alle
auf einerley Art unternommen, stillschweigt, noch kei-

neswe-
62) S. hartleben Meditat. ad Pandect. Vol. I. P. I. Spec. XI.
med. 2. woltaer Observat iuris civ. Fascic. I. Obs.
7. §. 1.
und desselben Anmerkungen über Möller Distinct. iuris
feud.
S. 33. crell Observat. de origine et virtute iuris non
scripti. Obs.
2. am Ende S. 11. Weber Reflexionen zur
Beförderung einer gründlichen Theorie vom heut. Gebrauch
des röm. Rechts §. 24. Paul. Ios. a riegger Institut. iuris-
prud. ecclesiast. P. II.
§. 110. S. 59. besonders von dem busch
Diss. Cap. III. §. XXVI--XXXII.
63) S. Reinhardts Sammlung iurist. philosoph. u. krit. Auf-
sätze. I. Bandes 5. Stück. S. 308.
E e 5

de Legibus, Senatusconſultis et longa conſuet.
Geſetzgebers bey dem Gewohnheitsrechte nichts weniger
als gegruͤnder ſey, wie ſolches auch ſchon andere mit meh-
rern gezeigt haben 62). Es kann vielmehr die Einwilli-
gung des Geſetzgebers, wodurch den Gewohnheiten gleich-
ſam das Siegel des geſetzlichen Anſehens aufgedruckt
wird, eben ſowohl eine ausdruͤcklich erklaͤrte als eine
ſtillſchweigende ſeyn. Ob nun wohl in Anſehung
des Effects kein Unterſchied iſt, ob der Geſetzgeber ſeine
Genehmigung in eine entſtandene Gewohnheit ausdruͤck-
lich oder ſtillſchweigend zu erkennen giebt; ſo iſt doch der
Unterſchied in Anſehung der Form dieſer beiderlei Art
der Willenserklaͤrung deſto wichtiger. Denn ſo gewiß es
iſt, daß aus dem bloſen Stillſchweigen ſich nicht immer
gleich eine Einwilligung ſchlieſſen laͤſſer, ſofern nicht ent-
weder eine Verbindlichkeit vorhanden waͤre, zu wieder-
ſprechen, falls man mit dem, was geſchieht, nicht zu-
frieden iſt, oder das Stillſchweigen nach den Umſtaͤnden
der Sache gar keine andere vernuͤnftige Erklaͤrung litte,
als dieſe, daß es aus einer Einwilligung komme 63); ſo
unlaͤugbar iſt es auch, daß daraus allein, daß der Geſetz-
geber zu den Handlungen ſeiner Unterthanen, die ſie bis-
her nach einer gewiſſen unter ſich beobachteten Regel alle
auf einerley Art unternommen, ſtillſchweigt, noch kei-

neswe-
62) S. hartleben Meditat. ad Pandect. Vol. I. P. I. Spec. XI.
med. 2. woltaer Obſervat iuris civ. Faſcic. I. Obſ.
7. §. 1.
und deſſelben Anmerkungen uͤber Moͤller Diſtinct. iuris
feud.
S. 33. crell Obſervat. de origine et virtute iuris non
ſcripti. Obſ.
2. am Ende S. 11. Weber Reflexionen zur
Befoͤrderung einer gruͤndlichen Theorie vom heut. Gebrauch
des roͤm. Rechts §. 24. Paul. Ioſ. a riegger Inſtitut. iuris-
prud. eccleſiaſt. P. II.
§. 110. S. 59. beſonders von dem busch
Diſſ. Cap. III. §. XXVI—XXXII.
63) S. Reinhardts Sammlung iuriſt. philoſoph. u. krit. Auf-
ſaͤtze. I. Bandes 5. Stuͤck. S. 308.
E e 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0459" n="439"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">de Legibus, Senatuscon&#x017F;ultis et longa con&#x017F;uet.</hi></fw><lb/>
Ge&#x017F;etzgebers bey dem Gewohnheitsrechte nichts weniger<lb/>
als gegru&#x0364;nder &#x017F;ey, wie &#x017F;olches auch &#x017F;chon andere mit meh-<lb/>
rern gezeigt haben <note place="foot" n="62)">S. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">hartleben</hi> Meditat. ad Pandect. Vol. I. P. I. Spec. XI.<lb/>
med. 2. <hi rendition="#k">woltaer</hi> Ob&#x017F;ervat iuris civ. Fa&#x017F;cic. I. Ob&#x017F;.</hi> 7. §. 1.<lb/>
und <hi rendition="#g">de&#x017F;&#x017F;elben</hi> Anmerkungen u&#x0364;ber <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Mo&#x0364;ller Di&#x017F;tinct. iuris<lb/>
feud.</hi></hi> S. 33. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">crell</hi> Ob&#x017F;ervat. de origine et virtute iuris non<lb/>
&#x017F;cripti. Ob&#x017F;.</hi> 2. am Ende S. 11. <hi rendition="#g">Weber</hi> Reflexionen zur<lb/>
Befo&#x0364;rderung einer gru&#x0364;ndlichen Theorie vom heut. Gebrauch<lb/>
des ro&#x0364;m. Rechts §. 24. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Paul. Io&#x017F;. a</hi><hi rendition="#k">riegger</hi> In&#x017F;titut. iuris-<lb/>
prud. eccle&#x017F;ia&#x017F;t. P. II.</hi> §. 110. S. 59. be&#x017F;onders <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">von dem</hi><hi rendition="#k">busch</hi><lb/>
Di&#x017F;&#x017F;. Cap. III. §. XXVI&#x2014;XXXII.</hi></note>. Es kann vielmehr die Einwilli-<lb/>
gung des Ge&#x017F;etzgebers, wodurch den Gewohnheiten gleich-<lb/>
&#x017F;am das Siegel des ge&#x017F;etzlichen An&#x017F;ehens aufgedruckt<lb/>
wird, eben &#x017F;owohl eine <hi rendition="#g">ausdru&#x0364;cklich</hi> erkla&#x0364;rte als eine<lb/><hi rendition="#g">&#x017F;till&#x017F;chweigende</hi> &#x017F;eyn. Ob nun wohl in An&#x017F;ehung<lb/>
des Effects kein Unter&#x017F;chied i&#x017F;t, ob der Ge&#x017F;etzgeber &#x017F;eine<lb/>
Genehmigung in eine ent&#x017F;tandene Gewohnheit ausdru&#x0364;ck-<lb/>
lich oder &#x017F;till&#x017F;chweigend zu erkennen giebt; &#x017F;o i&#x017F;t doch der<lb/>
Unter&#x017F;chied in An&#x017F;ehung der Form die&#x017F;er beiderlei Art<lb/>
der Willenserkla&#x0364;rung de&#x017F;to wichtiger. Denn &#x017F;o gewiß es<lb/>
i&#x017F;t, daß aus dem blo&#x017F;en Still&#x017F;chweigen &#x017F;ich nicht immer<lb/>
gleich eine Einwilligung &#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en la&#x0364;&#x017F;&#x017F;er, &#x017F;ofern nicht ent-<lb/>
weder eine Verbindlichkeit vorhanden wa&#x0364;re, zu wieder-<lb/>
&#x017F;prechen, falls man mit dem, was ge&#x017F;chieht, nicht zu-<lb/>
frieden i&#x017F;t, oder das Still&#x017F;chweigen nach den Um&#x017F;ta&#x0364;nden<lb/>
der Sache gar keine andere vernu&#x0364;nftige Erkla&#x0364;rung litte,<lb/>
als die&#x017F;e, daß es aus einer Einwilligung komme <note place="foot" n="63)">S. <hi rendition="#g">Reinhardts</hi> Sammlung iuri&#x017F;t. philo&#x017F;oph. u. krit. Auf-<lb/>
&#x017F;a&#x0364;tze. <hi rendition="#aq">I.</hi> Bandes 5. Stu&#x0364;ck. S. 308.</note>; &#x017F;o<lb/>
unla&#x0364;ugbar i&#x017F;t es auch, daß daraus allein, daß der Ge&#x017F;etz-<lb/>
geber zu den Handlungen &#x017F;einer Unterthanen, die &#x017F;ie bis-<lb/>
her nach einer gewi&#x017F;&#x017F;en unter &#x017F;ich beobachteten Regel alle<lb/>
auf einerley Art unternommen, &#x017F;till&#x017F;chweigt, noch kei-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">E e 5</fw><fw place="bottom" type="catch">neswe-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[439/0459] de Legibus, Senatusconſultis et longa conſuet. Geſetzgebers bey dem Gewohnheitsrechte nichts weniger als gegruͤnder ſey, wie ſolches auch ſchon andere mit meh- rern gezeigt haben 62). Es kann vielmehr die Einwilli- gung des Geſetzgebers, wodurch den Gewohnheiten gleich- ſam das Siegel des geſetzlichen Anſehens aufgedruckt wird, eben ſowohl eine ausdruͤcklich erklaͤrte als eine ſtillſchweigende ſeyn. Ob nun wohl in Anſehung des Effects kein Unterſchied iſt, ob der Geſetzgeber ſeine Genehmigung in eine entſtandene Gewohnheit ausdruͤck- lich oder ſtillſchweigend zu erkennen giebt; ſo iſt doch der Unterſchied in Anſehung der Form dieſer beiderlei Art der Willenserklaͤrung deſto wichtiger. Denn ſo gewiß es iſt, daß aus dem bloſen Stillſchweigen ſich nicht immer gleich eine Einwilligung ſchlieſſen laͤſſer, ſofern nicht ent- weder eine Verbindlichkeit vorhanden waͤre, zu wieder- ſprechen, falls man mit dem, was geſchieht, nicht zu- frieden iſt, oder das Stillſchweigen nach den Umſtaͤnden der Sache gar keine andere vernuͤnftige Erklaͤrung litte, als dieſe, daß es aus einer Einwilligung komme 63); ſo unlaͤugbar iſt es auch, daß daraus allein, daß der Geſetz- geber zu den Handlungen ſeiner Unterthanen, die ſie bis- her nach einer gewiſſen unter ſich beobachteten Regel alle auf einerley Art unternommen, ſtillſchweigt, noch kei- neswe- 62) S. hartleben Meditat. ad Pandect. Vol. I. P. I. Spec. XI. med. 2. woltaer Obſervat iuris civ. Faſcic. I. Obſ. 7. §. 1. und deſſelben Anmerkungen uͤber Moͤller Diſtinct. iuris feud. S. 33. crell Obſervat. de origine et virtute iuris non ſcripti. Obſ. 2. am Ende S. 11. Weber Reflexionen zur Befoͤrderung einer gruͤndlichen Theorie vom heut. Gebrauch des roͤm. Rechts §. 24. Paul. Ioſ. a riegger Inſtitut. iuris- prud. eccleſiaſt. P. II. §. 110. S. 59. beſonders von dem busch Diſſ. Cap. III. §. XXVI—XXXII. 63) S. Reinhardts Sammlung iuriſt. philoſoph. u. krit. Auf- ſaͤtze. I. Bandes 5. Stuͤck. S. 308. E e 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/459
Zitationshilfe: Glück, Christian Friedrich von: Versuch einer ausführlichen Erläuterung der Pandecten nach Hellfeld ein Commentar für meine Zuhörer. Erlangen, 1790, S. 439. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/glueck_pandecten01_1790/459>, abgerufen am 28.03.2024.