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[Görres, Joseph:] [Rezension zu:] Des Knaben Wunderhorn. Alte deutsche Lieder gesammelt von L. A. v. Arnim u. C. Brentano. In: Heidelbergische Jahrbücher der Literatur, Fünfte Abtheilung. Philologie, Historie, schöne Literatur und Kunst, Jg. 2 (1809), Bd. 1, Heft 5, S. 222‒237 und Jg. 3 (1810), Bd. 2, Heft 9, S. 30‒52.

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Butzemann geht trommelnd im Reich herum; in der Schlacht bey Leipzig und Gustav Adolphs Tod lebt das Andenken des Schwedenkrieges noch fort; in der Jungfrau Lille und der Stadt Frankfurt spielt blanker Soldatenwitz; die beyden schönen Magdeburger Lieder sind ein Spiegel kräftigen altdeutschen Bürgermuthes; Georg von Fronsberg gibt sich selbst Zeugniß, wie er in seinem Leben sich gehalten, und mit freudigem Zuruf begrüßen ihn die Lanzknechte. Dazwischen schreit die Rewelge in hohen schneidenden Tönen, von dunkeln Schlägen der gedämpften Trommel begleitet, auf; der arme Tambursgesell nimmt Abschied von den Cameraden; wehklagend erzählt der gute Schweizer, wie das Alphorn ihm den Tod angethan; die verlorne Feldwacht singt ihr heimlich Nachtlied; mit ausgesuchten, gut gesetzten Worten wird frommer Soldaten seligster Tod gepriesen; der Krieger Handwerk rühmt der alte Lanzknecht im Soldatenglück; Liebesmanifest wird zwischendurch im galanten Kriegeslied getrommelt; Rößleins Art wird gepriesen im Reiterlied; in Freude thut der Marketenderin Herzchen floriren; "wär ich ein Knab geboren," seufzt das Mädel, weil die Mutter um den Reiter sie hart gescholten; aber der Trompetenstoß ruft, geschieden muß seyn, in zierlichem Trotte trabt der Reiter im Lustlager am Mädchen vorüber; ein spöttisch Lebewohl bringen die Scheidenden sich im geh du nur hin; aber in Thränen wird das Tüchlein gebadet, und Weh um Weh, Herz um Herz getauscht im Abschied für immer. Wieder wird der Landsturm aufgeboten in der gelehrten Republik im großen Kriegshymnus, und der Taumel ergreift selbst unvernünftige Creaturen, Kuckuck und Nachtigall wettstreiten miteinander; sogar Wasser und Wein hadern; im Siegeslied aber wird das große Te Deum gesungen; es wird der Regenbogen ausgespannt, und die Taube bringt in den Friedensliedern das Zeichen der Versöhnung.

Butzemann geht trommelnd im Reich herum; in der Schlacht bey Leipzig und Gustav Adolphs Tod lebt das Andenken des Schwedenkrieges noch fort; in der Jungfrau Lille und der Stadt Frankfurt spielt blanker Soldatenwitz; die beyden schoͤnen Magdeburger Lieder sind ein Spiegel kraͤftigen altdeutschen Buͤrgermuthes; Georg von Fronsberg gibt sich selbst Zeugniß, wie er in seinem Leben sich gehalten, und mit freudigem Zuruf begruͤßen ihn die Lanzknechte. Dazwischen schreit die Rewelge in hohen schneidenden Toͤnen, von dunkeln Schlaͤgen der gedaͤmpften Trommel begleitet, auf; der arme Tambursgesell nimmt Abschied von den Cameraden; wehklagend erzaͤhlt der gute Schweizer, wie das Alphorn ihm den Tod angethan; die verlorne Feldwacht singt ihr heimlich Nachtlied; mit ausgesuchten, gut gesetzten Worten wird frommer Soldaten seligster Tod gepriesen; der Krieger Handwerk ruͤhmt der alte Lanzknecht im Soldatengluͤck; Liebesmanifest wird zwischendurch im galanten Kriegeslied getrommelt; Roͤßleins Art wird gepriesen im Reiterlied; in Freude thut der Marketenderin Herzchen floriren; "waͤr ich ein Knab geboren," seufzt das Maͤdel, weil die Mutter um den Reiter sie hart gescholten; aber der Trompetenstoß ruft, geschieden muß seyn, in zierlichem Trotte trabt der Reiter im Lustlager am Maͤdchen voruͤber; ein spoͤttisch Lebewohl bringen die Scheidenden sich im geh du nur hin; aber in Thraͤnen wird das Tuͤchlein gebadet, und Weh um Weh, Herz um Herz getauscht im Abschied fuͤr immer. Wieder wird der Landsturm aufgeboten in der gelehrten Republik im großen Kriegshymnus, und der Taumel ergreift selbst unvernuͤnftige Creaturen, Kuckuck und Nachtigall wettstreiten miteinander; sogar Wasser und Wein hadern; im Siegeslied aber wird das große Te Deum gesungen; es wird der Regenbogen ausgespannt, und die Taube bringt in den Friedensliedern das Zeichen der Versoͤhnung.

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[33/0021] Butzemann geht trommelnd im Reich herum; in der Schlacht bey Leipzig und Gustav Adolphs Tod lebt das Andenken des Schwedenkrieges noch fort; in der Jungfrau Lille und der Stadt Frankfurt spielt blanker Soldatenwitz; die beyden schoͤnen Magdeburger Lieder sind ein Spiegel kraͤftigen altdeutschen Buͤrgermuthes; Georg von Fronsberg gibt sich selbst Zeugniß, wie er in seinem Leben sich gehalten, und mit freudigem Zuruf begruͤßen ihn die Lanzknechte. Dazwischen schreit die Rewelge in hohen schneidenden Toͤnen, von dunkeln Schlaͤgen der gedaͤmpften Trommel begleitet, auf; der arme Tambursgesell nimmt Abschied von den Cameraden; wehklagend erzaͤhlt der gute Schweizer, wie das Alphorn ihm den Tod angethan; die verlorne Feldwacht singt ihr heimlich Nachtlied; mit ausgesuchten, gut gesetzten Worten wird frommer Soldaten seligster Tod gepriesen; der Krieger Handwerk ruͤhmt der alte Lanzknecht im Soldatengluͤck; Liebesmanifest wird zwischendurch im galanten Kriegeslied getrommelt; Roͤßleins Art wird gepriesen im Reiterlied; in Freude thut der Marketenderin Herzchen floriren; "waͤr ich ein Knab geboren," seufzt das Maͤdel, weil die Mutter um den Reiter sie hart gescholten; aber der Trompetenstoß ruft, geschieden muß seyn, in zierlichem Trotte trabt der Reiter im Lustlager am Maͤdchen voruͤber; ein spoͤttisch Lebewohl bringen die Scheidenden sich im geh du nur hin; aber in Thraͤnen wird das Tuͤchlein gebadet, und Weh um Weh, Herz um Herz getauscht im Abschied fuͤr immer. Wieder wird der Landsturm aufgeboten in der gelehrten Republik im großen Kriegshymnus, und der Taumel ergreift selbst unvernuͤnftige Creaturen, Kuckuck und Nachtigall wettstreiten miteinander; sogar Wasser und Wein hadern; im Siegeslied aber wird das große Te Deum gesungen; es wird der Regenbogen ausgespannt, und die Taube bringt in den Friedensliedern das Zeichen der Versoͤhnung.

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Zitationshilfe: [Görres, Joseph:] [Rezension zu:] Des Knaben Wunderhorn. Alte deutsche Lieder gesammelt von L. A. v. Arnim u. C. Brentano. In: Heidelbergische Jahrbücher der Literatur, Fünfte Abtheilung. Philologie, Historie, schöne Literatur und Kunst, Jg. 2 (1809), Bd. 1, Heft 5, S. 222‒237 und Jg. 3 (1810), Bd. 2, Heft 9, S. 30‒52, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goerres_wunderhorn_1809/21>, abgerufen am 29.03.2024.