Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Eine Tragödie. Tübingen, 1808. Schüler. Verzeiht, ich halt' euch auf mit vielen Fragen, Allein ich muß euch noch bemüh'n. Wollt ihr mir von der Medicin Nicht auch ein kräftig Wörtchen sagen? Drey Jahr' ist eine kurze Zeit, Und, Gott! das Feld ist gar zu weit. Wenn man einen Fingerzeig nur hat, Läßt sich's schon eher weiter fühlen. Mephistopheles für sich. Ich bin des trocknen Tons nun satt, Muß wieder recht den Teufel spielen. Laut. Der Geist der Medicin ist leicht zu fassen; Ihr durchstudirt die groß' und kleine Welt, Um es am Ende gehn zu lassen, Wie's Gott gefällt. Vergebens daß ihr ringsum wissenschaftlich schweift, Ein jeder lernt nur was er lernen kann; Doch der den Augenblick ergreift, Das ist der rechte Mann. Ihr seyd noch ziemlich wohlgebaut, Schuͤler. Verzeiht, ich halt’ euch auf mit vielen Fragen, Allein ich muß euch noch bemuͤh’n. Wollt ihr mir von der Medicin Nicht auch ein kraͤftig Woͤrtchen ſagen? Drey Jahr’ iſt eine kurze Zeit, Und, Gott! das Feld iſt gar zu weit. Wenn man einen Fingerzeig nur hat, Laͤßt ſich’s ſchon eher weiter fuͤhlen. Mephiſtopheles fuͤr ſich. Ich bin des trocknen Tons nun ſatt, Muß wieder recht den Teufel ſpielen. Laut. Der Geiſt der Medicin iſt leicht zu faſſen; Ihr durchſtudirt die groß’ und kleine Welt, Um es am Ende gehn zu laſſen, Wie’s Gott gefaͤllt. Vergebens daß ihr ringsum wiſſenſchaftlich ſchweift, Ein jeder lernt nur was er lernen kann; Doch der den Augenblick ergreift, Das iſt der rechte Mann. Ihr ſeyd noch ziemlich wohlgebaut, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0129" n="123"/> <sp who="#SCHUE"> <speaker><hi rendition="#g">Schuͤler</hi>.</speaker><lb/> <p>Verzeiht, ich halt’ euch auf mit vielen Fragen,<lb/> Allein ich muß euch noch bemuͤh’n.<lb/> Wollt ihr mir von der Medicin<lb/> Nicht auch ein kraͤftig Woͤrtchen ſagen?<lb/> Drey Jahr’ iſt eine kurze Zeit,<lb/> Und, Gott! das Feld iſt gar zu weit.<lb/> Wenn man einen Fingerzeig nur hat,<lb/> Laͤßt ſich’s ſchon eher weiter fuͤhlen.</p> </sp><lb/> <sp who="#MEP"> <speaker> <hi rendition="#g">Mephiſtopheles</hi> </speaker> <stage>fuͤr ſich.</stage><lb/> <p>Ich bin des trocknen Tons nun ſatt,<lb/> Muß wieder recht den Teufel ſpielen.</p><lb/> <stage>Laut.</stage><lb/> <p>Der Geiſt der Medicin iſt leicht zu faſſen;<lb/> Ihr durchſtudirt die groß’ und kleine Welt,<lb/> Um es am Ende gehn zu laſſen,<lb/> Wie’s Gott gefaͤllt.<lb/> Vergebens daß ihr ringsum wiſſenſchaftlich ſchweift,<lb/> Ein jeder lernt nur was er lernen kann;<lb/> Doch der den Augenblick ergreift,<lb/> Das iſt der rechte Mann.<lb/> Ihr ſeyd noch ziemlich wohlgebaut,<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [123/0129]
Schuͤler.
Verzeiht, ich halt’ euch auf mit vielen Fragen,
Allein ich muß euch noch bemuͤh’n.
Wollt ihr mir von der Medicin
Nicht auch ein kraͤftig Woͤrtchen ſagen?
Drey Jahr’ iſt eine kurze Zeit,
Und, Gott! das Feld iſt gar zu weit.
Wenn man einen Fingerzeig nur hat,
Laͤßt ſich’s ſchon eher weiter fuͤhlen.
Mephiſtopheles fuͤr ſich.
Ich bin des trocknen Tons nun ſatt,
Muß wieder recht den Teufel ſpielen.
Laut.
Der Geiſt der Medicin iſt leicht zu faſſen;
Ihr durchſtudirt die groß’ und kleine Welt,
Um es am Ende gehn zu laſſen,
Wie’s Gott gefaͤllt.
Vergebens daß ihr ringsum wiſſenſchaftlich ſchweift,
Ein jeder lernt nur was er lernen kann;
Doch der den Augenblick ergreift,
Das iſt der rechte Mann.
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Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Eine Tragödie. Tübingen, 1808, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust01_1808/129>, abgerufen am 10.02.2025. |