Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite
Siebentes Capitel.

Unsre Gesellschaft befand sich abermals bey¬
sammen, und Philine, die auf jedes Pferd,
das vorbey kam, auf jeden Wagen, der an¬
fuhr, äusserst aufmerksam war, rief mit gro¬
ßer Lebhaftigkeit: unser Pedant! da kommt
unser allerliebster Pedant! Wen mag er bey
sich haben? Sie rief und winkte zum Fenster
hinaus, und der Wagen hielt stille.

Ein kümmerlich armer Teufel, den man
an seinem verschabten, graulich-braunem
Rocke und an seinen übelconditionirten Un¬
terkleidern für einen Magister, wie sie auf
Akademien zu vermodern pflegen, hätte hal¬
ten sollen, stieg aus dem Wagen, und ent¬
blößte, indem er Philinen zu grüßen den
Hut abthat, eine übelgepuderte, aber übri¬

Siebentes Capitel.

Unſre Geſellſchaft befand ſich abermals bey¬
ſammen, und Philine, die auf jedes Pferd,
das vorbey kam, auf jeden Wagen, der an¬
fuhr, äuſſerſt aufmerkſam war, rief mit gro¬
ßer Lebhaftigkeit: unſer Pedant! da kommt
unſer allerliebſter Pedant! Wen mag er bey
ſich haben? Sie rief und winkte zum Fenſter
hinaus, und der Wagen hielt ſtille.

Ein kümmerlich armer Teufel, den man
an ſeinem verſchabten, graulich-braunem
Rocke und an ſeinen übelconditionirten Un¬
terkleidern für einen Magiſter, wie ſie auf
Akademien zu vermodern pflegen, hätte hal¬
ten ſollen, ſtieg aus dem Wagen, und ent¬
blößte, indem er Philinen zu grüßen den
Hut abthat, eine übelgepuderte, aber übri¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0285" n="277"/>
          </div>
          <div n="3">
            <head><hi rendition="#g">Siebentes Capitel</hi>.<lb/></head>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            <p><hi rendition="#in">U</hi>n&#x017F;re Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft befand &#x017F;ich abermals bey¬<lb/>
&#x017F;ammen, und Philine, die auf jedes Pferd,<lb/>
das vorbey kam, auf jeden Wagen, der an¬<lb/>
fuhr, äu&#x017F;&#x017F;er&#x017F;t aufmerk&#x017F;am war, rief mit gro¬<lb/>
ßer Lebhaftigkeit: un&#x017F;er Pedant! da kommt<lb/>
un&#x017F;er allerlieb&#x017F;ter Pedant! Wen mag er bey<lb/>
&#x017F;ich haben? Sie rief und winkte zum Fen&#x017F;ter<lb/>
hinaus, und der Wagen hielt &#x017F;tille.</p><lb/>
            <p>Ein kümmerlich armer Teufel, den man<lb/>
an &#x017F;einem ver&#x017F;chabten, graulich-braunem<lb/>
Rocke und an &#x017F;einen übelconditionirten Un¬<lb/>
terkleidern für einen Magi&#x017F;ter, wie &#x017F;ie auf<lb/>
Akademien zu vermodern pflegen, hätte hal¬<lb/>
ten &#x017F;ollen, &#x017F;tieg aus dem Wagen, und ent¬<lb/>
blößte, indem er Philinen zu grüßen den<lb/>
Hut abthat, eine übelgepuderte, aber übri¬<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[277/0285] Siebentes Capitel. Unſre Geſellſchaft befand ſich abermals bey¬ ſammen, und Philine, die auf jedes Pferd, das vorbey kam, auf jeden Wagen, der an¬ fuhr, äuſſerſt aufmerkſam war, rief mit gro¬ ßer Lebhaftigkeit: unſer Pedant! da kommt unſer allerliebſter Pedant! Wen mag er bey ſich haben? Sie rief und winkte zum Fenſter hinaus, und der Wagen hielt ſtille. Ein kümmerlich armer Teufel, den man an ſeinem verſchabten, graulich-braunem Rocke und an ſeinen übelconditionirten Un¬ terkleidern für einen Magiſter, wie ſie auf Akademien zu vermodern pflegen, hätte hal¬ ten ſollen, ſtieg aus dem Wagen, und ent¬ blößte, indem er Philinen zu grüßen den Hut abthat, eine übelgepuderte, aber übri¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795/285
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795/285>, abgerufen am 29.03.2024.