Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

Art Fieber, das sich nach Tisch ohne Frost
und durch eine etwas ermattende Hitze äus¬
serte. Er legte sich jedoch nicht nieder, fuhr
des morgens aus und versah treulich seine
Amtsgeschäfte, bis ihn endlich anhaltende,
ernsthafte Symptome davon abhielten.

Nie werde ich die Ruhe des Geistes, die
Klarheit und Deutlichkeit vergessen, womit
er die Angelegenheiten seines Hauses, die
Besorgung seines Begräbnisses, als wie das
Geschäft eines andern, mit der größten Ord¬
nung vornahm.

Mit einer Heiterkeit, die ihm sonst nicht
eigen war, und die bis zu einer lebhaften
Freude stieg, sagte er zu mir: wo ist die
Todesfurcht hingekommen, die ich sonst noch
wohl empfand? sollt ich zu sterben scheuen?
ich habe einen gnädigen Gott, das Grab er¬
weckt mir kein Grauen, ich habe ein ewiges
Leben.

Mir

Art Fieber, das ſich nach Tiſch ohne Froſt
und durch eine etwas ermattende Hitze äuſ¬
ſerte. Er legte ſich jedoch nicht nieder, fuhr
des morgens aus und verſah treulich ſeine
Amtsgeſchäfte, bis ihn endlich anhaltende,
ernſthafte Symptome davon abhielten.

Nie werde ich die Ruhe des Geiſtes, die
Klarheit und Deutlichkeit vergeſſen, womit
er die Angelegenheiten ſeines Hauſes, die
Beſorgung ſeines Begräbniſſes, als wie das
Geſchäft eines andern, mit der größten Ord¬
nung vornahm.

Mit einer Heiterkeit, die ihm ſonſt nicht
eigen war, und die bis zu einer lebhaften
Freude ſtieg, ſagte er zu mir: wo iſt die
Todesfurcht hingekommen, die ich ſonſt noch
wohl empfand? ſollt ich zu ſterben ſcheuen?
ich habe einen gnädigen Gott, das Grab er¬
weckt mir kein Grauen, ich habe ein ewiges
Leben.

Mir
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0358" n="352"/>
Art Fieber, das &#x017F;ich nach Ti&#x017F;ch ohne Fro&#x017F;t<lb/>
und durch eine etwas ermattende Hitze äu&#x017F;¬<lb/>
&#x017F;erte. Er legte &#x017F;ich jedoch nicht nieder, fuhr<lb/>
des morgens aus und ver&#x017F;ah treulich &#x017F;eine<lb/>
Amtsge&#x017F;chäfte, bis ihn endlich anhaltende,<lb/>
ern&#x017F;thafte Symptome davon abhielten.</p><lb/>
            <p>Nie werde ich die Ruhe des Gei&#x017F;tes, die<lb/>
Klarheit und Deutlichkeit verge&#x017F;&#x017F;en, womit<lb/>
er die Angelegenheiten &#x017F;eines Hau&#x017F;es, die<lb/>
Be&#x017F;orgung &#x017F;eines Begräbni&#x017F;&#x017F;es, als wie das<lb/>
Ge&#x017F;chäft eines andern, mit der größten Ord¬<lb/>
nung vornahm.</p><lb/>
            <p>Mit einer Heiterkeit, die ihm &#x017F;on&#x017F;t nicht<lb/>
eigen war, und die bis zu einer lebhaften<lb/>
Freude &#x017F;tieg, &#x017F;agte er zu mir: wo i&#x017F;t die<lb/>
Todesfurcht hingekommen, die ich &#x017F;on&#x017F;t noch<lb/>
wohl empfand? &#x017F;ollt ich zu &#x017F;terben &#x017F;cheuen?<lb/>
ich habe einen gnädigen Gott, das Grab er¬<lb/>
weckt mir kein Grauen, ich habe ein ewiges<lb/>
Leben.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Mir<lb/></fw>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[352/0358] Art Fieber, das ſich nach Tiſch ohne Froſt und durch eine etwas ermattende Hitze äuſ¬ ſerte. Er legte ſich jedoch nicht nieder, fuhr des morgens aus und verſah treulich ſeine Amtsgeſchäfte, bis ihn endlich anhaltende, ernſthafte Symptome davon abhielten. Nie werde ich die Ruhe des Geiſtes, die Klarheit und Deutlichkeit vergeſſen, womit er die Angelegenheiten ſeines Hauſes, die Beſorgung ſeines Begräbniſſes, als wie das Geſchäft eines andern, mit der größten Ord¬ nung vornahm. Mit einer Heiterkeit, die ihm ſonſt nicht eigen war, und die bis zu einer lebhaften Freude ſtieg, ſagte er zu mir: wo iſt die Todesfurcht hingekommen, die ich ſonſt noch wohl empfand? ſollt ich zu ſterben ſcheuen? ich habe einen gnädigen Gott, das Grab er¬ weckt mir kein Grauen, ich habe ein ewiges Leben. Mir

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre03_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre03_1795/358
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre03_1795/358>, abgerufen am 16.04.2024.