Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

einigemal hinter einander wechselsweise auf
den Tisch fallen.

Was soll das heißen? Nur wieder her
damit! rief Philine.

Darf ich sagen, versetzte er mit verstell¬
ter Bescheidenheit und schalkhaftem Ernst,
wir andern Junggesellen, die wir Nachts
meist allein sind, und uns doch wie andre
Menschen fürchten, und im Dunkeln uns
nach Gesellschaft sehnen, besonders in Wirths¬
häusern und fremden Orten wo es nicht ganz
geheuer ist, wir finden es gar tröstlich, wenn
ein gutherziges Kind uns Gesellschaft und
Beystand leisten will. Es ist Nacht, man
liegt im Bette, es raschelt, man schaudert,
die Thüre thut sich auf, man erkennt ein
liebes pisperndes Stimmchen, es schleicht
was herbey, die Vorhänge rauschen, klipp!
klapp! die Pantoffeln fallen, und husch! man
ist nicht mehr allein. Ach der liebe, der ein¬

einigemal hinter einander wechſelsweiſe auf
den Tiſch fallen.

Was ſoll das heißen? Nur wieder her
damit! rief Philine.

Darf ich ſagen, verſetzte er mit verſtell¬
ter Beſcheidenheit und ſchalkhaftem Ernſt,
wir andern Junggeſellen, die wir Nachts
meiſt allein ſind, und uns doch wie andre
Menſchen fürchten, und im Dunkeln uns
nach Geſellſchaft ſehnen, beſonders in Wirths¬
häuſern und fremden Orten wo es nicht ganz
geheuer iſt, wir finden es gar tröſtlich, wenn
ein gutherziges Kind uns Geſellſchaft und
Beyſtand leiſten will. Es iſt Nacht, man
liegt im Bette, es raſchelt, man ſchaudert,
die Thüre thut ſich auf, man erkennt ein
liebes pisperndes Stimmchen, es ſchleicht
was herbey, die Vorhänge rauſchen, klipp!
klapp! die Pantoffeln fallen, und huſch! man
iſt nicht mehr allein. Ach der liebe, der ein¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0064" n="58"/>
einigemal hinter einander wech&#x017F;elswei&#x017F;e auf<lb/>
den Ti&#x017F;ch fallen.</p><lb/>
            <p>Was &#x017F;oll das heißen? Nur wieder her<lb/>
damit! rief Philine.</p><lb/>
            <p>Darf ich &#x017F;agen, ver&#x017F;etzte er mit ver&#x017F;tell¬<lb/>
ter Be&#x017F;cheidenheit und &#x017F;chalkhaftem Ern&#x017F;t,<lb/>
wir andern Jungge&#x017F;ellen, die wir Nachts<lb/>
mei&#x017F;t allein &#x017F;ind, und uns doch wie andre<lb/>
Men&#x017F;chen fürchten, und im Dunkeln uns<lb/>
nach Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft &#x017F;ehnen, be&#x017F;onders in Wirths¬<lb/>
häu&#x017F;ern und fremden Orten wo es nicht ganz<lb/>
geheuer i&#x017F;t, wir finden es gar trö&#x017F;tlich, wenn<lb/>
ein gutherziges Kind uns Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft und<lb/>
Bey&#x017F;tand lei&#x017F;ten will. Es i&#x017F;t Nacht, man<lb/>
liegt im Bette, es ra&#x017F;chelt, man &#x017F;chaudert,<lb/>
die Thüre thut &#x017F;ich auf, man erkennt ein<lb/>
liebes pisperndes Stimmchen, es &#x017F;chleicht<lb/>
was herbey, die Vorhänge rau&#x017F;chen, klipp!<lb/>
klapp! die Pantoffeln fallen, und hu&#x017F;ch! man<lb/>
i&#x017F;t nicht mehr allein. Ach der liebe, der ein¬<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[58/0064] einigemal hinter einander wechſelsweiſe auf den Tiſch fallen. Was ſoll das heißen? Nur wieder her damit! rief Philine. Darf ich ſagen, verſetzte er mit verſtell¬ ter Beſcheidenheit und ſchalkhaftem Ernſt, wir andern Junggeſellen, die wir Nachts meiſt allein ſind, und uns doch wie andre Menſchen fürchten, und im Dunkeln uns nach Geſellſchaft ſehnen, beſonders in Wirths¬ häuſern und fremden Orten wo es nicht ganz geheuer iſt, wir finden es gar tröſtlich, wenn ein gutherziges Kind uns Geſellſchaft und Beyſtand leiſten will. Es iſt Nacht, man liegt im Bette, es raſchelt, man ſchaudert, die Thüre thut ſich auf, man erkennt ein liebes pisperndes Stimmchen, es ſchleicht was herbey, die Vorhänge rauſchen, klipp! klapp! die Pantoffeln fallen, und huſch! man iſt nicht mehr allein. Ach der liebe, der ein¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre03_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre03_1795/64
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre03_1795/64>, abgerufen am 19.04.2024.