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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796.

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Sie weihen dieses Stübchen ein, das meinen
Gästen bestimmt ist. Wären Sie nur bey ei¬
nem angenehmern Anlaß hier! die arme Ly¬
die! wird uns keine guten Tage machen,
und überhaupt müssen Sie vorlieb nehmen,
meine Köchin ist mir eben zur ganz unrech¬
ten Zeit aus dem Dienste gelaufen, und ein
Knecht hat sich die Hand zerquetscht. Es
thäte Noth, ich verrichtete alles selbst, und
am Ende, wenn man sich darauf einrichtete,
müßte es auch gehen. Man ist mit niemand
mehr geplagt als mit den Dienstboten; es
will niemand dienen, nicht einmal sich selbst.

Sie sagte noch manches über verschiedene
Gegenstände, überhaupt schien sie gern zu
sprechen. Wilhelm fragte nach Lydien, ob er
das gute Mädchen nicht sehen und sich bey
ihr entschuldigen könnte?

Das wird jetzt nicht bey ihr wirken, ver¬
setzte Therese, die Zeit entschuldigt wie sie

Sie weihen dieſes Stübchen ein, das meinen
Gäſten beſtimmt iſt. Wären Sie nur bey ei¬
nem angenehmern Anlaß hier! die arme Ly¬
die! wird uns keine guten Tage machen,
und überhaupt müſſen Sie vorlieb nehmen,
meine Köchin iſt mir eben zur ganz unrech¬
ten Zeit aus dem Dienſte gelaufen, und ein
Knecht hat ſich die Hand zerquetſcht. Es
thäte Noth, ich verrichtete alles ſelbſt, und
am Ende, wenn man ſich darauf einrichtete,
müßte es auch gehen. Man iſt mit niemand
mehr geplagt als mit den Dienſtboten; es
will niemand dienen, nicht einmal ſich ſelbſt.

Sie ſagte noch manches über verſchiedene
Gegenſtände, überhaupt ſchien ſie gern zu
ſprechen. Wilhelm fragte nach Lydien, ob er
das gute Mädchen nicht ſehen und ſich bey
ihr entſchuldigen könnte?

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[63/0067] Sie weihen dieſes Stübchen ein, das meinen Gäſten beſtimmt iſt. Wären Sie nur bey ei¬ nem angenehmern Anlaß hier! die arme Ly¬ die! wird uns keine guten Tage machen, und überhaupt müſſen Sie vorlieb nehmen, meine Köchin iſt mir eben zur ganz unrech¬ ten Zeit aus dem Dienſte gelaufen, und ein Knecht hat ſich die Hand zerquetſcht. Es thäte Noth, ich verrichtete alles ſelbſt, und am Ende, wenn man ſich darauf einrichtete, müßte es auch gehen. Man iſt mit niemand mehr geplagt als mit den Dienſtboten; es will niemand dienen, nicht einmal ſich ſelbſt. Sie ſagte noch manches über verſchiedene Gegenſtände, überhaupt ſchien ſie gern zu ſprechen. Wilhelm fragte nach Lydien, ob er das gute Mädchen nicht ſehen und ſich bey ihr entſchuldigen könnte? Das wird jetzt nicht bey ihr wirken, ver¬ ſetzte Thereſe, die Zeit entſchuldigt wie ſie

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/67>, abgerufen am 27.04.2024.