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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809.

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nach ihrer Weise konnte man sie offen nennen.
Ernst erschien der Hauptmann; ihm war bey
der Unterredung mit dem Grafen, indem dieser
alles in ihm aufregte was einige Zeit ge¬
ruht und geschlafen hatte, nur zu fühlbar ge¬
worden, daß er eigentlich hier seine Bestim¬
mung nicht erfülle und im Grunde blos in
einem halbthätigen Müßiggang hinschlendere.
Kaum hatten sich die beyden Gäste entfernt,
als schon wieder neuer Besuch eintraf, Char¬
lotten willkommen, die aus sich selbst heraus
zu gehen, sich zu zerstreuen wünschte; Eduar¬
den ungelegen, der eine doppelte Neigung fühl¬
te sich mit Ottilien zu beschäftigen; Ottilien
gleichfalls unerwünscht, die mit ihrer auf
morgen früh so nöthigen Abschrift noch nicht
fertig war. Und so eilte sie auch, als die
Fremden sich spät entfernten, sogleich auf ihr
Zimmer.

Es war Abend geworden. Eduard, Char¬
lotte und der Hauptmann, welche die Frem¬

nach ihrer Weiſe konnte man ſie offen nennen.
Ernſt erſchien der Hauptmann; ihm war bey
der Unterredung mit dem Grafen, indem dieſer
alles in ihm aufregte was einige Zeit ge¬
ruht und geſchlafen hatte, nur zu fuͤhlbar ge¬
worden, daß er eigentlich hier ſeine Beſtim¬
mung nicht erfuͤlle und im Grunde blos in
einem halbthaͤtigen Muͤßiggang hinſchlendere.
Kaum hatten ſich die beyden Gaͤſte entfernt,
als ſchon wieder neuer Beſuch eintraf, Char¬
lotten willkommen, die aus ſich ſelbſt heraus
zu gehen, ſich zu zerſtreuen wuͤnſchte; Eduar¬
den ungelegen, der eine doppelte Neigung fuͤhl¬
te ſich mit Ottilien zu beſchaͤftigen; Ottilien
gleichfalls unerwuͤnſcht, die mit ihrer auf
morgen fruͤh ſo noͤthigen Abſchrift noch nicht
fertig war. Und ſo eilte ſie auch, als die
Fremden ſich ſpaͤt entfernten, ſogleich auf ihr
Zimmer.

Es war Abend geworden. Eduard, Char¬
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[210/0215] nach ihrer Weiſe konnte man ſie offen nennen. Ernſt erſchien der Hauptmann; ihm war bey der Unterredung mit dem Grafen, indem dieſer alles in ihm aufregte was einige Zeit ge¬ ruht und geſchlafen hatte, nur zu fuͤhlbar ge¬ worden, daß er eigentlich hier ſeine Beſtim¬ mung nicht erfuͤlle und im Grunde blos in einem halbthaͤtigen Muͤßiggang hinſchlendere. Kaum hatten ſich die beyden Gaͤſte entfernt, als ſchon wieder neuer Beſuch eintraf, Char¬ lotten willkommen, die aus ſich ſelbſt heraus zu gehen, ſich zu zerſtreuen wuͤnſchte; Eduar¬ den ungelegen, der eine doppelte Neigung fuͤhl¬ te ſich mit Ottilien zu beſchaͤftigen; Ottilien gleichfalls unerwuͤnſcht, die mit ihrer auf morgen fruͤh ſo noͤthigen Abſchrift noch nicht fertig war. Und ſo eilte ſie auch, als die Fremden ſich ſpaͤt entfernten, ſogleich auf ihr Zimmer. Es war Abend geworden. Eduard, Char¬ lotte und der Hauptmann, welche die Frem¬

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809/215>, abgerufen am 25.04.2024.