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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809.

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Tönen ist die Nachtigall noch Vogel; dann
steigt sie über ihre Classe hinüber und scheint
jedem Gefiederten andeuten zu wollen, was
eigentlich singen heiße."

"Ein Leben ohne Liebe, ohne die Nähe
des Geliebten, ist nur eine Comedie a tiroir,
ein schlechtes Schubladenstück. Man schiebt
eine nach der anderen heraus und wieder hin¬
ein und eilt zur folgenden. Alles was auch
gutes und bedeutendes vorkommt, hängt nur
kümmerlich zusammen. Man muß überall von
vorn anfangen und möchte überall enden."


Toͤnen iſt die Nachtigall noch Vogel; dann
ſteigt ſie uͤber ihre Claſſe hinuͤber und ſcheint
jedem Gefiederten andeuten zu wollen, was
eigentlich ſingen heiße.“

„Ein Leben ohne Liebe, ohne die Naͤhe
des Geliebten, iſt nur eine Comédie à tiroir,
ein ſchlechtes Schubladenſtuͤck. Man ſchiebt
eine nach der anderen heraus und wieder hin¬
ein und eilt zur folgenden. Alles was auch
gutes und bedeutendes vorkommt, haͤngt nur
kuͤmmerlich zuſammen. Man muß uͤberall von
vorn anfangen und moͤchte uͤberall enden.“


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[178/0181] Toͤnen iſt die Nachtigall noch Vogel; dann ſteigt ſie uͤber ihre Claſſe hinuͤber und ſcheint jedem Gefiederten andeuten zu wollen, was eigentlich ſingen heiße.“ „Ein Leben ohne Liebe, ohne die Naͤhe des Geliebten, iſt nur eine Comédie à tiroir, ein ſchlechtes Schubladenſtuͤck. Man ſchiebt eine nach der anderen heraus und wieder hin¬ ein und eilt zur folgenden. Alles was auch gutes und bedeutendes vorkommt, haͤngt nur kuͤmmerlich zuſammen. Man muß uͤberall von vorn anfangen und moͤchte uͤberall enden.“

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw02_1809/181>, abgerufen am 24.04.2024.