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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809.

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merlich herumdrücken müßte! Male mir einen
Zustand worin Ottilie, ohne mich, ohne uns,
glücklich seyn könnte, dann sollst du ein
Argument ausgesprochen haben, das stärker
ist als jedes andre, das ich, wenn ich's auch
nicht zugeben, mich ihm nicht ergeben kann,
dennoch recht gern aufs neue in Betrachtung
und Ueberlegung ziehen will.

Diese Aufgabe war so leicht nicht zu lö¬
sen, wenigstens fiel dem Freunde hierauf keine
hinlängliche Antwort ein, und es blieb ihm
nichts übrig, als wiederhohlt einzuschärfen,
wie wichtig, wie bedenklich und in manchem
Sinne gefährlich das ganze Unternehmen sey,
und daß man wenigstens wie es anzugrei¬
fen wäre, auf das ernstlichste zu bedenken
habe. Eduard ließ sich's gefallen, doch nur
unter der Bedingung, daß ihn der Freund
nicht eher verlassen wolle, als bis sie über
die Sache völlig einig geworden, und die
ersten Schritte gethan seyen.



II. 16

merlich herumdruͤcken muͤßte! Male mir einen
Zuſtand worin Ottilie, ohne mich, ohne uns,
gluͤcklich ſeyn koͤnnte, dann ſollſt du ein
Argument ausgeſprochen haben, das ſtaͤrker
iſt als jedes andre, das ich, wenn ich's auch
nicht zugeben, mich ihm nicht ergeben kann,
dennoch recht gern aufs neue in Betrachtung
und Ueberlegung ziehen will.

Dieſe Aufgabe war ſo leicht nicht zu loͤ¬
ſen, wenigſtens fiel dem Freunde hierauf keine
hinlaͤngliche Antwort ein, und es blieb ihm
nichts uͤbrig, als wiederhohlt einzuſchaͤrfen,
wie wichtig, wie bedenklich und in manchem
Sinne gefaͤhrlich das ganze Unternehmen ſey,
und daß man wenigſtens wie es anzugrei¬
fen waͤre, auf das ernſtlichſte zu bedenken
habe. Eduard ließ ſich's gefallen, doch nur
unter der Bedingung, daß ihn der Freund
nicht eher verlaſſen wolle, als bis ſie uͤber
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II. 16
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[241/0244] merlich herumdruͤcken muͤßte! Male mir einen Zuſtand worin Ottilie, ohne mich, ohne uns, gluͤcklich ſeyn koͤnnte, dann ſollſt du ein Argument ausgeſprochen haben, das ſtaͤrker iſt als jedes andre, das ich, wenn ich's auch nicht zugeben, mich ihm nicht ergeben kann, dennoch recht gern aufs neue in Betrachtung und Ueberlegung ziehen will. Dieſe Aufgabe war ſo leicht nicht zu loͤ¬ ſen, wenigſtens fiel dem Freunde hierauf keine hinlaͤngliche Antwort ein, und es blieb ihm nichts uͤbrig, als wiederhohlt einzuſchaͤrfen, wie wichtig, wie bedenklich und in manchem Sinne gefaͤhrlich das ganze Unternehmen ſey, und daß man wenigſtens wie es anzugrei¬ fen waͤre, auf das ernſtlichſte zu bedenken habe. Eduard ließ ſich's gefallen, doch nur unter der Bedingung, daß ihn der Freund nicht eher verlaſſen wolle, als bis ſie uͤber die Sache voͤllig einig geworden, und die erſten Schritte gethan ſeyen. II. 16

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw02_1809/244>, abgerufen am 25.04.2024.