Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite
Drittes Kapitel.

Es ist eine so angenehme Empfindung
sich mit etwas zu beschäftigen was man nur
halb kann, daß Niemand den Dilettanten
schelten sollte, wenn er sich mit einer Kunst
abgiebt, die er nie lernen wird, noch den
Künstler tadeln dürfte, wenn er über die
Gränze seiner Kunst hinaus, in einem be¬
nachbarten Felde sich zu ergehen Lust hat.

Mit so billigen Gesinnungen betrachten
wir die Anstalten des Architecten zum Aus¬
malen der Capelle. Die Farben waren be¬
reitet, die Maaße genommen, die Kartone
gezeichnet; allen Anspruch auf Erfindung hatte
er aufgegeben; er hielt sich an seine Umrisse:

Drittes Kapitel.

Es iſt eine ſo angenehme Empfindung
ſich mit etwas zu beſchaͤftigen was man nur
halb kann, daß Niemand den Dilettanten
ſchelten ſollte, wenn er ſich mit einer Kunſt
abgiebt, die er nie lernen wird, noch den
Kuͤnſtler tadeln duͤrfte, wenn er uͤber die
Graͤnze ſeiner Kunſt hinaus, in einem be¬
nachbarten Felde ſich zu ergehen Luſt hat.

Mit ſo billigen Geſinnungen betrachten
wir die Anſtalten des Architecten zum Aus¬
malen der Capelle. Die Farben waren be¬
reitet, die Maaße genommen, die Kartone
gezeichnet; allen Anſpruch auf Erfindung hatte
er aufgegeben; er hielt ſich an ſeine Umriſſe:

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0034"/>
      <div n="1">
        <head><hi rendition="#g">Drittes Kapitel</hi>.<lb/></head>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p>Es i&#x017F;t eine &#x017F;o angenehme Empfindung<lb/>
&#x017F;ich mit etwas zu be&#x017F;cha&#x0364;ftigen was man nur<lb/>
halb kann, daß Niemand den Dilettanten<lb/>
&#x017F;chelten &#x017F;ollte, wenn er &#x017F;ich mit einer Kun&#x017F;t<lb/>
abgiebt, die er nie lernen wird, noch den<lb/>
Ku&#x0364;n&#x017F;tler tadeln du&#x0364;rfte, wenn er u&#x0364;ber die<lb/>
Gra&#x0364;nze &#x017F;einer Kun&#x017F;t hinaus, in einem be¬<lb/>
nachbarten Felde &#x017F;ich zu ergehen Lu&#x017F;t hat.</p><lb/>
        <p>Mit &#x017F;o billigen Ge&#x017F;innungen betrachten<lb/>
wir die An&#x017F;talten des Architecten zum Aus¬<lb/>
malen der Capelle. Die Farben waren be¬<lb/>
reitet, die Maaße genommen, die Kartone<lb/>
gezeichnet; allen An&#x017F;pruch auf Erfindung hatte<lb/>
er aufgegeben; er hielt &#x017F;ich an &#x017F;eine Umri&#x017F;&#x017F;e:<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0034] Drittes Kapitel. Es iſt eine ſo angenehme Empfindung ſich mit etwas zu beſchaͤftigen was man nur halb kann, daß Niemand den Dilettanten ſchelten ſollte, wenn er ſich mit einer Kunſt abgiebt, die er nie lernen wird, noch den Kuͤnſtler tadeln duͤrfte, wenn er uͤber die Graͤnze ſeiner Kunſt hinaus, in einem be¬ nachbarten Felde ſich zu ergehen Luſt hat. Mit ſo billigen Geſinnungen betrachten wir die Anſtalten des Architecten zum Aus¬ malen der Capelle. Die Farben waren be¬ reitet, die Maaße genommen, die Kartone gezeichnet; allen Anſpruch auf Erfindung hatte er aufgegeben; er hielt ſich an ſeine Umriſſe:

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw02_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw02_1809/34
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw02_1809/34>, abgerufen am 28.03.2024.