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Gotthelf, Jeremias [d. i. Albert Bitzius]: Der Notar in der Falle. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–43. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Menschen was davon zu sagen? Ja, wenn ich kann und es sich mir schickt, warum nicht, ja freilich, antwortete Marei. -- Du weißt, Tante geht diesen Nachmittag zur Frau Seckelmeisterin, aber ich darf dir nicht sagen, was ich möchte, gewiß darf ich nicht, stotterte Luise. -- Pah, sagte Marei, thut nicht dumm und scheut Euch nicht; wenn Ihr wüßtet, was ich mein Lebtag schon Alles gehört habe, Ihr machtet nicht so lange Flausen. -- Aber willst es dann Niemanden sagen? fragte Luise. Ei nun so dann: wann du diesen Morgen in die Metzg gehst, so geh doch zum Notar Stößli, er hat seine Schreibstube hinten am Waschhaus, und sage ihm, ich lasse meine Complimente vermelden und ihn ersuchen, diesen Nachmittag zu mir zu kommen, es sei wegen Geschäften, wenn ich wohl wäre, so wäre ich zu ihm gekommen. -- Das kann ich machen, sagte Marei trocken. Verdammt Wunder nahm es Marei, was ihre Jungfer mit Dem wolle, wenn die Tante nicht daheim sei. Wie aber Luise zitterte und bebte, als Marei fort war, und wie gern sie den Auftrag zurückgenommen hätte und wieder nicht warten mochte, bis Marei zurückkam und Bescheid brachte, ob er komme oder nicht! Er lasse sein Compliment machen und werde, wenn nichts dazwischen komme, sich einstellen, brachte Marei zurück. Er hat mich gefragt, was er machen solle. Was sollte ich ihm sagen? Ich wisse es nicht, habe ich ihm gesagt; was habe ich anders sollen? erörterte Mareili unwillig und erwartete als Trinkgeld und Botenlohn weitere Eröffnungen. Aber umsonst. Luise seufzte nur, ward bleich und roth, und Marei mußte brummend sich schieben. Beim Mittagessen brachte Luise keinen Bissen hinunter, so daß es der Frau Spendvögtin Angst wurde. Ich ließe der Frau Seckelmeisterin absagen, sagte sie, wenn ich ihnen nicht die Partie verderben würde. Aber gewiß muß ernstlich dazu gethan sein. Sie mögen sagen, was sie wollen, sicher wäre Schröpfen am besten. Jedenfalls muß morgen der Arzt kommen. Marei, hörst, gehe und sage dem Doctor Habicht: ich lasse das

Menschen was davon zu sagen? Ja, wenn ich kann und es sich mir schickt, warum nicht, ja freilich, antwortete Marei. — Du weißt, Tante geht diesen Nachmittag zur Frau Seckelmeisterin, aber ich darf dir nicht sagen, was ich möchte, gewiß darf ich nicht, stotterte Luise. — Pah, sagte Marei, thut nicht dumm und scheut Euch nicht; wenn Ihr wüßtet, was ich mein Lebtag schon Alles gehört habe, Ihr machtet nicht so lange Flausen. — Aber willst es dann Niemanden sagen? fragte Luise. Ei nun so dann: wann du diesen Morgen in die Metzg gehst, so geh doch zum Notar Stößli, er hat seine Schreibstube hinten am Waschhaus, und sage ihm, ich lasse meine Complimente vermelden und ihn ersuchen, diesen Nachmittag zu mir zu kommen, es sei wegen Geschäften, wenn ich wohl wäre, so wäre ich zu ihm gekommen. — Das kann ich machen, sagte Marei trocken. Verdammt Wunder nahm es Marei, was ihre Jungfer mit Dem wolle, wenn die Tante nicht daheim sei. Wie aber Luise zitterte und bebte, als Marei fort war, und wie gern sie den Auftrag zurückgenommen hätte und wieder nicht warten mochte, bis Marei zurückkam und Bescheid brachte, ob er komme oder nicht! Er lasse sein Compliment machen und werde, wenn nichts dazwischen komme, sich einstellen, brachte Marei zurück. Er hat mich gefragt, was er machen solle. Was sollte ich ihm sagen? Ich wisse es nicht, habe ich ihm gesagt; was habe ich anders sollen? erörterte Mareili unwillig und erwartete als Trinkgeld und Botenlohn weitere Eröffnungen. Aber umsonst. Luise seufzte nur, ward bleich und roth, und Marei mußte brummend sich schieben. Beim Mittagessen brachte Luise keinen Bissen hinunter, so daß es der Frau Spendvögtin Angst wurde. Ich ließe der Frau Seckelmeisterin absagen, sagte sie, wenn ich ihnen nicht die Partie verderben würde. Aber gewiß muß ernstlich dazu gethan sein. Sie mögen sagen, was sie wollen, sicher wäre Schröpfen am besten. Jedenfalls muß morgen der Arzt kommen. Marei, hörst, gehe und sage dem Doctor Habicht: ich lasse das

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[0031] Menschen was davon zu sagen? Ja, wenn ich kann und es sich mir schickt, warum nicht, ja freilich, antwortete Marei. — Du weißt, Tante geht diesen Nachmittag zur Frau Seckelmeisterin, aber ich darf dir nicht sagen, was ich möchte, gewiß darf ich nicht, stotterte Luise. — Pah, sagte Marei, thut nicht dumm und scheut Euch nicht; wenn Ihr wüßtet, was ich mein Lebtag schon Alles gehört habe, Ihr machtet nicht so lange Flausen. — Aber willst es dann Niemanden sagen? fragte Luise. Ei nun so dann: wann du diesen Morgen in die Metzg gehst, so geh doch zum Notar Stößli, er hat seine Schreibstube hinten am Waschhaus, und sage ihm, ich lasse meine Complimente vermelden und ihn ersuchen, diesen Nachmittag zu mir zu kommen, es sei wegen Geschäften, wenn ich wohl wäre, so wäre ich zu ihm gekommen. — Das kann ich machen, sagte Marei trocken. Verdammt Wunder nahm es Marei, was ihre Jungfer mit Dem wolle, wenn die Tante nicht daheim sei. Wie aber Luise zitterte und bebte, als Marei fort war, und wie gern sie den Auftrag zurückgenommen hätte und wieder nicht warten mochte, bis Marei zurückkam und Bescheid brachte, ob er komme oder nicht! Er lasse sein Compliment machen und werde, wenn nichts dazwischen komme, sich einstellen, brachte Marei zurück. Er hat mich gefragt, was er machen solle. Was sollte ich ihm sagen? Ich wisse es nicht, habe ich ihm gesagt; was habe ich anders sollen? erörterte Mareili unwillig und erwartete als Trinkgeld und Botenlohn weitere Eröffnungen. Aber umsonst. Luise seufzte nur, ward bleich und roth, und Marei mußte brummend sich schieben. Beim Mittagessen brachte Luise keinen Bissen hinunter, so daß es der Frau Spendvögtin Angst wurde. Ich ließe der Frau Seckelmeisterin absagen, sagte sie, wenn ich ihnen nicht die Partie verderben würde. Aber gewiß muß ernstlich dazu gethan sein. Sie mögen sagen, was sie wollen, sicher wäre Schröpfen am besten. Jedenfalls muß morgen der Arzt kommen. Marei, hörst, gehe und sage dem Doctor Habicht: ich lasse das

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T09:45:11Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T09:45:11Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: nein; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Gotthelf, Jeremias [d. i. Albert Bitzius]: Der Notar in der Falle. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–43. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gotthelf_notar_1910/31>, abgerufen am 28.03.2024.