Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gottsched, Luise Adelgunde Victorie: Die Pietisterey im Fischbein-Rocke. Rostock, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Pietisterey
Wenn wir nun so rechnen wollen; so haben wir
die meisten GOttes-Gelehrten auf unserer Seite.
Herr Wackermann.
Wahrhafftig! ihr seyd alle beyde närrisch! Jch
bedaure euch!
Frau Glaubeleichtin.
Ach! wir sind närrisch. Ha! ha! ha! Ca-
thrine, wir sind närrisch! was sagst du doch darzu?
Er bedauret uns. Ach Herr Bruder! was wir
sagen, das übersteiget ein wenig die Fähigkeit eines
Soldaten: Wenigstens müssen sie mit uns keinen
Streit anfangen. Wie würden sie nicht erschre-
cken, wenn sie in unsern Versammlungen manche
Frau hören sollten, wenn sie ihre Gedancken von
der Reinigkeit der allerersten Kirchen Lehrer, und
von der Christlichen Sitten-Lehre ihre Gedancken
auslässt. Kommen sie doch nur einmahl herein:
Und denn sagen sie, ob wir die Theologie verstehen,
oder nicht?
Herr Wackermann.
Potz tausend! das will ich thun. Die Sache
ist sehenswerth, denn sie kömmt nicht ofte vor.
Jch will gewiß hinein kommen. Jch wollte zwar
in die Comödie gehen; allein ich werde nichts dabey
verliehren. Die wackern Orthodoxen werden ge-
wiß von euch nicht verschonet werden; und GOtt
weiß, wie es dem armen Fechten und Wernsdorffen
gehen wird.

Fr.
Die Pietiſterey
Wenn wir nun ſo rechnen wollen; ſo haben wir
die meiſten GOttes-Gelehrten auf unſerer Seite.
Herr Wackermann.
Wahrhafftig! ihr ſeyd alle beyde naͤrriſch! Jch
bedaure euch!
Frau Glaubeleichtin.
Ach! wir ſind naͤrriſch. Ha! ha! ha! Ca-
thrine, wir ſind naͤrriſch! was ſagſt du doch darzu?
Er bedauret uns. Ach Herr Bruder! was wir
ſagen, das uͤberſteiget ein wenig die Faͤhigkeit eines
Soldaten: Wenigſtens muͤſſen ſie mit uns keinen
Streit anfangen. Wie wuͤrden ſie nicht erſchre-
cken, wenn ſie in unſern Verſammlungen manche
Frau hoͤren ſollten, wenn ſie ihre Gedancken von
der Reinigkeit der allererſten Kirchen Lehrer, und
von der Chriſtlichen Sitten-Lehre ihre Gedancken
auslaͤſſt. Kommen ſie doch nur einmahl herein:
Und denn ſagen ſie, ob wir die Theologie verſtehen,
oder nicht?
Herr Wackermann.
Potz tauſend! das will ich thun. Die Sache
iſt ſehenswerth, denn ſie koͤmmt nicht ofte vor.
Jch will gewiß hinein kommen. Jch wollte zwar
in die Comoͤdie gehen; allein ich werde nichts dabey
verliehren. Die wackern Orthodoxen werden ge-
wiß von euch nicht verſchonet werden; und GOtt
weiß, wie es dem armen Fechten und Wernsdorffen
gehen wird.

Fr.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <sp who="#CAT">
              <p><pb facs="#f0050" n="30"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Die Pieti&#x017F;terey</hi></fw><lb/>
Wenn wir nun &#x017F;o rechnen wollen; &#x017F;o haben wir<lb/>
die mei&#x017F;ten GOttes-Gelehrten auf un&#x017F;erer Seite.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#WACK">
              <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr">Herr Wackermann.</hi> </hi> </speaker><lb/>
              <p>Wahrhafftig! ihr &#x017F;eyd alle beyde na&#x0364;rri&#x017F;ch! Jch<lb/>
bedaure euch!</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#GLAU">
              <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr">Frau Glaubeleichtin.</hi> </hi> </speaker><lb/>
              <p>Ach! wir &#x017F;ind na&#x0364;rri&#x017F;ch. Ha! ha! ha! Ca-<lb/>
thrine, wir &#x017F;ind na&#x0364;rri&#x017F;ch! was &#x017F;ag&#x017F;t du doch darzu?<lb/>
Er bedauret uns. Ach Herr Bruder! was wir<lb/>
&#x017F;agen, das u&#x0364;ber&#x017F;teiget ein wenig die Fa&#x0364;higkeit eines<lb/>
Soldaten: Wenig&#x017F;tens mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie mit uns keinen<lb/>
Streit anfangen. Wie wu&#x0364;rden &#x017F;ie nicht er&#x017F;chre-<lb/>
cken, wenn &#x017F;ie in un&#x017F;ern Ver&#x017F;ammlungen manche<lb/>
Frau ho&#x0364;ren &#x017F;ollten, wenn &#x017F;ie ihre Gedancken von<lb/>
der Reinigkeit der allerer&#x017F;ten Kirchen Lehrer, und<lb/>
von der Chri&#x017F;tlichen Sitten-Lehre ihre Gedancken<lb/>
ausla&#x0364;&#x017F;&#x017F;t. Kommen &#x017F;ie doch nur einmahl herein:<lb/>
Und denn &#x017F;agen &#x017F;ie, ob wir die Theologie ver&#x017F;tehen,<lb/>
oder nicht?</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#WACK">
              <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr">Herr Wackermann.</hi> </hi> </speaker><lb/>
              <p>Potz tau&#x017F;end! das will ich thun. Die Sache<lb/>
i&#x017F;t &#x017F;ehenswerth, denn &#x017F;ie ko&#x0364;mmt nicht ofte vor.<lb/>
Jch will gewiß hinein kommen. Jch wollte zwar<lb/>
in die Como&#x0364;die gehen; allein ich werde nichts dabey<lb/>
verliehren. Die wackern Orthodoxen werden ge-<lb/>
wiß von euch nicht ver&#x017F;chonet werden; und GOtt<lb/>
weiß, wie es dem armen Fechten und Wernsdorffen<lb/>
gehen wird.</p><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Fr.</hi> </fw>
            </sp><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[30/0050] Die Pietiſterey Wenn wir nun ſo rechnen wollen; ſo haben wir die meiſten GOttes-Gelehrten auf unſerer Seite. Herr Wackermann. Wahrhafftig! ihr ſeyd alle beyde naͤrriſch! Jch bedaure euch! Frau Glaubeleichtin. Ach! wir ſind naͤrriſch. Ha! ha! ha! Ca- thrine, wir ſind naͤrriſch! was ſagſt du doch darzu? Er bedauret uns. Ach Herr Bruder! was wir ſagen, das uͤberſteiget ein wenig die Faͤhigkeit eines Soldaten: Wenigſtens muͤſſen ſie mit uns keinen Streit anfangen. Wie wuͤrden ſie nicht erſchre- cken, wenn ſie in unſern Verſammlungen manche Frau hoͤren ſollten, wenn ſie ihre Gedancken von der Reinigkeit der allererſten Kirchen Lehrer, und von der Chriſtlichen Sitten-Lehre ihre Gedancken auslaͤſſt. Kommen ſie doch nur einmahl herein: Und denn ſagen ſie, ob wir die Theologie verſtehen, oder nicht? Herr Wackermann. Potz tauſend! das will ich thun. Die Sache iſt ſehenswerth, denn ſie koͤmmt nicht ofte vor. Jch will gewiß hinein kommen. Jch wollte zwar in die Comoͤdie gehen; allein ich werde nichts dabey verliehren. Die wackern Orthodoxen werden ge- wiß von euch nicht verſchonet werden; und GOtt weiß, wie es dem armen Fechten und Wernsdorffen gehen wird. Fr.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gottsched_pietisterey_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gottsched_pietisterey_1736/50
Zitationshilfe: Gottsched, Luise Adelgunde Victorie: Die Pietisterey im Fischbein-Rocke. Rostock, 1736, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gottsched_pietisterey_1736/50>, abgerufen am 28.03.2024.