Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gottsched, Johann Christoph: Versuch einer Critischen Dichtkunst vor die Deutschen. Leipzig, 1730.

Bild:
<< vorherige Seite

Des II Theils V Capitel

Doch wie der Eltern Glantz auch auf die Kinder fällt,
Und ihre Trefflichkeit noch mehr vor Augen stellt;
So mehrt sich auch dein Licht durch deines Vaters Strahlen.
Du darfst nicht fabelhafft, wie Alexander, prahlen,
Daß Hammons Jupiter dein rechter Vater sey:
Die Wahrheit steht dir selbst mit größern Ahnen bey.
Sonst rühmte sich ein Held, er stamme von Alciden,
Du, Königlicher Printz, bist noch weit mehr zufrieden,
Daß Friederich August, dem du so ähnlich bist,
Dein Anherr, was? noch mehr! Dein eigner Vater ist.
Herr, drum gefällt es dir, daß wir den König loben:
Wer deinen Vater rühmt, der hat dich auch erhoben.

Ja, Printz, drum wünscht man dir, an deines Vaters statt,
Zu diesem Tage Glück, der ihn gebohren hat.
Man weiß, du gönnest ihm ein unverrückt Gedeyen,
Man weiß, es kan dich nichts so ungemein erfreuen,
Als deines Vaters Heyl. Sein überstandner Schmertz,
Gieng warlich keinem so wie dir, o Held, ans Hertz.
Du selber bist mit uns vor GOttes Thron getreten,
Du selber hast ihn jüngst vor dich und uns erbeten;
Das macht August beherrscht zwar selber seinen Staat:
Doch setzt er dich dabey zu seinem nächsten Rath.
Er liebt Gerechtigkeit, und du, o Herr, desgleichen,
Muß ihm Vespasian, so muß dir Titus weichen.
Vergib, Durchlauchter Printz, daß sich ein Fremdling wagt,
Und was er heute denckt, mit froher Ehrfurcht sagt.
Jch bin dir ewiglich zu Danck und Dienst verbunden,
Jch habe Schutz und Ruh bey deinen Schwerdtern funden.
O nähme mich dein Land zu seinem Bürger an!
Jch bliebe Lebenslang dein treuster Unterthan.
Und strebte, bis ich mir einmahl den Ruhm erworben:
Als Friedrich Augusts Knecht ist er vergnügt gestorben.
IV. Sendschreiben
An Jhro Durchlaucht. den regierenden Fürsten zu Schwartz-
burg-Rudolstadt, in fremdem Nahmen.
DUrchlauchtster Fürst und Herr,
darf man sich unterstehn,

Dir, durch ein schlechtes Blatt, vors Angesicht zu gehn,
Und dir den muntern Blick der holdesten Sophien,
Der Fürstin, die du liebst, in etwas zu entziehen;
So schaue was sich hier der Knechte Pflicht erkühnt,
Die, da sie dir mit Lust und fester Treue dient,
Dich

Des II Theils V Capitel

Doch wie der Eltern Glantz auch auf die Kinder faͤllt,
Und ihre Trefflichkeit noch mehr vor Augen ſtellt;
So mehrt ſich auch dein Licht durch deines Vaters Strahlen.
Du darfſt nicht fabelhafft, wie Alexander, prahlen,
Daß Hammons Jupiter dein rechter Vater ſey:
Die Wahrheit ſteht dir ſelbſt mit groͤßern Ahnen bey.
Sonſt ruͤhmte ſich ein Held, er ſtamme von Alciden,
Du, Koͤniglicher Printz, biſt noch weit mehr zufrieden,
Daß Friederich Auguſt, dem du ſo aͤhnlich biſt,
Dein Anherr, was? noch mehr! Dein eigner Vater iſt.
Herr, drum gefaͤllt es dir, daß wir den Koͤnig loben:
Wer deinen Vater ruͤhmt, der hat dich auch erhoben.

Ja, Printz, drum wuͤnſcht man dir, an deines Vaters ſtatt,
Zu dieſem Tage Gluͤck, der ihn gebohren hat.
Man weiß, du goͤnneſt ihm ein unverruͤckt Gedeyen,
Man weiß, es kan dich nichts ſo ungemein erfreuen,
Als deines Vaters Heyl. Sein uͤberſtandner Schmertz,
Gieng warlich keinem ſo wie dir, o Held, ans Hertz.
Du ſelber biſt mit uns vor GOttes Thron getreten,
Du ſelber haſt ihn juͤngſt vor dich und uns erbeten;
Das macht Auguſt beherrſcht zwar ſelber ſeinen Staat:
Doch ſetzt er dich dabey zu ſeinem naͤchſten Rath.
Er liebt Gerechtigkeit, und du, o Herr, desgleichen,
Muß ihm Veſpaſian, ſo muß dir Titus weichen.
Vergib, Durchlauchter Printz, daß ſich ein Fremdling wagt,
Und was er heute denckt, mit froher Ehrfurcht ſagt.
Jch bin dir ewiglich zu Danck und Dienſt verbunden,
Jch habe Schutz und Ruh bey deinen Schwerdtern funden.
O naͤhme mich dein Land zu ſeinem Buͤrger an!
Jch bliebe Lebenslang dein treuſter Unterthan.
Und ſtrebte, bis ich mir einmahl den Ruhm erworben:
Als Friedrich Auguſts Knecht iſt er vergnuͤgt geſtorben.
IV. Sendſchreiben
An Jhro Durchlaucht. den regierenden Fuͤrſten zu Schwartz-
burg-Rudolſtadt, in fremdem Nahmen.
DUrchlauchtſter Fuͤrſt und Herr,
darf man ſich unterſtehn,

Dir, durch ein ſchlechtes Blatt, vors Angeſicht zu gehn,
Und dir den muntern Blick der holdeſten Sophien,
Der Fuͤrſtin, die du liebſt, in etwas zu entziehen;
So ſchaue was ſich hier der Knechte Pflicht erkuͤhnt,
Die, da ſie dir mit Luſt und feſter Treue dient,
Dich
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <lg n="18">
                <l>
                  <pb facs="#f0476" n="448"/>
                  <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Des <hi rendition="#aq">II</hi> Theils <hi rendition="#aq">V</hi> Capitel</hi> </fw>
                </l><lb/>
                <l>Doch wie der Eltern Glantz auch auf die Kinder fa&#x0364;llt,</l><lb/>
                <l>Und ihre Trefflichkeit noch mehr vor Augen &#x017F;tellt;</l><lb/>
                <l>So mehrt &#x017F;ich auch dein Licht durch deines Vaters Strahlen.</l><lb/>
                <l>Du darf&#x017F;t nicht fabelhafft, wie Alexander, prahlen,</l><lb/>
                <l>Daß Hammons Jupiter dein rechter Vater &#x017F;ey:</l><lb/>
                <l>Die Wahrheit &#x017F;teht dir &#x017F;elb&#x017F;t mit gro&#x0364;ßern Ahnen bey.</l><lb/>
                <l>Son&#x017F;t ru&#x0364;hmte &#x017F;ich ein Held, er &#x017F;tamme von Alciden,</l><lb/>
                <l>Du, Ko&#x0364;niglicher Printz, bi&#x017F;t noch weit mehr zufrieden,</l><lb/>
                <l>Daß Friederich Augu&#x017F;t, dem du &#x017F;o a&#x0364;hnlich bi&#x017F;t,</l><lb/>
                <l>Dein Anherr, was? noch mehr! Dein eigner Vater i&#x017F;t.</l><lb/>
                <l>Herr, drum gefa&#x0364;llt es dir, daß wir den Ko&#x0364;nig loben:</l><lb/>
                <l>Wer deinen Vater ru&#x0364;hmt, der hat dich auch erhoben.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="19">
                <l>Ja, Printz, drum wu&#x0364;n&#x017F;cht man dir, an deines Vaters &#x017F;tatt,</l><lb/>
                <l>Zu die&#x017F;em Tage Glu&#x0364;ck, der ihn gebohren hat.</l><lb/>
                <l>Man weiß, du go&#x0364;nne&#x017F;t ihm ein unverru&#x0364;ckt Gedeyen,</l><lb/>
                <l>Man weiß, es kan dich nichts &#x017F;o ungemein erfreuen,</l><lb/>
                <l>Als deines Vaters Heyl. Sein u&#x0364;ber&#x017F;tandner Schmertz,</l><lb/>
                <l>Gieng warlich keinem &#x017F;o wie dir, o Held, ans Hertz.</l><lb/>
                <l>Du &#x017F;elber bi&#x017F;t mit uns vor GOttes Thron getreten,</l><lb/>
                <l>Du &#x017F;elber ha&#x017F;t ihn ju&#x0364;ng&#x017F;t vor dich und uns erbeten;</l><lb/>
                <l>Das macht Augu&#x017F;t beherr&#x017F;cht zwar &#x017F;elber &#x017F;einen Staat:</l><lb/>
                <l>Doch &#x017F;etzt er dich dabey zu &#x017F;einem na&#x0364;ch&#x017F;ten Rath.</l><lb/>
                <l>Er liebt Gerechtigkeit, und du, o Herr, desgleichen,</l><lb/>
                <l>Muß ihm Ve&#x017F;pa&#x017F;ian, &#x017F;o muß dir Titus weichen.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="20">
                <l>Vergib, Durchlauchter Printz, daß &#x017F;ich ein Fremdling wagt,</l><lb/>
                <l>Und was er heute denckt, mit froher Ehrfurcht &#x017F;agt.</l><lb/>
                <l>Jch bin dir ewiglich zu Danck und Dien&#x017F;t verbunden,</l><lb/>
                <l>Jch habe Schutz und Ruh bey deinen Schwerdtern funden.</l><lb/>
                <l>O na&#x0364;hme mich dein Land zu &#x017F;einem Bu&#x0364;rger an!</l><lb/>
                <l>Jch bliebe Lebenslang dein treu&#x017F;ter Unterthan.</l><lb/>
                <l>Und &#x017F;trebte, bis ich mir einmahl den Ruhm erworben:</l><lb/>
                <l>Als Friedrich Augu&#x017F;ts Knecht i&#x017F;t er vergnu&#x0364;gt ge&#x017F;torben.</l>
              </lg>
            </lg>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#aq">IV.</hi> <hi rendition="#b">Send&#x017F;chreiben<lb/>
An Jhro Durchlaucht. den regierenden Fu&#x0364;r&#x017F;ten zu Schwartz-<lb/>
burg-Rudol&#x017F;tadt, in fremdem Nahmen.</hi> </head><lb/>
            <lg type="poem">
              <lg n="21">
                <l><hi rendition="#in">D</hi>Urchlaucht&#x017F;ter Fu&#x0364;r&#x017F;t und Herr,<lb/><hi rendition="#et">darf man &#x017F;ich unter&#x017F;tehn,</hi></l><lb/>
                <l>Dir, durch ein &#x017F;chlechtes Blatt, vors Ange&#x017F;icht zu gehn,</l><lb/>
                <l>Und dir den muntern Blick der holde&#x017F;ten Sophien,</l><lb/>
                <l>Der Fu&#x0364;r&#x017F;tin, die du lieb&#x017F;t, in etwas zu entziehen;</l><lb/>
                <l>So &#x017F;chaue was &#x017F;ich hier der Knechte Pflicht erku&#x0364;hnt,</l><lb/>
                <l>Die, da &#x017F;ie dir mit Lu&#x017F;t und fe&#x017F;ter Treue dient,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Dich</fw><lb/></l>
              </lg>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[448/0476] Des II Theils V Capitel Doch wie der Eltern Glantz auch auf die Kinder faͤllt, Und ihre Trefflichkeit noch mehr vor Augen ſtellt; So mehrt ſich auch dein Licht durch deines Vaters Strahlen. Du darfſt nicht fabelhafft, wie Alexander, prahlen, Daß Hammons Jupiter dein rechter Vater ſey: Die Wahrheit ſteht dir ſelbſt mit groͤßern Ahnen bey. Sonſt ruͤhmte ſich ein Held, er ſtamme von Alciden, Du, Koͤniglicher Printz, biſt noch weit mehr zufrieden, Daß Friederich Auguſt, dem du ſo aͤhnlich biſt, Dein Anherr, was? noch mehr! Dein eigner Vater iſt. Herr, drum gefaͤllt es dir, daß wir den Koͤnig loben: Wer deinen Vater ruͤhmt, der hat dich auch erhoben. Ja, Printz, drum wuͤnſcht man dir, an deines Vaters ſtatt, Zu dieſem Tage Gluͤck, der ihn gebohren hat. Man weiß, du goͤnneſt ihm ein unverruͤckt Gedeyen, Man weiß, es kan dich nichts ſo ungemein erfreuen, Als deines Vaters Heyl. Sein uͤberſtandner Schmertz, Gieng warlich keinem ſo wie dir, o Held, ans Hertz. Du ſelber biſt mit uns vor GOttes Thron getreten, Du ſelber haſt ihn juͤngſt vor dich und uns erbeten; Das macht Auguſt beherrſcht zwar ſelber ſeinen Staat: Doch ſetzt er dich dabey zu ſeinem naͤchſten Rath. Er liebt Gerechtigkeit, und du, o Herr, desgleichen, Muß ihm Veſpaſian, ſo muß dir Titus weichen. Vergib, Durchlauchter Printz, daß ſich ein Fremdling wagt, Und was er heute denckt, mit froher Ehrfurcht ſagt. Jch bin dir ewiglich zu Danck und Dienſt verbunden, Jch habe Schutz und Ruh bey deinen Schwerdtern funden. O naͤhme mich dein Land zu ſeinem Buͤrger an! Jch bliebe Lebenslang dein treuſter Unterthan. Und ſtrebte, bis ich mir einmahl den Ruhm erworben: Als Friedrich Auguſts Knecht iſt er vergnuͤgt geſtorben. IV. Sendſchreiben An Jhro Durchlaucht. den regierenden Fuͤrſten zu Schwartz- burg-Rudolſtadt, in fremdem Nahmen. DUrchlauchtſter Fuͤrſt und Herr, darf man ſich unterſtehn, Dir, durch ein ſchlechtes Blatt, vors Angeſicht zu gehn, Und dir den muntern Blick der holdeſten Sophien, Der Fuͤrſtin, die du liebſt, in etwas zu entziehen; So ſchaue was ſich hier der Knechte Pflicht erkuͤhnt, Die, da ſie dir mit Luſt und feſter Treue dient, Dich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gottsched_versuch_1730
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gottsched_versuch_1730/476
Zitationshilfe: Gottsched, Johann Christoph: Versuch einer Critischen Dichtkunst vor die Deutschen. Leipzig, 1730, S. 448. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gottsched_versuch_1730/476>, abgerufen am 18.04.2024.