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Grabbe, Christian Dietrich: Napoleon oder Die hundert Tage. Frankfurt (Main), 1831.

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-- Sieh diese Gardegrenadiere -- Congreven lo-
dern in ihren Reihen, und sie schweigen doch! -- --
Nur Eines, du, in dessen Ruhmesglanz ich einzig
lebte, sey billig, laß mich auch auf ewig dein künf-
tiges Unglück theilen.

(Er fällt dem Kaiser zu Füßen.)
Napoleon.
Steh' auf -- du brichst mit mir das Brot des
Elendes. -- Aber deine Frau?
Bertrand.
Sire, sie wird dir in Thränen danken, wie ich?
Napoleon (zurückblickend:)
Da stürzen die feindlichen Truppen siegjubelnd
heran, wähnen die Tyrannei vertrieben, den ewi-
gen Frieden erobert, die goldne Zeit rückgeführt
zu haben -- Die Armen! Statt eines großen Ty-
rannen, wie sie mich zu nennen belieben, werden
sie bald lauter kleine besitzen, -- statt ihnen ewigen
Frieden zu geben, wird man sie in einen ewigen
Geistesschlaf einzulullen versuchen, -- statt der
goldnen Zeit, wird eine sehr irdene, zerbröckliche
kommen, voll Halbheit, albernen Lugs und Tandes,
-- von gewaltigen Schlachtthaten und Heroen wird
man freilich nichts hören, desto mehr aber von
diplomatischen Assembleen, Convenienzbesuchen hoher
— Sieh dieſe Gardegrenadiere — Congreven lo-
dern in ihren Reihen, und ſie ſchweigen doch! — —
Nur Eines, du, in deſſen Ruhmesglanz ich einzig
lebte, ſey billig, laß mich auch auf ewig dein künf-
tiges Unglück theilen.

(Er faͤllt dem Kaiſer zu Fuͤßen.)
Napoleon.
Steh’ auf — du brichſt mit mir das Brot des
Elendes. — Aber deine Frau?
Bertrand.
Sire, ſie wird dir in Thränen danken, wie ich?
Napoleon (zuruͤckblickend:)
Da ſtürzen die feindlichen Truppen ſiegjubelnd
heran, wähnen die Tyrannei vertrieben, den ewi-
gen Frieden erobert, die goldne Zeit rückgeführt
zu haben — Die Armen! Statt eines großen Ty-
rannen, wie ſie mich zu nennen belieben, werden
ſie bald lauter kleine beſitzen, — ſtatt ihnen ewigen
Frieden zu geben, wird man ſie in einen ewigen
Geiſtesſchlaf einzulullen verſuchen, — ſtatt der
goldnen Zeit, wird eine ſehr irdene, zerbröckliche
kommen, voll Halbheit, albernen Lugs und Tandes,
— von gewaltigen Schlachtthaten und Heroen wird
man freilich nichts hören, deſto mehr aber von
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[318/0326] — Sieh dieſe Gardegrenadiere — Congreven lo- dern in ihren Reihen, und ſie ſchweigen doch! — — Nur Eines, du, in deſſen Ruhmesglanz ich einzig lebte, ſey billig, laß mich auch auf ewig dein künf- tiges Unglück theilen. (Er faͤllt dem Kaiſer zu Fuͤßen.) Napoleon. Steh’ auf — du brichſt mit mir das Brot des Elendes. — Aber deine Frau? Bertrand. Sire, ſie wird dir in Thränen danken, wie ich? Napoleon (zuruͤckblickend:) Da ſtürzen die feindlichen Truppen ſiegjubelnd heran, wähnen die Tyrannei vertrieben, den ewi- gen Frieden erobert, die goldne Zeit rückgeführt zu haben — Die Armen! Statt eines großen Ty- rannen, wie ſie mich zu nennen belieben, werden ſie bald lauter kleine beſitzen, — ſtatt ihnen ewigen Frieden zu geben, wird man ſie in einen ewigen Geiſtesſchlaf einzulullen verſuchen, — ſtatt der goldnen Zeit, wird eine ſehr irdene, zerbröckliche kommen, voll Halbheit, albernen Lugs und Tandes, — von gewaltigen Schlachtthaten und Heroen wird man freilich nichts hören, deſto mehr aber von diplomatiſchen Aſſembléen, Convenienzbeſuchen hoher

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Zitationshilfe: Grabbe, Christian Dietrich: Napoleon oder Die hundert Tage. Frankfurt (Main), 1831, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grabbe_napoleon_1831/326>, abgerufen am 25.04.2024.