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Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band.

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wie ein orientalischer Despot mit seinem Generalprofoß. Allmälig entwickelt
sich eine Monarchie der Teufel im Gegensatz zum Engclreiche Jehovah, eine
Unzahl von Teufelsmauer werden erfunden. Zu Christi Zeit war der Satan
der Juden bereits der große Versucher der Sterblichen, er hatte Macht
in Menschen und Thiere zu fahren und konnte durch die Beschwörungen
Frommer aus solcher Behausung vertrieben werden. Es war volksthümlich.
die Macht eines frommen Lehrers nach der Gewalt zu messen, die er über
die Teufel ausübte. Wahrscheinlich ist die Vorstellung, daß Askese dem
Menschen eine übernatürliche Macht und Gewalt über Geister gibt, zuerst von den
Jndiern nach Vorderasien gedrungen. -- Als sich der junge Christenglaube das
griechische und römische Abendland unterwarf, wurden die antiken Götter als
Bundesgenossen des Teufels betrachtet und vieler Aberglaube, der an den
spätrömischen Culten hing, nahm den Teufel zum Mittelpunkt. Unterdeß
dichtete die älteste Kirchenlehre die Geschichte des Satans weiter. Der per¬
sische Agromainjus (Ahriman) hatte sich als Fliege in die Welt eingedrängt,
als Fliegengvtt übertragen auch die griechischen Uebersetzer in der Septuaginta
den semitischen Götzennamen Baalsebub. Erst jetzt kam auch der Glaube, daß
der Satan und seine Genossen abgefallene Engel vom Hofstaat des Herrn
seien. Seitdem wird ihm der Name Luzifer, Morgenstern, nach einer falsch
gedeuteten Stelle des Jesaias.

Aber die Vorstellungen, welche die ersten Kirchenväter von Person und
Macht des Teufels hatten, wurden noch mehr umgeformt, als die germani¬
schen Stämme das Gebiet des römischen Reiches unterwarfen und das Chri¬
stenthum annahmen. Junge kraftvolle Völker, deren charakteristische Eigen¬
schaft war, mit einer einzigen Bildsamkeit fremde Culturen in sich aufzuneh¬
men und gerade um solcher fremder Habe, welche bis dahin allen Völkern
langsamen Tod gebracht hatte, das eigene Empfinden zu vertiefen und die
Lebenskraft zu stärken. Dazu half ihnen ein reiches und festes Gemüth,
welches heiter die Bilder der Außenwelt in sich sog, und liebevoll auch die
kleineren Eindrücke verklärte und umschuf. Dieser Familie von Völkern ging
die Fülle eigenen Lebens, deren höchster Ausdruck ihr alter Götterglaube
gewesen war, mit dem Christenthum nicht verloren. Zwar die Namen der
alten Götter verklangen allmälig; was dem neuen Glauben offenbar feindlich
war, wurde durch den Eifer der Priester, durch Gewalt und fromme List
nach langer Arbeit beseitiget, aber unter der Hülle des neuen Glaubens er¬
hielten sich unzählige heimische Gestalten, Gebräuche und Anschauungen. Ja
sie erhielten sich nicht nur, sie bildeten sich durch das Christenthum in eigen¬
thümlicher Weise fort. Wie die christlichen Kirchen an die Stätten heidni¬
scher Heiligthümer gebaut, wie an Donars Eiche das Bild des gekreuzigten
Heilands oder der Name eines Apostels gehängt wurde, so traten auch die


wie ein orientalischer Despot mit seinem Generalprofoß. Allmälig entwickelt
sich eine Monarchie der Teufel im Gegensatz zum Engclreiche Jehovah, eine
Unzahl von Teufelsmauer werden erfunden. Zu Christi Zeit war der Satan
der Juden bereits der große Versucher der Sterblichen, er hatte Macht
in Menschen und Thiere zu fahren und konnte durch die Beschwörungen
Frommer aus solcher Behausung vertrieben werden. Es war volksthümlich.
die Macht eines frommen Lehrers nach der Gewalt zu messen, die er über
die Teufel ausübte. Wahrscheinlich ist die Vorstellung, daß Askese dem
Menschen eine übernatürliche Macht und Gewalt über Geister gibt, zuerst von den
Jndiern nach Vorderasien gedrungen. — Als sich der junge Christenglaube das
griechische und römische Abendland unterwarf, wurden die antiken Götter als
Bundesgenossen des Teufels betrachtet und vieler Aberglaube, der an den
spätrömischen Culten hing, nahm den Teufel zum Mittelpunkt. Unterdeß
dichtete die älteste Kirchenlehre die Geschichte des Satans weiter. Der per¬
sische Agromainjus (Ahriman) hatte sich als Fliege in die Welt eingedrängt,
als Fliegengvtt übertragen auch die griechischen Uebersetzer in der Septuaginta
den semitischen Götzennamen Baalsebub. Erst jetzt kam auch der Glaube, daß
der Satan und seine Genossen abgefallene Engel vom Hofstaat des Herrn
seien. Seitdem wird ihm der Name Luzifer, Morgenstern, nach einer falsch
gedeuteten Stelle des Jesaias.

Aber die Vorstellungen, welche die ersten Kirchenväter von Person und
Macht des Teufels hatten, wurden noch mehr umgeformt, als die germani¬
schen Stämme das Gebiet des römischen Reiches unterwarfen und das Chri¬
stenthum annahmen. Junge kraftvolle Völker, deren charakteristische Eigen¬
schaft war, mit einer einzigen Bildsamkeit fremde Culturen in sich aufzuneh¬
men und gerade um solcher fremder Habe, welche bis dahin allen Völkern
langsamen Tod gebracht hatte, das eigene Empfinden zu vertiefen und die
Lebenskraft zu stärken. Dazu half ihnen ein reiches und festes Gemüth,
welches heiter die Bilder der Außenwelt in sich sog, und liebevoll auch die
kleineren Eindrücke verklärte und umschuf. Dieser Familie von Völkern ging
die Fülle eigenen Lebens, deren höchster Ausdruck ihr alter Götterglaube
gewesen war, mit dem Christenthum nicht verloren. Zwar die Namen der
alten Götter verklangen allmälig; was dem neuen Glauben offenbar feindlich
war, wurde durch den Eifer der Priester, durch Gewalt und fromme List
nach langer Arbeit beseitiget, aber unter der Hülle des neuen Glaubens er¬
hielten sich unzählige heimische Gestalten, Gebräuche und Anschauungen. Ja
sie erhielten sich nicht nur, sie bildeten sich durch das Christenthum in eigen¬
thümlicher Weise fort. Wie die christlichen Kirchen an die Stätten heidni¬
scher Heiligthümer gebaut, wie an Donars Eiche das Bild des gekreuzigten
Heilands oder der Name eines Apostels gehängt wurde, so traten auch die


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[0370] wie ein orientalischer Despot mit seinem Generalprofoß. Allmälig entwickelt sich eine Monarchie der Teufel im Gegensatz zum Engclreiche Jehovah, eine Unzahl von Teufelsmauer werden erfunden. Zu Christi Zeit war der Satan der Juden bereits der große Versucher der Sterblichen, er hatte Macht in Menschen und Thiere zu fahren und konnte durch die Beschwörungen Frommer aus solcher Behausung vertrieben werden. Es war volksthümlich. die Macht eines frommen Lehrers nach der Gewalt zu messen, die er über die Teufel ausübte. Wahrscheinlich ist die Vorstellung, daß Askese dem Menschen eine übernatürliche Macht und Gewalt über Geister gibt, zuerst von den Jndiern nach Vorderasien gedrungen. — Als sich der junge Christenglaube das griechische und römische Abendland unterwarf, wurden die antiken Götter als Bundesgenossen des Teufels betrachtet und vieler Aberglaube, der an den spätrömischen Culten hing, nahm den Teufel zum Mittelpunkt. Unterdeß dichtete die älteste Kirchenlehre die Geschichte des Satans weiter. Der per¬ sische Agromainjus (Ahriman) hatte sich als Fliege in die Welt eingedrängt, als Fliegengvtt übertragen auch die griechischen Uebersetzer in der Septuaginta den semitischen Götzennamen Baalsebub. Erst jetzt kam auch der Glaube, daß der Satan und seine Genossen abgefallene Engel vom Hofstaat des Herrn seien. Seitdem wird ihm der Name Luzifer, Morgenstern, nach einer falsch gedeuteten Stelle des Jesaias. Aber die Vorstellungen, welche die ersten Kirchenväter von Person und Macht des Teufels hatten, wurden noch mehr umgeformt, als die germani¬ schen Stämme das Gebiet des römischen Reiches unterwarfen und das Chri¬ stenthum annahmen. Junge kraftvolle Völker, deren charakteristische Eigen¬ schaft war, mit einer einzigen Bildsamkeit fremde Culturen in sich aufzuneh¬ men und gerade um solcher fremder Habe, welche bis dahin allen Völkern langsamen Tod gebracht hatte, das eigene Empfinden zu vertiefen und die Lebenskraft zu stärken. Dazu half ihnen ein reiches und festes Gemüth, welches heiter die Bilder der Außenwelt in sich sog, und liebevoll auch die kleineren Eindrücke verklärte und umschuf. Dieser Familie von Völkern ging die Fülle eigenen Lebens, deren höchster Ausdruck ihr alter Götterglaube gewesen war, mit dem Christenthum nicht verloren. Zwar die Namen der alten Götter verklangen allmälig; was dem neuen Glauben offenbar feindlich war, wurde durch den Eifer der Priester, durch Gewalt und fromme List nach langer Arbeit beseitiget, aber unter der Hülle des neuen Glaubens er¬ hielten sich unzählige heimische Gestalten, Gebräuche und Anschauungen. Ja sie erhielten sich nicht nur, sie bildeten sich durch das Christenthum in eigen¬ thümlicher Weise fort. Wie die christlichen Kirchen an die Stätten heidni¬ scher Heiligthümer gebaut, wie an Donars Eiche das Bild des gekreuzigten Heilands oder der Name eines Apostels gehängt wurde, so traten auch die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 17, 1858, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341588_186412/370>, abgerufen am 07.10.2024.