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Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band.

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Nun, es ist auch ärgerlich, wenn man keine reine Schule hat; in einer
holeten lassen sich so allerliebste Dinge ausrichten. Da stand in Ur. 11 des
ki^aeiel inane, Volksfreund 1863! "Wie in der Schule zu K. das tausend¬
jährige Piastenjubiläum und die Einführung des Christenthums in die slavischen
Länder gefeiert wurde. Am Tage nach Mariä Lichtmeß, am Dienstag den
3. Februar, las ich vor und erklärte meinen Schülern nach dem ?r^'aciel
luclu, ^gvclnil: XatolieKi und DsiLimiK xoMkmsKi die Bedeutung der tau¬
sendjährigen Jubelfeier Piasts und die Einführung des Christenthums unter
den slavischen Völkern. Nachdem ich ihnen, wie ich wußte und konnte, Alles
aufs speciellste auseinandergesetzt hatte, stellte ich die Kinder in zwei Reihen,
von denen die eine die Mädchen, die andere die Knaben bildeten, und nach
Venichtung eines Gebets führte ich sie unter dem Gesang des Liedes vom
si. Adelbert in Procession vor die Schule hinaus, wo wir zum Andenken zwei
Tannen pflanzten und zwar in der Weise, daß jedes Kind mit einer Schaufel
etwas Erde von der Stelle wegwarf, wo die Tannen stehen sollten. Nachdem
während dieser Beschäftigung wiederholt das gedachte Lied gesungen war, kehr¬
ten wir wieder in die Schule zurück. Hier erklärte ich den Kindern nochmals
die erhabne Bedeutung der Jubelfeier und regte sie zu einem Beitrag zur
Deckung der Kosten der Feier an, die in diesem Jahr stattfinden soll. Bis
heute haben die Kinder größtentheils armer Eltern bereits nahe an einen Tha¬
ler zu diesem Zweck zusammengebracht. Auch haben sie mir versprochen, vom
Acker ihrer Väter je eine Hand voll Erde zu bringen, die ich sofort an das
betreffende Comite einsenden werde. Mögen die armen Kinder der hiesigen
Schule ein Beispiel für jene Reichen sein, welche zu dem gedachten Zweck noch
nichts' gegeben haben. Möchte doch diese Mahnung fruchten. F. Czeslaw
Ch. Lehrer." Wie mögen die Reden gelautet haben, zu denen die genannten
Blätter den Text und das Thema gaben! Die tgi. Regierung scheint sie un¬
angenehm vermerkt zu haben; denn obgleich der Lehrer Chojecki in Konarzewo,
Kreis Krotoschin, ein sünsundzwanzigjähriger Mann, gewiß mit Tell sagen
konnte:


Verzeiht mir, lieber Herr! Aus Unbedacht,
Nicht aus Verachtung Eurer ists geschehn!

ist er durch eine vorigen Monat ergangne Verfügung aus dem Amte, das er
erst seit einem Jahr und nur interimistisch verwaltete, vom 1. September g.. c
ab entlassen.

Schlecht stimmt freilich auch das nicht vereinzelte Vorgehen des jungen
Lehrers zu den Betheuerungen des erzbischöflichen Consistoriums, daß die tau¬
sendjährige Christenthumsfeier mit der Piaster-Jubelei gar nichts zu thun habe
und nur eine gegen den jetzt herrschenden Materialismus gerichtete Demon¬
stration aus christlichem Geiste sei. Inzwischen ist auch der Hirtenbrief selbst


Nun, es ist auch ärgerlich, wenn man keine reine Schule hat; in einer
holeten lassen sich so allerliebste Dinge ausrichten. Da stand in Ur. 11 des
ki^aeiel inane, Volksfreund 1863! „Wie in der Schule zu K. das tausend¬
jährige Piastenjubiläum und die Einführung des Christenthums in die slavischen
Länder gefeiert wurde. Am Tage nach Mariä Lichtmeß, am Dienstag den
3. Februar, las ich vor und erklärte meinen Schülern nach dem ?r^'aciel
luclu, ^gvclnil: XatolieKi und DsiLimiK xoMkmsKi die Bedeutung der tau¬
sendjährigen Jubelfeier Piasts und die Einführung des Christenthums unter
den slavischen Völkern. Nachdem ich ihnen, wie ich wußte und konnte, Alles
aufs speciellste auseinandergesetzt hatte, stellte ich die Kinder in zwei Reihen,
von denen die eine die Mädchen, die andere die Knaben bildeten, und nach
Venichtung eines Gebets führte ich sie unter dem Gesang des Liedes vom
si. Adelbert in Procession vor die Schule hinaus, wo wir zum Andenken zwei
Tannen pflanzten und zwar in der Weise, daß jedes Kind mit einer Schaufel
etwas Erde von der Stelle wegwarf, wo die Tannen stehen sollten. Nachdem
während dieser Beschäftigung wiederholt das gedachte Lied gesungen war, kehr¬
ten wir wieder in die Schule zurück. Hier erklärte ich den Kindern nochmals
die erhabne Bedeutung der Jubelfeier und regte sie zu einem Beitrag zur
Deckung der Kosten der Feier an, die in diesem Jahr stattfinden soll. Bis
heute haben die Kinder größtentheils armer Eltern bereits nahe an einen Tha¬
ler zu diesem Zweck zusammengebracht. Auch haben sie mir versprochen, vom
Acker ihrer Väter je eine Hand voll Erde zu bringen, die ich sofort an das
betreffende Comite einsenden werde. Mögen die armen Kinder der hiesigen
Schule ein Beispiel für jene Reichen sein, welche zu dem gedachten Zweck noch
nichts' gegeben haben. Möchte doch diese Mahnung fruchten. F. Czeslaw
Ch. Lehrer." Wie mögen die Reden gelautet haben, zu denen die genannten
Blätter den Text und das Thema gaben! Die tgi. Regierung scheint sie un¬
angenehm vermerkt zu haben; denn obgleich der Lehrer Chojecki in Konarzewo,
Kreis Krotoschin, ein sünsundzwanzigjähriger Mann, gewiß mit Tell sagen
konnte:


Verzeiht mir, lieber Herr! Aus Unbedacht,
Nicht aus Verachtung Eurer ists geschehn!

ist er durch eine vorigen Monat ergangne Verfügung aus dem Amte, das er
erst seit einem Jahr und nur interimistisch verwaltete, vom 1. September g.. c
ab entlassen.

Schlecht stimmt freilich auch das nicht vereinzelte Vorgehen des jungen
Lehrers zu den Betheuerungen des erzbischöflichen Consistoriums, daß die tau¬
sendjährige Christenthumsfeier mit der Piaster-Jubelei gar nichts zu thun habe
und nur eine gegen den jetzt herrschenden Materialismus gerichtete Demon¬
stration aus christlichem Geiste sei. Inzwischen ist auch der Hirtenbrief selbst


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 22, 1863, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341797_115393/112>, abgerufen am 29.03.2024.