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Grimm, Albert Ludwig: Die malerischen und romantischen Stellen des Odenwaldes. Darmstadt, 1843.

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Jahre 763 ihre Besitzungen in Hagenheim der Kirche in Lauresham (Lorsch) übergeben, heisst es schon Lauresham an der Wisgoz. Möglich wäre es, dass dieser Name jedoch von einer frühern Kirche daselbst abgeleitet werden könnte. Denn aus der eben genannten Urkunde geht hervor, dass früher schon eine dem heiligen Petrus geweihte Kirche dort stand, und dass solche von den genannten Stiftern des Klosters Cancor und Williswinda wieder neu aufgebaut worden. - Die Römer nannten dieses Flüsschen wahrscheinlich Visucius. In der Antiquitätenhalle zu Mannheim befindet sich nämlich ein Römischer Stein, welcher der Gottheit Visucius geweiht, und aus dem Odenwalde dahin gekommen ist. Der Fundort ist nicht näher angegeben. Da indessen Hammelbach früher zur Pfalz gehörte, so kann er wohl von der Weschnitzquelle, wo ihn die Römer dem Flussgotte zu Ehren aufgestellt, dahin gekommen sein.

In der Nähe des Dörfchens Weschnitz steht auf einer Anhöhe ein kleines Kapellchen, der heiligen Wallburgis geweiht, wovon die Anhöhe selbst den Namen Wallburgisberg erhalten hat. Ein Zufall führte uns früher eine handschriftliche Nachricht über diesen Berg vom Jahre 1664 zu, worin erzählt wird, achtzigjährige Männer erinnerten sich noch, von ihren Altvätern gehört zu haben, dass diese Stelle einst ein wundervoller Ort gewesen, der von häufigen Wallfahrten besucht worden. Es hätten sich damals noch manche Zeichen von Heilungen an Blinden und Lahmen hier befunden. Durch die Einführung der Reformation in der Pfalz soll indessen Alles zerstört worden sein, was auf die Heiligkeit des Ortes deutete. Nur ein altes Bild der heiligen Wallburgis blieb noch in der alten Kapelle. Da es aber in der Folge durch Hirtenknaben verunreinigt wurde, verschwand es.

Später wurde die Kapelle wieder etwas hergestellt, und im Jahre 1677 wieder eine Prozession dahin geführt. Im Jahre 1694 vermochte ein bei der Kapelle wohnender Eremit durch fussfälliges Bitten den Papst Innocenz XVI., der Kapelle einen vollkommenen Ablass zu ertheilen, der in der Folge von dem Papste Clemens XI. im Jahre 1704 noch einmal erneuert wurde.

Die wundervolle Heiligkeit des Ortes, die Namen der beiden naheliegenden Dörfer Ostern, und der Umstand, dass der Wallburgistag auf den aus alter Heidenzeit noch immer bedeutungsvollen

Jahre 763 ihre Besitzungen in Hagenheim der Kirche in Lauresham (Lorsch) übergeben, heisst es schon Lauresham an der Wisgoz. Möglich wäre es, dass dieser Name jedoch von einer frühern Kirche daselbst abgeleitet werden könnte. Denn aus der eben genannten Urkunde geht hervor, dass früher schon eine dem heiligen Petrus geweihte Kirche dort stand, und dass solche von den genannten Stiftern des Klosters Cancor und Williswinda wieder neu aufgebaut worden. – Die Römer nannten dieses Flüsschen wahrscheinlich Visucius. In der Antiquitätenhalle zu Mannheim befindet sich nämlich ein Römischer Stein, welcher der Gottheit Visucius geweiht, und aus dem Odenwalde dahin gekommen ist. Der Fundort ist nicht näher angegeben. Da indessen Hammelbach früher zur Pfalz gehörte, so kann er wohl von der Weschnitzquelle, wo ihn die Römer dem Flussgotte zu Ehren aufgestellt, dahin gekommen sein.

In der Nähe des Dörfchens Weschnitz steht auf einer Anhöhe ein kleines Kapellchen, der heiligen Wallburgis geweiht, wovon die Anhöhe selbst den Namen Wallburgisberg erhalten hat. Ein Zufall führte uns früher eine handschriftliche Nachricht über diesen Berg vom Jahre 1664 zu, worin erzählt wird, achtzigjährige Männer erinnerten sich noch, von ihren Altvätern gehört zu haben, dass diese Stelle einst ein wundervoller Ort gewesen, der von häufigen Wallfahrten besucht worden. Es hätten sich damals noch manche Zeichen von Heilungen an Blinden und Lahmen hier befunden. Durch die Einführung der Reformation in der Pfalz soll indessen Alles zerstört worden sein, was auf die Heiligkeit des Ortes deutete. Nur ein altes Bild der heiligen Wallburgis blieb noch in der alten Kapelle. Da es aber in der Folge durch Hirtenknaben verunreinigt wurde, verschwand es.

Später wurde die Kapelle wieder etwas hergestellt, und im Jahre 1677 wieder eine Prozession dahin geführt. Im Jahre 1694 vermochte ein bei der Kapelle wohnender Eremit durch fussfälliges Bitten den Papst Innocenz XVI., der Kapelle einen vollkommenen Ablass zu ertheilen, der in der Folge von dem Papste Clemens XI. im Jahre 1704 noch einmal erneuert wurde.

Die wundervolle Heiligkeit des Ortes, die Namen der beiden naheliegenden Dörfer Ostern, und der Umstand, dass der Wallburgistag auf den aus alter Heidenzeit noch immer bedeutungsvollen

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[53/0053] Jahre 763 ihre Besitzungen in Hagenheim der Kirche in Lauresham (Lorsch) übergeben, heisst es schon Lauresham an der Wisgoz. Möglich wäre es, dass dieser Name jedoch von einer frühern Kirche daselbst abgeleitet werden könnte. Denn aus der eben genannten Urkunde geht hervor, dass früher schon eine dem heiligen Petrus geweihte Kirche dort stand, und dass solche von den genannten Stiftern des Klosters Cancor und Williswinda wieder neu aufgebaut worden. – Die Römer nannten dieses Flüsschen wahrscheinlich Visucius. In der Antiquitätenhalle zu Mannheim befindet sich nämlich ein Römischer Stein, welcher der Gottheit Visucius geweiht, und aus dem Odenwalde dahin gekommen ist. Der Fundort ist nicht näher angegeben. Da indessen Hammelbach früher zur Pfalz gehörte, so kann er wohl von der Weschnitzquelle, wo ihn die Römer dem Flussgotte zu Ehren aufgestellt, dahin gekommen sein. In der Nähe des Dörfchens Weschnitz steht auf einer Anhöhe ein kleines Kapellchen, der heiligen Wallburgis geweiht, wovon die Anhöhe selbst den Namen Wallburgisberg erhalten hat. Ein Zufall führte uns früher eine handschriftliche Nachricht über diesen Berg vom Jahre 1664 zu, worin erzählt wird, achtzigjährige Männer erinnerten sich noch, von ihren Altvätern gehört zu haben, dass diese Stelle einst ein wundervoller Ort gewesen, der von häufigen Wallfahrten besucht worden. Es hätten sich damals noch manche Zeichen von Heilungen an Blinden und Lahmen hier befunden. Durch die Einführung der Reformation in der Pfalz soll indessen Alles zerstört worden sein, was auf die Heiligkeit des Ortes deutete. Nur ein altes Bild der heiligen Wallburgis blieb noch in der alten Kapelle. Da es aber in der Folge durch Hirtenknaben verunreinigt wurde, verschwand es. Später wurde die Kapelle wieder etwas hergestellt, und im Jahre 1677 wieder eine Prozession dahin geführt. Im Jahre 1694 vermochte ein bei der Kapelle wohnender Eremit durch fussfälliges Bitten den Papst Innocenz XVI., der Kapelle einen vollkommenen Ablass zu ertheilen, der in der Folge von dem Papste Clemens XI. im Jahre 1704 noch einmal erneuert wurde. Die wundervolle Heiligkeit des Ortes, die Namen der beiden naheliegenden Dörfer Ostern, und der Umstand, dass der Wallburgistag auf den aus alter Heidenzeit noch immer bedeutungsvollen

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Zitationshilfe: Grimm, Albert Ludwig: Die malerischen und romantischen Stellen des Odenwaldes. Darmstadt, 1843, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_odenwald_1843/53>, abgerufen am 24.04.2024.