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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Deß Abentheurl. Simplicissimi
werden; Er sagte/ wann die Courage so gut ist/ als
das Maul-Leder/ so will ich dich noch passirn lassen;
Jch antwortet/ das kan in der nächsten Occasion
probi
rt werden/ und gab damit zu verstehen/ daß ich
mich vor keinen Stallknecht wolte gebrauchen las-
sen. Also ließ er mich bleiben der ich war/ und sagte/
das Werck würde den Meister loben.

Hierauff wischte ich hinder meines Dragoners
alte Hosen her/ und nachdem ich dieselbe anatomirt
hatte/ schaffte ich mir auß deren Jngeweid noch ein
gut Soldaten-Pferd/ und das beste Gewehr so ich
kriegen konte/ das muste mir alles gläntzen wie ein
Spiegel: Jch liesse mich wieder von neuem grün
kleiden/ weil mir der Nahm Jäger sehr beliebte/ mein
altes Kleid aber gab ich meinem Jungen/ weil mirs
zu klein worden/ also ritte ich selb ander daher wie
ein junger Edelmann/ und dünckte mich fürwahr kei-
ne Sau zu seyn; ich war so kühn/ meinen Hut mit
einem dollen Federbusch zu zieren wie ein Officier/
dahero bekam ich bald Neider und Mißgönner/ zwi-
schen denselben und mir setzte es zimlich empfindliche
Wort/ und endlich gar Ohrfeigen: Jch hatte aber
kaum einem oder drey gewiesen/ was ich im Paradeis
vom Kürschner gelernet hatte/ da ließ mich nicht al-
lein jederman zu frieden/ sondern es suchte auch ein
jeglicher meine Freundschafft. Darneben liesse ich
mich beydes zu Roß und Fuß auffs Partey gehen ge-
brauchen/ dann ich war wol beritten/ und schneller
auff den Füssen als einer meines gleichen/ und wenn
es etwas mit dem Feind zu thun gab/ warff ich mich
herfür/ wie das Böß in einer Wannen/ und wolte
allzeit vorn dran seyn/ davon wurde ich in kurtzer Zeit

bey

Deß Abentheurl. Simpliciſſimi
werden; Er ſagte/ wann die Courage ſo gut iſt/ als
das Maul-Leder/ ſo will ich dich noch paſſirn laſſen;
Jch antwortet/ das kan in der naͤchſten Occaſion
probi
rt werden/ und gab damit zu verſtehen/ daß ich
mich vor keinen Stallknecht wolte gebrauchen laſ-
ſen. Alſo ließ er mich bleiben der ich war/ und ſagte/
das Werck wuͤrde den Meiſter loben.

Hierauff wiſchte ich hinder meines Dragoners
alte Hoſen her/ und nachdem ich dieſelbe anatomirt
hatte/ ſchaffte ich mir auß deren Jngeweid noch ein
gut Soldaten-Pferd/ und das beſte Gewehr ſo ich
kriegen konte/ das muſte mir alles glaͤntzen wie ein
Spiegel: Jch lieſſe mich wieder von neuem gruͤn
kleiden/ weil mir der Nahm Jaͤger ſehr beliebte/ mein
altes Kleid aber gab ich meinem Jungen/ weil mirs
zu klein worden/ alſo ritte ich ſelb ander daher wie
ein junger Edelmann/ und duͤnckte mich fuͤrwahr kei-
ne Sau zu ſeyn; ich war ſo kuͤhn/ meinen Hut mit
einem dollen Federbuſch zu zieren wie ein Officier/
dahero bekam ich bald Neider und Mißgoͤnner/ zwi-
ſchen denſelben und mir ſetzte es zimlich empfindliche
Wort/ und endlich gar Ohrfeigen: Jch hatte aber
kaum einem oder drey gewieſen/ was ich im Paradeis
vom Kuͤrſchner gelernet hatte/ da ließ mich nicht al-
lein jederman zu frieden/ ſondern es ſuchte auch ein
jeglicher meine Freundſchafft. Darneben lieſſe ich
mich beydes zu Roß und Fuß auffs Partey gehen ge-
brauchen/ dann ich war wol beritten/ und ſchneller
auff den Fuͤſſen als einer meines gleichen/ und wenn
es etwas mit dem Feind zu thun gab/ warff ich mich
herfuͤr/ wie das Boͤß in einer Wannen/ und wolte
allzeit vorn dran ſeyn/ davon wurde ich in kurtzer Zeit

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[246/0252] Deß Abentheurl. Simpliciſſimi werden; Er ſagte/ wann die Courage ſo gut iſt/ als das Maul-Leder/ ſo will ich dich noch paſſirn laſſen; Jch antwortet/ das kan in der naͤchſten Occaſion probirt werden/ und gab damit zu verſtehen/ daß ich mich vor keinen Stallknecht wolte gebrauchen laſ- ſen. Alſo ließ er mich bleiben der ich war/ und ſagte/ das Werck wuͤrde den Meiſter loben. Hierauff wiſchte ich hinder meines Dragoners alte Hoſen her/ und nachdem ich dieſelbe anatomirt hatte/ ſchaffte ich mir auß deren Jngeweid noch ein gut Soldaten-Pferd/ und das beſte Gewehr ſo ich kriegen konte/ das muſte mir alles glaͤntzen wie ein Spiegel: Jch lieſſe mich wieder von neuem gruͤn kleiden/ weil mir der Nahm Jaͤger ſehr beliebte/ mein altes Kleid aber gab ich meinem Jungen/ weil mirs zu klein worden/ alſo ritte ich ſelb ander daher wie ein junger Edelmann/ und duͤnckte mich fuͤrwahr kei- ne Sau zu ſeyn; ich war ſo kuͤhn/ meinen Hut mit einem dollen Federbuſch zu zieren wie ein Officier/ dahero bekam ich bald Neider und Mißgoͤnner/ zwi- ſchen denſelben und mir ſetzte es zimlich empfindliche Wort/ und endlich gar Ohrfeigen: Jch hatte aber kaum einem oder drey gewieſen/ was ich im Paradeis vom Kuͤrſchner gelernet hatte/ da ließ mich nicht al- lein jederman zu frieden/ ſondern es ſuchte auch ein jeglicher meine Freundſchafft. Darneben lieſſe ich mich beydes zu Roß und Fuß auffs Partey gehen ge- brauchen/ dann ich war wol beritten/ und ſchneller auff den Fuͤſſen als einer meines gleichen/ und wenn es etwas mit dem Feind zu thun gab/ warff ich mich herfuͤr/ wie das Boͤß in einer Wannen/ und wolte allzeit vorn dran ſeyn/ davon wurde ich in kurtzer Zeit bey

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/252>, abgerufen am 30.04.2024.