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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Deß Abentheurl. Simplicissimi
sechtzig Reichsthalern/ rothe Scharlachne Hosen/
und weisse Anlassene Ermel/ überall mit Gold und
Silber verbremt/ zu tragen/ welches damals eine
Tracht der höchsten Officier war/ darumb stachs ein
jeden in die Augen; ich war aber ein schröcklich jun-
ger Narr/ daß ich den Hasen so lauffen liesse/ dann
hätte ich mich anders gehalten/ und das Geld/ das
ich so unnützlich an den Leib henckte/ an gehörige Ort
und End verschmieret/ so hätte ich nicht allein das
Fähnlein bald bekommen/ sondern mir auch nicht so
viel zu Feinden gemacht. Jch ließ es aber hierbey
noch nicht bleiben/ sondern butzte mein bestes Pferd/
das Spring-ins-feld vom Hessischen Rittmeister be-
kommen hatte/ mit Sattel/ Zeug und Gewehr der-
gestalt herauß/ daß man mich/ wann ich darauff saß/
gar wol vor einen andern Ritter S. Georgen hätte
ansehen mögen. Nichts vexierte mich mehr/ als daß
ich mich keinen Edelmann zu seyn wuste/ damit ich
meinen Knecht und Jungen auch in meine Liberey
hätte kleiden mögen: Jch gedachte/ alle Ding hat
seinen Anfang/ wann du ein Wappen hast/ so hast du
schon ein eigene Liberey/ und wenn du Fähnrich wirst/
so mustu ja ein Petschier haben/ wenn du schon kein
Juncker bist. Jch war nicht lang mit solchen Gedan-
cken schwanger gangen/ als ich mir durch einen Co-
mitem Palatinum
ein Wappen geben liesse/ das wa-
ren drey rothe Larven in einem weissen Feld/ und
auff dem Helm ein Brustbild eines jungen Narrn/ in
Kälbernem Habit/ mit einem paar Hasen-Ohren/
vornen mit Schellen geziert; denn ich dachte/ diß
schicke sich am besten zu meinem Nahmen/ weil ich
Simplicius hiesse; so wolte ich mich auch deß Narrn

gebrau-

Deß Abentheurl. Simpliciſſimi
ſechtzig Reichsthalern/ rothe Scharlachne Hoſen/
und weiſſe Anlaſſene Ermel/ uͤberall mit Gold und
Silber verbremt/ zu tragen/ welches damals eine
Tracht der hoͤchſten Officier war/ darumb ſtachs ein
jeden in die Augen; ich war aber ein ſchroͤcklich jun-
ger Narꝛ/ daß ich den Haſen ſo lauffen lieſſe/ dann
haͤtte ich mich anders gehalten/ und das Geld/ das
ich ſo unnuͤtzlich an den Leib henckte/ an gehoͤrige Ort
und End verſchmieret/ ſo haͤtte ich nicht allein das
Faͤhnlein bald bekommen/ ſondern mir auch nicht ſo
viel zu Feinden gemacht. Jch ließ es aber hierbey
noch nicht bleiben/ ſondern butzte mein beſtes Pferd/
das Spring-ins-feld vom Heſſiſchen Rittmeiſter be-
kommen hatte/ mit Sattel/ Zeug und Gewehr der-
geſtalt herauß/ daß man mich/ wann ich darauff ſaß/
gar wol vor einen andern Ritter S. Georgen haͤtte
anſehen moͤgen. Nichts vexierte mich mehr/ als daß
ich mich keinen Edelmann zu ſeyn wuſte/ damit ich
meinen Knecht und Jungen auch in meine Liberey
haͤtte kleiden moͤgen: Jch gedachte/ alle Ding hat
ſeinen Anfang/ wann du ein Wappen haſt/ ſo haſt du
ſchon ein eigene Liberey/ und weñ du Faͤhnrich wirſt/
ſo muſtu ja ein Petſchier haben/ wenn du ſchon kein
Juncker biſt. Jch war nicht lang mit ſolchen Gedan-
cken ſchwanger gangen/ als ich mir durch einen Co-
mitem Palatinum
ein Wappen geben lieſſe/ das wa-
ren drey rothe Larven in einem weiſſen Feld/ und
auff dem Helm ein Bruſtbild eines jungen Narꝛn/ in
Kaͤlbernem Habit/ mit einem paar Haſen-Ohren/
vornen mit Schellen geziert; denn ich dachte/ diß
ſchicke ſich am beſten zu meinem Nahmen/ weil ich
Simplicius hieſſe; ſo wolte ich mich auch deß Narꝛn

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[314/0320] Deß Abentheurl. Simpliciſſimi ſechtzig Reichsthalern/ rothe Scharlachne Hoſen/ und weiſſe Anlaſſene Ermel/ uͤberall mit Gold und Silber verbremt/ zu tragen/ welches damals eine Tracht der hoͤchſten Officier war/ darumb ſtachs ein jeden in die Augen; ich war aber ein ſchroͤcklich jun- ger Narꝛ/ daß ich den Haſen ſo lauffen lieſſe/ dann haͤtte ich mich anders gehalten/ und das Geld/ das ich ſo unnuͤtzlich an den Leib henckte/ an gehoͤrige Ort und End verſchmieret/ ſo haͤtte ich nicht allein das Faͤhnlein bald bekommen/ ſondern mir auch nicht ſo viel zu Feinden gemacht. Jch ließ es aber hierbey noch nicht bleiben/ ſondern butzte mein beſtes Pferd/ das Spring-ins-feld vom Heſſiſchen Rittmeiſter be- kommen hatte/ mit Sattel/ Zeug und Gewehr der- geſtalt herauß/ daß man mich/ wann ich darauff ſaß/ gar wol vor einen andern Ritter S. Georgen haͤtte anſehen moͤgen. Nichts vexierte mich mehr/ als daß ich mich keinen Edelmann zu ſeyn wuſte/ damit ich meinen Knecht und Jungen auch in meine Liberey haͤtte kleiden moͤgen: Jch gedachte/ alle Ding hat ſeinen Anfang/ wann du ein Wappen haſt/ ſo haſt du ſchon ein eigene Liberey/ und weñ du Faͤhnrich wirſt/ ſo muſtu ja ein Petſchier haben/ wenn du ſchon kein Juncker biſt. Jch war nicht lang mit ſolchen Gedan- cken ſchwanger gangen/ als ich mir durch einen Co- mitem Palatinum ein Wappen geben lieſſe/ das wa- ren drey rothe Larven in einem weiſſen Feld/ und auff dem Helm ein Bruſtbild eines jungen Narꝛn/ in Kaͤlbernem Habit/ mit einem paar Haſen-Ohren/ vornen mit Schellen geziert; denn ich dachte/ diß ſchicke ſich am beſten zu meinem Nahmen/ weil ich Simplicius hieſſe; ſo wolte ich mich auch deß Narꝛn gebrau-

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/320>, abgerufen am 30.04.2024.