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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Drittes Buch.
seyd/ und ehe ich euch wieder nach Soest lasse/ dem
Gegentheil zu dienen/ ehe will ich euch einen andern
Proceß weisen/ oder im Gefängnus verderben lassen/
darnach wisse ich mich zu richten. Jch erschrack zwar
über diese Wort/ gab mich aber drumb noch nicht/
sondern antwortete: GOtt wolle mich vor solcher
Verachtung so wol als vorm Meineyd behüten; im
übrigen stünde ich in underthäniger Hoffnung/ der
Herr Obriste würde mich seiner weitberühmten Di-
scretion
nach/ wie einen Soldaten tractirn: Ja/ sagte
er/ ich wüste wol wie ich euch tractiren könte/ da ich
der Strenge nach procediren wolte/ aber bedenckt
euch besser/ damit ich nicht Ursachen ergreiffe/ euch
etwas anders zu weisen. Darauff wurde ich wieder
ins Stockhauß geführt.

Jederman kan unschwer erachten/ daß ich dieselbe
Nacht nicht viel geschlaffen/ sondern allerhand Ge-
dancken gehabt habe; den Morgen aber kamen etlich
Officier mit dem Cornet/ so mich gefangen bekom-
men/ zu mir/ unterm Schein/ mir die Zeit zu kür-
tzen/ in Warheit aber mir weiß zu machen/ als ob
der Obriste gesinnt wäre/ mir als einem Zauberer den
Proceß machen zu lassen/ da ich mich nicht anders
bequemen würde. Wolten mich also erschrecken/
und sehen was hinder mir steckte/ weil ich mich aber
meines guten Gewissens tröstete/ nam ich alles gar
kaltsinnig an/ und redete nicht viel/ merckte darbey/
daß es dem Obristen umb nichts anders zu thun war/
als daß er mich ungern in Soest sahe/ so konte er sich
auch leicht einbilden/ daß ich selbigen Ort/ wann er
mich ledig liesse/ wol nicht verlassen würde/ weil ich
meine Beförderung dort hoffte/ und noch 2. schöne

Pferd
P ij

Drittes Buch.
ſeyd/ und ehe ich euch wieder nach Soeſt laſſe/ dem
Gegentheil zu dienen/ ehe will ich euch einen andern
Proceß weiſen/ oder im Gefaͤngnus verderben laſſen/
darnach wiſſe ich mich zu richten. Jch erſchrack zwar
uͤber dieſe Wort/ gab mich aber drumb noch nicht/
ſondern antwortete: GOtt wolle mich vor ſolcher
Verachtung ſo wol als vorm Meineyd behuͤten; im
uͤbrigen ſtuͤnde ich in underthaͤniger Hoffnung/ der
Herꝛ Obriſte wuͤrde mich ſeiner weitberuͤhmten Di-
ſcretion
nach/ wie einen Soldaten tractirn: Ja/ ſagte
er/ ich wuͤſte wol wie ich euch tractiren koͤnte/ da ich
der Strenge nach procediren wolte/ aber bedenckt
euch beſſer/ damit ich nicht Urſachen ergreiffe/ euch
etwas anders zu weiſen. Darauff wurde ich wieder
ins Stockhauß gefuͤhrt.

Jederman kan unſchwer erachten/ daß ich dieſelbe
Nacht nicht viel geſchlaffen/ ſondern allerhand Ge-
dancken gehabt habe; den Morgen aber kamen etlich
Officier mit dem Cornet/ ſo mich gefangen bekom-
men/ zu mir/ unterm Schein/ mir die Zeit zu kuͤr-
tzen/ in Warheit aber mir weiß zu machen/ als ob
der Obriſte geſinnt waͤre/ mir als einem Zauberer den
Proceß machen zu laſſen/ da ich mich nicht anders
bequemen wuͤrde. Wolten mich alſo erſchrecken/
und ſehen was hinder mir ſteckte/ weil ich mich aber
meines guten Gewiſſens troͤſtete/ nam ich alles gar
kaltſinnig an/ und redete nicht viel/ merckte darbey/
daß es dem Obriſten umb nichts anders zu thun war/
als daß er mich ungern in Soeſt ſahe/ ſo konte er ſich
auch leicht einbilden/ daß ich ſelbigen Ort/ wann er
mich ledig lieſſe/ wol nicht verlaſſen wuͤrde/ weil ich
meine Befoͤrderung dort hoffte/ und noch 2. ſchoͤne

Pferd
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[337/0343] Drittes Buch. ſeyd/ und ehe ich euch wieder nach Soeſt laſſe/ dem Gegentheil zu dienen/ ehe will ich euch einen andern Proceß weiſen/ oder im Gefaͤngnus verderben laſſen/ darnach wiſſe ich mich zu richten. Jch erſchrack zwar uͤber dieſe Wort/ gab mich aber drumb noch nicht/ ſondern antwortete: GOtt wolle mich vor ſolcher Verachtung ſo wol als vorm Meineyd behuͤten; im uͤbrigen ſtuͤnde ich in underthaͤniger Hoffnung/ der Herꝛ Obriſte wuͤrde mich ſeiner weitberuͤhmten Di- ſcretion nach/ wie einen Soldaten tractirn: Ja/ ſagte er/ ich wuͤſte wol wie ich euch tractiren koͤnte/ da ich der Strenge nach procediren wolte/ aber bedenckt euch beſſer/ damit ich nicht Urſachen ergreiffe/ euch etwas anders zu weiſen. Darauff wurde ich wieder ins Stockhauß gefuͤhrt. Jederman kan unſchwer erachten/ daß ich dieſelbe Nacht nicht viel geſchlaffen/ ſondern allerhand Ge- dancken gehabt habe; den Morgen aber kamen etlich Officier mit dem Cornet/ ſo mich gefangen bekom- men/ zu mir/ unterm Schein/ mir die Zeit zu kuͤr- tzen/ in Warheit aber mir weiß zu machen/ als ob der Obriſte geſinnt waͤre/ mir als einem Zauberer den Proceß machen zu laſſen/ da ich mich nicht anders bequemen wuͤrde. Wolten mich alſo erſchrecken/ und ſehen was hinder mir ſteckte/ weil ich mich aber meines guten Gewiſſens troͤſtete/ nam ich alles gar kaltſinnig an/ und redete nicht viel/ merckte darbey/ daß es dem Obriſten umb nichts anders zu thun war/ als daß er mich ungern in Soeſt ſahe/ ſo konte er ſich auch leicht einbilden/ daß ich ſelbigen Ort/ wann er mich ledig lieſſe/ wol nicht verlaſſen wuͤrde/ weil ich meine Befoͤrderung dort hoffte/ und noch 2. ſchoͤne Pferd P ij

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/343>, abgerufen am 29.04.2024.