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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Viertes Buch.
als ob ich kein Frantzösisch Wort verstünde. Weil
es dann so still her gieng/ machten wir desto ehe Feyr-
abend: Darauff wünschten mir die Damen eine gute
Nacht/ und giengen ihres Wegs/ denen ich das Ge-
leit nit weiter/ als biß an die Thür geben dörffte/ so
die Alte gleich nach ihnen zurigelte. Da ich das sahe/
fragte ich/ Wo ich dann schlaffen müste? Sie ant-
wortet/ ich müste bey ihr in gegenwärtigem Bett vor
lieb nehmen; Jch sagte/ das Bett wäre gut genug/
wenn nur auch eine von jenen dreyen darinn lege! ja/
sagte die Alte/ es wird euch fürwahr heunt keine von
ihnen zu theil. Jn dem wir so plauderten/ zog eine
schöne Dam/ die im Bett lag/ den Umbhang etwas
zurück/ und sagte zu der Alten/ sie solte auffhören zu
schwätzen/ und schlaffen gehen! Darauff nam ich ihr
das Liecht/ und wolte sehen/ wer im Bett lege? Sie
aber leschte solches auß/ und sagte: Herr/ wenn ihm
sein Kopff lieb ist/ so unterstehe er sich dessen nit/ was
er im Sinn hat/ Er lege sich/ und sey versichert/ da
er mit Ernst sich bemühen wird/ diese Dame wider
ihren Willen zu sehen/ daß er nimmermehr lebendig
von hinnen kompt! Damit gieng sie durch/ und be-
schloß die Thür/ die Jungfer aber/ so dem Feuer ge-
wartet/ lescht das auch vollend auß/ und gieng hin-
der einer Tapezerey/ durch ein verborgene Thür/ auch
hinweg. Hierauff sagte die Dame/ so im Bett lag/
Alle Mons. Beau Alman, gee schlaff mein Hertz/ gom/
rick su mir! So viel hatte sie die Alte Teutsch geler-
net; Jch begab mich zum Bett/ zu sehen/ wie dann
dem Ding zu thun seyn möchte? und so bald ich hin-
zu kam/ fiel sie mir umb den Hals/ bewillkommte mich
mit vielem küssen/ und hisse mir vor hitziger Begierde

schier
S

Viertes Buch.
als ob ich kein Frantzoͤſiſch Wort verſtuͤnde. Weil
es dann ſo ſtill her gieng/ machten wir deſto ehe Feyr-
abend: Darauff wuͤnſchten mir die Damen eine gute
Nacht/ und giengen ihres Wegs/ denen ich das Ge-
leit nit weiter/ als biß an die Thuͤr geben doͤrffte/ ſo
die Alte gleich nach ihnen zurigelte. Da ich das ſahe/
fragte ich/ Wo ich dann ſchlaffen muͤſte? Sie ant-
wortet/ ich muͤſte bey ihr in gegenwaͤrtigem Bett vor
lieb nehmen; Jch ſagte/ das Bett waͤre gut genug/
wenn nur auch eine von jenen dreyen darinn lege! ja/
ſagte die Alte/ es wird euch fuͤrwahr heunt keine von
ihnen zu theil. Jn dem wir ſo plauderten/ zog eine
ſchoͤne Dam/ die im Bett lag/ den Umbhang etwas
zuruͤck/ und ſagte zu der Alten/ ſie ſolte auffhoͤren zu
ſchwaͤtzen/ und ſchlaffen gehen! Darauff nam ich ihr
das Liecht/ und wolte ſehen/ wer im Bett lege? Sie
aber leſchte ſolches auß/ und ſagte: Herꝛ/ wenn ihm
ſein Kopff lieb iſt/ ſo unterſtehe er ſich deſſen nit/ was
er im Sinn hat/ Er lege ſich/ und ſey verſichert/ da
er mit Ernſt ſich bemuͤhen wird/ dieſe Dame wider
ihren Willen zu ſehen/ daß er nimmermehr lebendig
von hinnen kompt! Damit gieng ſie durch/ und be-
ſchloß die Thuͤr/ die Jungfer aber/ ſo dem Feuer ge-
wartet/ leſcht das auch vollend auß/ und gieng hin-
der einer Tapezerey/ durch ein verborgene Thuͤr/ auch
hinweg. Hierauff ſagte die Dame/ ſo im Bett lag/
Alle Monſ. Beau Alman, gee ſchlaff mein Hertz/ gom/
rick ſu mir! So viel hatte ſie die Alte Teutſch geler-
net; Jch begab mich zum Bett/ zu ſehen/ wie dann
dem Ding zu thun ſeyn moͤchte? und ſo bald ich hin-
zu kam/ fiel ſie mir umb den Hals/ bewillkom̃te mich
mit vielem kuͤſſen/ und hiſſe mir vor hitziger Begierde

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[407/0413] Viertes Buch. als ob ich kein Frantzoͤſiſch Wort verſtuͤnde. Weil es dann ſo ſtill her gieng/ machten wir deſto ehe Feyr- abend: Darauff wuͤnſchten mir die Damen eine gute Nacht/ und giengen ihres Wegs/ denen ich das Ge- leit nit weiter/ als biß an die Thuͤr geben doͤrffte/ ſo die Alte gleich nach ihnen zurigelte. Da ich das ſahe/ fragte ich/ Wo ich dann ſchlaffen muͤſte? Sie ant- wortet/ ich muͤſte bey ihr in gegenwaͤrtigem Bett vor lieb nehmen; Jch ſagte/ das Bett waͤre gut genug/ wenn nur auch eine von jenen dreyen darinn lege! ja/ ſagte die Alte/ es wird euch fuͤrwahr heunt keine von ihnen zu theil. Jn dem wir ſo plauderten/ zog eine ſchoͤne Dam/ die im Bett lag/ den Umbhang etwas zuruͤck/ und ſagte zu der Alten/ ſie ſolte auffhoͤren zu ſchwaͤtzen/ und ſchlaffen gehen! Darauff nam ich ihr das Liecht/ und wolte ſehen/ wer im Bett lege? Sie aber leſchte ſolches auß/ und ſagte: Herꝛ/ wenn ihm ſein Kopff lieb iſt/ ſo unterſtehe er ſich deſſen nit/ was er im Sinn hat/ Er lege ſich/ und ſey verſichert/ da er mit Ernſt ſich bemuͤhen wird/ dieſe Dame wider ihren Willen zu ſehen/ daß er nimmermehr lebendig von hinnen kompt! Damit gieng ſie durch/ und be- ſchloß die Thuͤr/ die Jungfer aber/ ſo dem Feuer ge- wartet/ leſcht das auch vollend auß/ und gieng hin- der einer Tapezerey/ durch ein verborgene Thuͤr/ auch hinweg. Hierauff ſagte die Dame/ ſo im Bett lag/ Alle Monſ. Beau Alman, gee ſchlaff mein Hertz/ gom/ rick ſu mir! So viel hatte ſie die Alte Teutſch geler- net; Jch begab mich zum Bett/ zu ſehen/ wie dann dem Ding zu thun ſeyn moͤchte? und ſo bald ich hin- zu kam/ fiel ſie mir umb den Hals/ bewillkom̃te mich mit vielem kuͤſſen/ und hiſſe mir vor hitziger Begierde ſchier S

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 407. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/413>, abgerufen am 03.05.2024.