Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

Bild:
<< vorherige Seite

Viertes Buch.
mehr/ wie hiebevor meiner Art nach/ mich mit Lum-
penbossen schleppte; Es wolte aber gleichwol nicht
botten/ biß unser Secretarius starb/ da gedacht ich/
du must sehen/ daß du dessen Stell bekommst; ich spen-
dirte wo ich konte/ denn als meine Mutter erfuhr/ daß
ich anfienge gut zu thun/ schickte sie mir noch immer
Geld. Weil aber der junge Hertzbruder meinem Ob-
risten gar ins Hemd gebacken war/ und mir vorgezo-
gen wurde/ trachtet ich/ ihn auß dem Weg zu räu-
men/ vornemlich da ich innen wurde/ daß der Obrist
gäntzlich gewillet/ ihm die Secretariat-stelle zu geben.
Jn Verzögerung solch meiner Beförderung/ die ich
so hefftig suchte/ wurd ich so ungedultig/ daß ich mich
von unserm Provosen so vest als Stahl machen lies-
se/ deß Willens mit dem Hertzbruder zu duellisiren/
und durch die Kling hinzurichten; Aber ich konte nie-
mals mit Manier an ihn kommen; So wehrete mir
auch unser Provos mein Vorhaben/ und sagte/ wenn
du ihn gleich auffopfferst/ so wird es dir doch mehr
schäd-als nutzlich seyn/ weil du deß Obristen liebsten
Diener ermordt haben würdest/ gabe mir aber den
Rath/ daß ich etwas in Gegenwart deß Hertzbruders
siehlen/ und ihm solches zustellen solte/ so wolte er
schon zu wegen bringen/ daß er deß Obristen Gnad
verliere. Jch folgte/ nam bey deß Obristen Kindtauff
seinen übergüldten Becher/ und gab ihn dem Provo-
sen/ mit welchem er dann den jungen Hertzbruder
abgeschafft hat; Als du dich dessen noch wol wirst
zu erinnern wissen/ als er dir in deß Obristen grossen
Zelt die Kleider auch voll junger Hündlein
gauckelte.

Das
U vij

Viertes Buch.
mehr/ wie hiebevor meiner Art nach/ mich mit Lum-
penboſſen ſchleppte; Es wolte aber gleichwol nicht
botten/ biß unſer Secretarius ſtarb/ da gedacht ich/
du muſt ſehen/ daß du deſſen Stell bekom̃ſt; ich ſpen-
dirte wo ich konte/ denn als meine Mutter erfuhr/ daß
ich anfienge gut zu thun/ ſchickte ſie mir noch immer
Geld. Weil aber der junge Hertzbruder meinem Ob-
riſten gar ins Hemd gebacken war/ und mir voꝛgezo-
gen wurde/ trachtet ich/ ihn auß dem Weg zu raͤu-
men/ voꝛnemlich da ich innen wurde/ daß der Obriſt
gaͤntzlich gewillet/ ihm die Secretariat-ſtelle zu geben.
Jn Verzoͤgerung ſolch meiner Befoͤrderung/ die ich
ſo hefftig ſuchte/ wurd ich ſo ungedultig/ daß ich mich
von unſerm Provoſen ſo veſt als Stahl machen lieſ-
ſe/ deß Willens mit dem Hertzbruder zu duelliſiren/
und durch die Kling hinzurichten; Aber ich konte nie-
mals mit Manier an ihn kommen; So wehrete mir
auch unſer Provos mein Voꝛhaben/ und ſagte/ weñ
du ihn gleich auffopfferſt/ ſo wird es dir doch mehr
ſchaͤd-als nutzlich ſeyn/ weil du deß Obriſten liebſten
Diener ermoꝛdt haben wuͤrdeſt/ gabe mir aber den
Rath/ daß ich etwas in Gegenwart deß Hertzbruders
ſiehlen/ und ihm ſolches zuſtellen ſolte/ ſo wolte er
ſchon zu wegen bringen/ daß er deß Obriſten Gnad
verliere. Jch folgte/ nam bey deß Obriſten Kindtauff
ſeinen uͤberguͤldten Becher/ und gab ihn dem Provo-
ſen/ mit welchem er dann den jungen Hertzbruder
abgeſchafft hat; Als du dich deſſen noch wol wirſt
zu erinnern wiſſen/ als er dir in deß Obriſten groſſen
Zelt die Kleider auch voll junger Huͤndlein
gauckelte.

Das
U vij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0473" n="467"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Viertes Buch.</hi></fw><lb/>
mehr/ wie hiebevor meiner Art nach/ mich mit Lum-<lb/>
penbo&#x017F;&#x017F;en &#x017F;chleppte; Es wolte aber gleichwol nicht<lb/>
botten/ biß un&#x017F;er <hi rendition="#aq">Secretarius</hi> &#x017F;tarb/ da gedacht ich/<lb/>
du mu&#x017F;t &#x017F;ehen/ daß du de&#x017F;&#x017F;en Stell bekom&#x0303;&#x017F;t; ich &#x017F;pen-<lb/>
dirte wo ich konte/ denn als meine Mutter erfuhr/ daß<lb/>
ich anfienge gut zu thun/ &#x017F;chickte &#x017F;ie mir noch immer<lb/>
Geld. Weil aber der junge Hertzbruder meinem Ob-<lb/>
ri&#x017F;ten gar ins Hemd gebacken war/ und mir vo&#xA75B;gezo-<lb/>
gen wurde/ trachtet ich/ ihn auß dem Weg zu ra&#x0364;u-<lb/>
men/ vo&#xA75B;nemlich da ich innen wurde/ daß der Obri&#x017F;t<lb/>
ga&#x0364;ntzlich gewillet/ ihm die <hi rendition="#aq">Secretariat-</hi>&#x017F;telle zu geben.<lb/>
Jn Verzo&#x0364;gerung &#x017F;olch meiner Befo&#x0364;rderung/ die ich<lb/>
&#x017F;o hefftig &#x017F;uchte/ wurd ich &#x017F;o ungedultig/ daß ich mich<lb/>
von un&#x017F;erm Provo&#x017F;en &#x017F;o ve&#x017F;t als Stahl machen lie&#x017F;-<lb/>
&#x017F;e/ deß Willens mit dem Hertzbruder zu <hi rendition="#aq">duelli&#x017F;i</hi>ren/<lb/>
und durch die Kling hinzurichten; Aber ich konte nie-<lb/>
mals mit Manier an ihn kommen; So wehrete mir<lb/>
auch un&#x017F;er Provos mein Vo&#xA75B;haben/ und &#x017F;agte/ wen&#x0303;<lb/>
du ihn gleich auffopffer&#x017F;t/ &#x017F;o wird es dir doch mehr<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;d-als nutzlich &#x017F;eyn/ weil du deß Obri&#x017F;ten lieb&#x017F;ten<lb/>
Diener ermo&#xA75B;dt haben wu&#x0364;rde&#x017F;t/ gabe mir aber den<lb/>
Rath/ daß ich etwas in Gegenwart deß Hertzbruders<lb/>
&#x017F;iehlen/ und ihm &#x017F;olches zu&#x017F;tellen &#x017F;olte/ &#x017F;o wolte er<lb/>
&#x017F;chon zu wegen bringen/ daß er deß Obri&#x017F;ten Gnad<lb/>
verliere. Jch folgte/ nam bey deß Obri&#x017F;ten Kindtauff<lb/>
&#x017F;einen u&#x0364;bergu&#x0364;ldten Becher/ und gab ihn dem Provo-<lb/>
&#x017F;en/ mit welchem er dann den jungen Hertzbruder<lb/>
abge&#x017F;chafft hat; Als du dich de&#x017F;&#x017F;en noch wol wir&#x017F;t<lb/>
zu erinnern wi&#x017F;&#x017F;en/ als er dir in deß Obri&#x017F;ten gro&#x017F;&#x017F;en<lb/><hi rendition="#c">Zelt die Kleider auch voll junger Hu&#x0364;ndlein<lb/>
gauckelte.</hi></p>
      </div><lb/>
      <fw place="bottom" type="sig">U vij</fw>
      <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Das</hi> </fw><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[467/0473] Viertes Buch. mehr/ wie hiebevor meiner Art nach/ mich mit Lum- penboſſen ſchleppte; Es wolte aber gleichwol nicht botten/ biß unſer Secretarius ſtarb/ da gedacht ich/ du muſt ſehen/ daß du deſſen Stell bekom̃ſt; ich ſpen- dirte wo ich konte/ denn als meine Mutter erfuhr/ daß ich anfienge gut zu thun/ ſchickte ſie mir noch immer Geld. Weil aber der junge Hertzbruder meinem Ob- riſten gar ins Hemd gebacken war/ und mir voꝛgezo- gen wurde/ trachtet ich/ ihn auß dem Weg zu raͤu- men/ voꝛnemlich da ich innen wurde/ daß der Obriſt gaͤntzlich gewillet/ ihm die Secretariat-ſtelle zu geben. Jn Verzoͤgerung ſolch meiner Befoͤrderung/ die ich ſo hefftig ſuchte/ wurd ich ſo ungedultig/ daß ich mich von unſerm Provoſen ſo veſt als Stahl machen lieſ- ſe/ deß Willens mit dem Hertzbruder zu duelliſiren/ und durch die Kling hinzurichten; Aber ich konte nie- mals mit Manier an ihn kommen; So wehrete mir auch unſer Provos mein Voꝛhaben/ und ſagte/ weñ du ihn gleich auffopfferſt/ ſo wird es dir doch mehr ſchaͤd-als nutzlich ſeyn/ weil du deß Obriſten liebſten Diener ermoꝛdt haben wuͤrdeſt/ gabe mir aber den Rath/ daß ich etwas in Gegenwart deß Hertzbruders ſiehlen/ und ihm ſolches zuſtellen ſolte/ ſo wolte er ſchon zu wegen bringen/ daß er deß Obriſten Gnad verliere. Jch folgte/ nam bey deß Obriſten Kindtauff ſeinen uͤberguͤldten Becher/ und gab ihn dem Provo- ſen/ mit welchem er dann den jungen Hertzbruder abgeſchafft hat; Als du dich deſſen noch wol wirſt zu erinnern wiſſen/ als er dir in deß Obriſten groſſen Zelt die Kleider auch voll junger Huͤndlein gauckelte. Das U vij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Der angegebene Verlag (Fillion) ist fiktiv. Die k… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/473
Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 467. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/473>, abgerufen am 03.05.2024.