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German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669.

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Deß Abentheurl. Simplicissimi
Cleinodien/ die ich noch auff die äusserste Noth ge-
spart und hinderhalten hatte/ dann ich hatte einen
Eckel ab aller Weiber Beywohnung und Gemein-
schafft gefast/ daß ich mir vornam/ weil mirs so übel
mit ihnen gangen/ mich nicht mehr zu verheuraten/
diese beyde alte Eheleut/ welche in re rusticorum nit
wol ihres gleichen mehr hatten/ gossen meine Hauß-
haltung gleich in einen andern Model/ sie schafften
von Gesind und Viehe ab was nichts nutzte/ und be-
kamen hingegen auff den Hof/ was etwas eintrug;
Mein alter Knan sampt meiner alten Mender ver-
tronsteten mich alles Guten/ und versprachen/ wenn
ich sie nur hausen liesse/ so wolten sie mir allweg ein
gut Pferd auff der Streu halten/ und so viel verschaf-
fen/ daß ich je zu Zeiten mit einem ehrlichen Bider-
mann ein Maaß Wein trincken könte: Jch spürete
auch gleich/ was vor Leut meinem Hof vorstunden/
mein Petter bestellte mit dem Gesind den Feld-bau/
schacherte mit Viehe und mit dem Holtz- und Hartz-
Handel ärger als ein Jud/ und meine Göth legte sich
auff die Viehzucht/ und wuste die Milchpfenning
besser zu gewinnen und zusamm zu halten/ als zehen
solcher Weiber/ wie ich eins gehabt hatte. Auff sol-
che Weis wurde mein Bauren-Hof in kurtzer Zeit
mit allerhand nothwendigem Vorrath/ auch groß
und kleinem Vieh genugsam versehen/ also daß er in
Bälde vor den besten in der gantzen Gegend geschätzt
wurde/ ich aber gieng darbey spazieren/ und wartet
allerhand Contemplationen ab/ dann weil ich sahe/
daß meine Göth mehr auß den Jmmen an Wachs
und Honig vorschlug/ als mein Weib hiebevor auß
Rindvieh/ Schweinen und anderm eroberte/ konte

ich

Deß Abentheurl. Simpliciſſimi
Cleinodien/ die ich noch auff die aͤuſſerſte Noth ge-
ſpart und hinderhalten hatte/ dann ich hatte einen
Eckel ab aller Weiber Beywohnung und Gemein-
ſchafft gefaſt/ daß ich mir vornam/ weil mirs ſo uͤbel
mit ihnen gangen/ mich nicht mehr zu verheuraten/
dieſe beyde alte Eheleut/ welche in re ruſticorum nit
wol ihres gleichen mehr hatten/ goſſen meine Hauß-
haltung gleich in einen andern Model/ ſie ſchafften
von Geſind und Viehe ab was nichts nutzte/ und be-
kamen hingegen auff den Hof/ was etwas eintrug;
Mein alter Knan ſampt meiner alten Mender ver-
trõſteten mich alles Guten/ und verſprachen/ wenn
ich ſie nur hauſen lieſſe/ ſo wolten ſie mir allweg ein
gut Pferd auff der Streu halten/ und ſo viel verſchaf-
fen/ daß ich je zu Zeiten mit einem ehrlichen Bider-
mann ein Maaß Wein trincken koͤnte: Jch ſpuͤrete
auch gleich/ was vor Leut meinem Hof vorſtunden/
mein Petter beſtellte mit dem Geſind den Feld-bau/
ſchacherte mit Viehe und mit dem Holtz- und Hartz-
Handel aͤrger als ein Jud/ und meine Goͤth legte ſich
auff die Viehzucht/ und wuſte die Milchpfenning
beſſer zu gewinnen und zuſamm zu halten/ als zehen
ſolcher Weiber/ wie ich eins gehabt hatte. Auff ſol-
che Weis wurde mein Bauren-Hof in kurtzer Zeit
mit allerhand nothwendigem Vorꝛath/ auch groß
und kleinem Vieh genugſam verſehen/ alſo daß er in
Baͤlde vor den beſten in der gantzen Gegend geſchaͤtzt
wurde/ ich aber gieng darbey ſpazieren/ und wartet
allerhand Contemplationen ab/ dann weil ich ſahe/
daß meine Goͤth mehr auß den Jmmen an Wachs
und Honig vorſchlug/ als mein Weib hiebevor auß
Rindvieh/ Schweinen und anderm eroberte/ konte

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[538/0544] Deß Abentheurl. Simpliciſſimi Cleinodien/ die ich noch auff die aͤuſſerſte Noth ge- ſpart und hinderhalten hatte/ dann ich hatte einen Eckel ab aller Weiber Beywohnung und Gemein- ſchafft gefaſt/ daß ich mir vornam/ weil mirs ſo uͤbel mit ihnen gangen/ mich nicht mehr zu verheuraten/ dieſe beyde alte Eheleut/ welche in re ruſticorum nit wol ihres gleichen mehr hatten/ goſſen meine Hauß- haltung gleich in einen andern Model/ ſie ſchafften von Geſind und Viehe ab was nichts nutzte/ und be- kamen hingegen auff den Hof/ was etwas eintrug; Mein alter Knan ſampt meiner alten Mender ver- trõſteten mich alles Guten/ und verſprachen/ wenn ich ſie nur hauſen lieſſe/ ſo wolten ſie mir allweg ein gut Pferd auff der Streu halten/ und ſo viel verſchaf- fen/ daß ich je zu Zeiten mit einem ehrlichen Bider- mann ein Maaß Wein trincken koͤnte: Jch ſpuͤrete auch gleich/ was vor Leut meinem Hof vorſtunden/ mein Petter beſtellte mit dem Geſind den Feld-bau/ ſchacherte mit Viehe und mit dem Holtz- und Hartz- Handel aͤrger als ein Jud/ und meine Goͤth legte ſich auff die Viehzucht/ und wuſte die Milchpfenning beſſer zu gewinnen und zuſamm zu halten/ als zehen ſolcher Weiber/ wie ich eins gehabt hatte. Auff ſol- che Weis wurde mein Bauren-Hof in kurtzer Zeit mit allerhand nothwendigem Vorꝛath/ auch groß und kleinem Vieh genugſam verſehen/ alſo daß er in Baͤlde vor den beſten in der gantzen Gegend geſchaͤtzt wurde/ ich aber gieng darbey ſpazieren/ und wartet allerhand Contemplationen ab/ dann weil ich ſahe/ daß meine Goͤth mehr auß den Jmmen an Wachs und Honig vorſchlug/ als mein Weib hiebevor auß Rindvieh/ Schweinen und anderm eroberte/ konte ich

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Zitationshilfe: German Schleifheim von Sulsfort [i. e. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von]: Der Abentheurliche Simplicissimus Teutsch. Monpelgart [i. e. Nürnberg], 1669, S. 538. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_simplicissimus_1669/544>, abgerufen am 30.04.2024.