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Gryphius, Andreas: Horribilicribrifax. Breslau, 1665.

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Horribilicribrifax
Antonia. Selene.
Antonia. Liebes Kind/ es ist nicht ohn/ ich bin deine Mut-
ter/ und wolte bey dir thun/ was einer ehrlieben-
den Frauen und Mutter zustehet: Du bleibest a-
ber auff deinem Kopff/ und wilst gutem Rathe
nicht folgen. Du weissest/ unsere Mittel sind in dem
Kriege zerronnen: Wir stecken in Schulden/ und
so es entdeckt wird/ verlieren wir unser übriges
Credit. Die Kleider/ Perlen und Geschmeide/
in welchen du herein gehest/ gehören meiner
Schwester/ welche sie eher wird abzufordern wis-
sen/ als uns vielleicht lieb seyn möchte. Du weis-
sest/ daß wir über zwey gantze Hembde nicht in
unserm Vermögen haben. Wer dich von oben
besiehet/ solte wol meinen/ wir hätten den gantzen
Spitze Kram von Brüssel erb-eigen. Wer aber et-
was genauer auff uns acht giebet/ wird wol er-
kennen/ daß nicht alles Gold/ was gleisset. Du bist
nicht die Jüngste: unter den Schönsten wird man
dich nicht verlieren: und ich weis auffs beste/ was
hin und wider an dir zu meistern: Auff Fürsten
darffst du nicht hoffen? Das Küh- und Schaaff-
Fleisch gilt itzt schier mehr/ als Jungfern Fleisch.
Drumb sihe vor dich/ und hilff dir und mir durch
eine glückliche Wahl.
Selene. Frau Mutter! wol bedacht/ hat niemand Scha-
den bracht. Jch muß mit dem Manne leben/
nicht ihr. Es ist bald genommen/ aber nicht so
leicht davon zukommen.
Antonia. Was mangelt Possidonio? Er ist reich/ von
hohem Ansehen/ im blühenden Alter/ hat vor-
nehme Freunde/ stehet wol zu Hofe/ und liebet
dich von gantzer Seele.
Selen. Ha/ Frau Mutter/ solt ich meine Zeit mit dem
wunderlichen Kopffe zubringen! lieber hettet ihr
mich in dem ersten Bade ertrenckt.

Anton.
Horribilicribrifax
Antonia. Selene.
Antonia. Liebes Kind/ es iſt nicht ohn/ ich bin deine Mut-
ter/ und wolte bey dir thun/ was einer ehrlieben-
den Frauen und Mutter zuſtehet: Du bleibeſt a-
ber auff deinem Kopff/ und wilſt gutem Rathe
nicht folgen. Du weiſſeſt/ unſere Mittel ſind in dem
Kriege zerronnen: Wir ſtecken in Schulden/ und
ſo es entdeckt wird/ verlieren wir unſer uͤbriges
Credit. Die Kleider/ Perlen und Geſchmeide/
in welchen du herein geheſt/ gehoͤren meiner
Schweſter/ welche ſie eher wird abzufordern wiſ-
ſen/ als uns vielleicht lieb ſeyn moͤchte. Du weiſ-
ſeſt/ daß wir uͤber zwey gantze Hembde nicht in
unſerm Vermoͤgen haben. Wer dich von oben
beſiehet/ ſolte wol meinen/ wir haͤtten den gantzen
Spitze Kram von Bruͤſſel erb-eigen. Wer aber et-
was genauer auff uns acht giebet/ wird wol er-
kennen/ daß nicht alles Gold/ was gleiſſet. Du biſt
nicht die Juͤngſte: unter den Schoͤnſten wird man
dich nicht verlieren: und ich weis auffs beſte/ was
hin und wider an dir zu meiſtern: Auff Fuͤrſten
darffſt du nicht hoffen? Das Kuͤh- und Schaaff-
Fleiſch gilt itzt ſchier mehr/ als Jungfern Fleiſch.
Drumb ſihe vor dich/ und hilff dir und mir durch
eine gluͤckliche Wahl.
Selene. Frau Mutter! wol bedacht/ hat niemand Scha-
den bracht. Jch muß mit dem Manne leben/
nicht ihr. Es iſt bald genommen/ aber nicht ſo
leicht davon zukommen.
Antonia. Was mangelt Poſſidonio? Er iſt reich/ von
hohem Anſehen/ im bluͤhenden Alter/ hat vor-
nehme Freunde/ ſtehet wol zu Hofe/ und liebet
dich von gantzer Seele.
Selen. Ha/ Frau Mutter/ ſolt ich meine Zeit mit dem
wunderlichen Kopffe zubringen! lieber hettet ihr
mich in dem erſten Bade ertrenckt.

Anton.
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[4/0020] Horribilicribrifax Antonia. Selene. Antonia. Liebes Kind/ es iſt nicht ohn/ ich bin deine Mut- ter/ und wolte bey dir thun/ was einer ehrlieben- den Frauen und Mutter zuſtehet: Du bleibeſt a- ber auff deinem Kopff/ und wilſt gutem Rathe nicht folgen. Du weiſſeſt/ unſere Mittel ſind in dem Kriege zerronnen: Wir ſtecken in Schulden/ und ſo es entdeckt wird/ verlieren wir unſer uͤbriges Credit. Die Kleider/ Perlen und Geſchmeide/ in welchen du herein geheſt/ gehoͤren meiner Schweſter/ welche ſie eher wird abzufordern wiſ- ſen/ als uns vielleicht lieb ſeyn moͤchte. Du weiſ- ſeſt/ daß wir uͤber zwey gantze Hembde nicht in unſerm Vermoͤgen haben. Wer dich von oben beſiehet/ ſolte wol meinen/ wir haͤtten den gantzen Spitze Kram von Bruͤſſel erb-eigen. Wer aber et- was genauer auff uns acht giebet/ wird wol er- kennen/ daß nicht alles Gold/ was gleiſſet. Du biſt nicht die Juͤngſte: unter den Schoͤnſten wird man dich nicht verlieren: und ich weis auffs beſte/ was hin und wider an dir zu meiſtern: Auff Fuͤrſten darffſt du nicht hoffen? Das Kuͤh- und Schaaff- Fleiſch gilt itzt ſchier mehr/ als Jungfern Fleiſch. Drumb ſihe vor dich/ und hilff dir und mir durch eine gluͤckliche Wahl. Selene. Frau Mutter! wol bedacht/ hat niemand Scha- den bracht. Jch muß mit dem Manne leben/ nicht ihr. Es iſt bald genommen/ aber nicht ſo leicht davon zukommen. Antonia. Was mangelt Poſſidonio? Er iſt reich/ von hohem Anſehen/ im bluͤhenden Alter/ hat vor- nehme Freunde/ ſtehet wol zu Hofe/ und liebet dich von gantzer Seele. Selen. Ha/ Frau Mutter/ ſolt ich meine Zeit mit dem wunderlichen Kopffe zubringen! lieber hettet ihr mich in dem erſten Bade ertrenckt. Anton.

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Zitationshilfe: Gryphius, Andreas: Horribilicribrifax. Breslau, 1665, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gryphius_horribilicribrifax_1663/20>, abgerufen am 20.04.2024.