Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gumppenberg, Hanns von: Deutsche Lyrik von gestern. München, 1891 (= Münchener Flugschriften, Bd. 3).

Bild:
<< vorherige Seite
Jch möcht' ein Lied ersinnen,
Das dieser Weiche gleich:
Und kann den Klang nicht finden
So wunderbutterweich!

Eine ähnliche Natur war Theodor Storm: nur daß bei ihm das Weiche sich mehr nach der Seite des Sinnig-Träumerischen äußerte, wie zum Beispiel in seinem Gedichte:

Die Waldesfee.
Hoch ruht die Bergeshalde,
Darunter ruht der Wind:
Die Zweige hangen herunter --
Darunter ruht ein Kind.
Sie sitzt im Thymiane,
Sie sitzt in lauter Duft:
Sie sitzt im Fliegenschwarme,
Und schaut nur in die Luft.
Die Spatzen lachen von ferne --
Wer hätt' es nur geglaubt?
Sie hat die grünen Augen
Der Waldesfee geraubt.

Träumerisch war auch Adolf Bekk, dabei voll Anmut und Zierlichkeit des Geistes. Er wurde zwar nicht in weitesten Kreisen bekannt, ist aber wohl geeignet, als Repräsentant einer ganzen Reihe gestriger Lyriker von Sinnigkeit, Anmut und Zierlichkeit zu figuriren. Wir recitiren das Gedicht:

Glück.
Schlich im Feld, und Aehren ließ ich
Glitschern, zwitschern durch die Hand:
Ach, ein blaues, liebes blaues
Blümlein da mein eigen fand!
Schlich am Weg: ein Falter hüpfte
Holdig goldig von dem Sand,
Schwankte, schwebte, strebte, bebte,
Wo ein zartes Kleeblatt stand!
Jch möcht' ein Lied ersinnen,
Das dieser Weiche gleich:
Und kann den Klang nicht finden
So wunderbutterweich!

Eine ähnliche Natur war Theodor Storm: nur daß bei ihm das Weiche sich mehr nach der Seite des Sinnig-Träumerischen äußerte, wie zum Beispiel in seinem Gedichte:

Die Waldesfee.
Hoch ruht die Bergeshalde,
Darunter ruht der Wind:
Die Zweige hangen herunter —
Darunter ruht ein Kind.
Sie sitzt im Thymiane,
Sie sitzt in lauter Duft:
Sie sitzt im Fliegenschwarme,
Und schaut nur in die Luft.
Die Spatzen lachen von ferne —
Wer hätt' es nur geglaubt?
Sie hat die grünen Augen
Der Waldesfee geraubt.

Träumerisch war auch Adolf Bekk, dabei voll Anmut und Zierlichkeit des Geistes. Er wurde zwar nicht in weitesten Kreisen bekannt, ist aber wohl geeignet, als Repräsentant einer ganzen Reihe gestriger Lyriker von Sinnigkeit, Anmut und Zierlichkeit zu figuriren. Wir recitiren das Gedicht:

Glück.
Schlich im Feld, und Aehren ließ ich
Glitschern, zwitschern durch die Hand:
Ach, ein blaues, liebes blaues
Blümlein da mein eigen fand!
Schlich am Weg: ein Falter hüpfte
Holdig goldig von dem Sand,
Schwankte, schwebte, strebte, bebte,
Wo ein zartes Kleeblatt stand!
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0005" n="5"/>
          <lg n="3">
            <l>Jch möcht' ein Lied ersinnen,</l><lb/>
            <l>Das dieser Weiche gleich:</l><lb/>
            <l>Und kann den Klang nicht finden</l><lb/>
            <l>So <hi rendition="#g">wunderbutterweich</hi>!</l>
          </lg>
        </lg><lb/>
        <p> Eine ähnliche Natur war <hi rendition="#g">Theodor Storm</hi>: nur daß bei ihm das Weiche sich mehr nach der Seite des Sinnig-Träumerischen äußerte, wie zum Beispiel in seinem Gedichte: </p><lb/>
        <lg type="poem">
          <head><hi rendition="#b">Die Waldesfee</hi>.</head><lb/>
          <lg n="1">
            <l>Hoch ruht die Bergeshalde,</l><lb/>
            <l>Darunter ruht der Wind:</l><lb/>
            <l>Die Zweige hangen herunter &#x2014;</l><lb/>
            <l>Darunter ruht ein Kind.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="2">
            <l>Sie sitzt im Thymiane,</l><lb/>
            <l>Sie sitzt in lauter Duft:</l><lb/>
            <l>Sie sitzt im Fliegenschwarme,</l><lb/>
            <l>Und schaut nur in die Luft.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="3">
            <l>Die Spatzen lachen von ferne &#x2014;</l><lb/>
            <l>Wer hätt' es nur geglaubt?</l><lb/>
            <l>Sie hat die grünen Augen</l><lb/>
            <l>Der Waldesfee geraubt.</l>
          </lg>
        </lg><lb/>
        <p> Träumerisch war auch <hi rendition="#g">Adolf Bekk</hi>, dabei voll Anmut und Zierlichkeit des Geistes. Er wurde zwar nicht in weitesten Kreisen bekannt, ist aber wohl geeignet, als Repräsentant einer ganzen Reihe gestriger Lyriker von Sinnigkeit, Anmut und Zierlichkeit zu figuriren. Wir recitiren das Gedicht: </p><lb/>
        <lg type="poem">
          <head><hi rendition="#b">Glück</hi>.</head><lb/>
          <lg n="1">
            <l>Schlich im Feld, und Aehren ließ ich</l><lb/>
            <l>Glitschern, zwitschern durch die Hand:</l><lb/>
            <l>Ach, ein blaues, liebes blaues</l><lb/>
            <l>Blümlein da mein eigen fand!</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="2">
            <l>Schlich am Weg: ein Falter hüpfte</l><lb/>
            <l>Holdig goldig von dem Sand,</l><lb/>
            <l>Schwankte, schwebte, strebte, bebte,</l><lb/>
            <l>Wo ein zartes Kleeblatt stand!</l>
          </lg><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[5/0005] Jch möcht' ein Lied ersinnen, Das dieser Weiche gleich: Und kann den Klang nicht finden So wunderbutterweich! Eine ähnliche Natur war Theodor Storm: nur daß bei ihm das Weiche sich mehr nach der Seite des Sinnig-Träumerischen äußerte, wie zum Beispiel in seinem Gedichte: Die Waldesfee. Hoch ruht die Bergeshalde, Darunter ruht der Wind: Die Zweige hangen herunter — Darunter ruht ein Kind. Sie sitzt im Thymiane, Sie sitzt in lauter Duft: Sie sitzt im Fliegenschwarme, Und schaut nur in die Luft. Die Spatzen lachen von ferne — Wer hätt' es nur geglaubt? Sie hat die grünen Augen Der Waldesfee geraubt. Träumerisch war auch Adolf Bekk, dabei voll Anmut und Zierlichkeit des Geistes. Er wurde zwar nicht in weitesten Kreisen bekannt, ist aber wohl geeignet, als Repräsentant einer ganzen Reihe gestriger Lyriker von Sinnigkeit, Anmut und Zierlichkeit zu figuriren. Wir recitiren das Gedicht: Glück. Schlich im Feld, und Aehren ließ ich Glitschern, zwitschern durch die Hand: Ach, ein blaues, liebes blaues Blümlein da mein eigen fand! Schlich am Weg: ein Falter hüpfte Holdig goldig von dem Sand, Schwankte, schwebte, strebte, bebte, Wo ein zartes Kleeblatt stand!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Rudolf Brandmeyer: Herausgeber
Universität Duisburg-Essen, Projekt Lyriktheorie (Dr. Rudolf Brandmeyer): Bereitstellung der Texttranskription. (2018-04-05T14:03:19Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-04-05T14:03:19Z)

Weitere Informationen:

Die Transkription erfolgte nach den unter https://www.uni-due.de/lyriktheorie/beiwerk/projekt.html#edition formulierten Richtlinien.

Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).

Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gumppenberg_lyrik_1891
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gumppenberg_lyrik_1891/5
Zitationshilfe: Gumppenberg, Hanns von: Deutsche Lyrik von gestern. München, 1891 (= Münchener Flugschriften, Bd. 3), S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gumppenberg_lyrik_1891/5>, abgerufen am 25.04.2024.